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Berg- und Talfahrten: 50 Jahre Ring-Geschichte

Berg- und Talfahrten: 50 Jahre Ring-Geschichte

Man sieht sich immer vier Mal im Leben.

So, oder so ähnlich könnte das Motto des Grand Prix von Österreich lauten.

Nach dem einmaligen Gastspiel in den 1960ern am Flugplatz in Zeltweg erlebte die Königsklasse des Motorsports im Verlauf der Jahre zwei Ären am Österreich- und späteren A1-Ring in Spielberg.

Heuer folgt die vielumjubelte Rückkehr in die Steiermark. Zeit, um auf bewegte und bewegende 50 Jahre voller Höhen und Tiefen zurückzublicken:

1964: Die holprige Premiere

Anfang der Sechziger-Jahre fanden Formel-1-Rennen in Österreich noch außerhalb der offiziellen Weltmeisterschaft statt. So unter anderem 1961, als in Wien-Aspern und Zeltweg gleich zwei Rennen auf heimischem Boden ausgetragen wurden – das gab es danach in der Geschichte nie wieder.  Der erste „echte“ Grand Prix von Österreich stieg 1964 am Zeltweger Flugplatz. Es war ein Quantensprung für diese Veranstaltung, wie Martin Pfundner, damals Rennleiter in seiner kürzlich erschienen Chronologie „Die Formel 1 in Österreich“ schildert. Schon damals wollten hunderte von Reportern und Fotografen aus der ganzen Welt dem Rennen beiwohnen. Am Ende klassierten sich nur neun von 20 Startern, für einen Schreckmoment sorgte Phil Hill, der in einen Strohballen geriet, woraufhin sein Cooper Feuer fing. Der Brite konnte aber rechtzeitig aus seinem Wagen entkommen. Der Sieg ging am Ende an den Italiener Lorenzo Bandini im Ferrari vor Richie Ginther (B.R.M.) und Bob Anderson (Brabham). Es sollte allerdings der einzige F1-Grand-Prix in Zeltweg bleiben, die Kritik an der Waschrumpelpiste war zu groß. Dennoch war ein Anfang gemacht. Die Motorsportbegeisterung in der Region ließ nicht nach. Im Gegenteil.

Gilles Villeneuve 1979 beim GP von Österreich

1970: Ring frei

Sechs Jahre später kehrte die Formel 1 zurück nach Österreich und stand ganz im Zeichen eines Mannes: Jochen Rindt. Mit vier Siegen in Folge kam der Lotus-Pilot als gefeierter Nationalheld auf den neu errichteten Österreichring nach Spielberg, der damals noch eine Länge von 5,9 Kilometer aufwies. 83.000 begeisterte Fans sahen ihren Liebling auf der Pole Position, doch im Rennen setzte sich Ferrari dank des stärkeren Zwölfzylinder-Motors durch. Der Sieg ging an Jacky Ickx vor Clay Regazzoni, Rindt schied nach 20 Runden auf Platz vier liegend mit Motorschaden aus. Es sollte der einzige Heim-Grand-Prix für ihn bleiben. Drei Wochen später verunglückt Rindt beim Training in Monza tödlich - der Weltmeistertitel wird ihm posthum verliehen.

1975: Horror-Crash im Warmup

Auch der Grand Prix von Österreich wird in seiner Geschichte von dramatischen Unfällen überschattet. Im Warmup zum Rennen 1975 verlor der US-Amerikaner Mark Donohue - vermutlich durch einen defekten Reifen - in einer Rechtskurve die Kontrolle über seinen Boliden und rast in die Leitschienen. Das Auto überschlug sich mehrfach und zerschellte an einer Reklametafel. Während der Penske-Pilot zunächst glimpflich davonzukommen schien, fiel er tags darauf ins Koma und verstarb im Landeskrankenhaus Graz an einem Blutgerinsel im Gehirn. Das Rennen wurde nach der Hälfte aufgrund des starken Regens abgebrochen und mit halben Punkten gewertet. Der Sieger war Vittorio Brambilla im March. Vor lauter Begeisterung über seinen Triumph krachte er in eine Streckenbegrenzung. Niki Lauda, der 14 Runden lang in Führung lag, musste sich am Ende mit Platz sechs begnügen. Im darauffolgenden Rennen in Monza konnte "Niki Nationale" seinen ersten Weltmeistertitel fixieren.

Lauda siegt 1984 im McLaren-TAG-Porsche

1984: Der einzige Heimsieg

Das Jahr brachte die knappste WM-Entscheidung der Geschichte mit sich - und den langersehnten Heimerfolg am Österreichring. Mit dem McLaren-TAG-Porsche ging Niki Lauda von Pole Position aus sicher in Führung, hatte aber plötzlich Getriebeschaden und wollte dann schon auf der Strecke aufgeben. "Nur um nicht gehen zu müssen - als fauler Hund wie ich war - habe ich angefangen im Getriebe herumzusuchen und bin draufgekommen, dass das der dritte Gang kaputt war. Dann habe ich gedacht, ich fahre mit der Vierten in die Box und bleib stehen. Da man aber zur Box weit fahren musste, habe ich mir gedacht, wenn das eh geht, fahr ich weiter", schilderte Lauda Jahre später in einem TV-Interview. Hinter ihm dachte sich Nelson Piquet, dass sich Lauda einen Spaß mit ihm erlaube und absichtlich langsam fuhr. Ohne dritten Gang, aber mit einem sicheren Vorsprung von über 20 Sekunden war der Heimsieg und ein großer Schritt in Richtung dritter WM-Titel perfekt.

Gerhard Berger muss 1986 in Führung liegend aufgeben

1986: Berger im Pech

Nach dem Rücktritt Laudas hieß das neue Formel-1-Idol der Österreicher Gerhard Berger. Zwei Jahre nach seinem Debüt in Spielberg griff der Tiroler beim Heim-Grand-Prix nach dem Sieg. Zu Beginn lieferte er sich ein erbittertes Duell mit seinem Benetton-Kollegen Teo Fabi. Nach 14 Runden schied der Italiener aus, danach hatte Berger das Rennen im Griff. "Ich glaube, ich war fast eine Runde voraus bei Halbzeit", erklärte der damals 27-Jährige. Nach einem Boxenstopp dann das dramatische Aus. Eine Metallplatte in der Batterie ging zu Bruch und Berger musste aufgeben. Ein Ausscheiden, das ihm heute noch Leid tut. Ein Jahr darauf dann das letzte Rennen am alten Österreichring. Zwei Mal muss der Rennbeginn auf der viel zu engen Start-Ziel-Gerade abgebrochen werden. Nigel Mansell holt sich erst den Sieg und dann im Siegesrausch eine Beule am Kopf.  Während der Ehrenrunde auf dem offenen LKW schlug er mit dem Kopf gegen eine Eisentraverse. "Die Leute sagen ja, der Mansell war schon vorher nicht sehr gescheit. Und jetzt bin ich halt noch ein bisschen blöder", bewies der Brite Humor.

Abschied beim Comeback: Gerhard Berger

1997: Die erste Rückkehr

Erfolgreiche Auftritte Bergers in den Folgejahren weckten das Interesse der steirischen Politik an einem Comeback. Der Tiroler war es auch, der 1994 ein erstes Treffen mit F1-Zampano Bernie Ecclestone einfädelte. Schnell wurde klar, dass ohne einen kostspieligen Umbau kein Rennen möglich wäre. So drohten die Verhandlungen zunächst zu scheitern, im Oktober 1995 kam es aber doch noch zu einer Einigung. Heraus kam ein kürzerer, langsamerer, aber dadurch auch deutlich sichererer 4,232 Kilometer langer A1-Ring. Die ersten Runden in einem Formel-1-Boliden durfte 1996 Alexander Wurz acht Wochen nach seinem Gesamtsieg in Le Mans drehen. Ein Jahr später war es dann soweit. 230.000 Zuschauer wurden an den drei Trainings- und Renntagen gezählt. Sie sahen am Sonntag mit Jaques Villeneuve den späteren Weltmeister als Sieger. Berger beendete den Grand Prix nach einigen Pannen auf dem undankbaren zehnten Platz.

Das Skandalpodium und ein Bundeskanzler anno 2002

2002: Ein gellendes Pfeifkonzert

Geschichtsträchtiges spielte sich 2002 ab - allerdings unrühmlicher Natur. Schon im Jahr davor fiel Ferrari mit seiner Stallorder für Michael Schumacher unangenehm auf. "Let Michael pass for the championship", funkte Jean Todt ins Cockpit von Rubens Barrichello. 2002 wurde die Demonstration der internen Hackordnung auf die Spitze getrieben. Souverän in Führung liegend bremste Barrichello auf der Start-Ziel-Geraden und ließ Schumacher für den Sieg passieren. Das österreichische Publikum quittierte die Aktion mit einem gellenden Pfeifkonzert bei der Siegerehrung, wo Schumacher dem Brasilianer den obersten Platz am Podest überließ. Fans verbrannten Ferrari-Fahnen, auch das Team selbst kam nicht ungeschoren davon. Eine 1-Million-Dollar-Geldstrafe hagelte es von der FIA, dazu wurden Stallorder in der Formel 1 offiziell verboten.

2014: Die zweite Rückkehr

Anfang des neuen Jahrtausends begann eine Expansions-Welle in der Formel 1. Anstelle des A1-Rings nahm Bernie Ecclestone ab 2004 zwei zusätzliche Übersee-Rennen ins Programm auf. Die steirische Landesregierung wollte daraufhin den Ring loswerden und fand mit Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz bald einen Käufer. Dieser wollte das Gelände im großen Stil zu einer Versuchs- und Rennstrecke umbauen und unter anderem EADS, Magna und später KTM an Bord holen, stieß aber auf heftigen Gegenwind. 2003 wurde zwar umgehend mit dem Abriss der Haupttribüne und der Boxen begonnen, dann wurde dem Projekt aber vom Umweltsenat die Grundsatzgenehmigung entzogen. Mateschitz hatte daraufhin die Schnauze voll und schien die Flinte ins Korn zu werfen. Es folgten unzählige Gespräche, die aber auch noch abgebrochen wurden, als bereits eine Baugenehmigung vorlag. Erst als sich Mateschitz persönlich - und nicht mittels Red Bull - als Investor engagierte, kam das Projekt in Rollen. Nach drei Jahren Bauzeit wurde am 15. Mai 2011 der "Red Bull Ring" eröffnet. Feierten zunächst die DTM, die Histo-Cups und Truck-Rennen erfolgreiche Auftritte, kam es im Vorjahr zur Sensation. Per rotgefärbter Vorrang-Meldung der Austria Presse Agentur wurde die Überraschung publik: APA0215: Formel 1: Grand Prix von Österreich kehrt 2014 zurück. - Vorerst bis 2020.

 

Andreas Terler