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Das denkt die LAOLA1-Redaktion über Ferguson

Das denkt die LAOLA1-Redaktion über Ferguson

Die Fußball-Welt verneigt sich dieser Tage vor einem der größten Trainer aller Zeiten.

25 Jahre hält Sir Alex Ferguson Manchester United mittlerweile die Treue und heimste dabei sämtliche Titel von Meisterschaft über FA-Cup bis hin zur Champions League ein.

Angesichts seiner Erfolge müsste man Superlative erfinden, um seinem Status gerecht zu werden.

Wir haben uns auf andere Weise Gedanken gemacht und möchten euch diese nicht vorenthalten. Dabei haben wir den "Fall Ferguson" in drei Teile gegliedert.

1.) Der Mensch Alex Ferguson

2.) Die großen Erfolge des Trainer-Sirs

3.) "Pro & Contra" 25 Jahre bei einem Verein

Michael Höller

1.) Seine Erfolge lassen ihn wie eine Ikone erscheinen, fast übermenschlich. Und doch blieb der Schotte immer am Boden. Ein Mann, der im knallharten Trainergeschäft seinen Sessel ein Vierteljahrhundert nicht räumen musste, fand im Umgang mit den Klub-Bossen wohl immer den richtigen Ton. Den dürfte er auch bei seinen Spielern stets getroffen haben. Egal ob Eric Cantona, David Beckham oder Wayne Rooney – alle „schwierigen Charaktere“ spurten unter Fergusons Kommando meistens wie eine Eins.

2.) Fergusons unglaublicher Erfolg lässt sich auf ein Wort reduzieren: Kontinuität. Die gab es nicht nur am Trainerstuhl, sondern immer auch zum großen Teil im Kader. Ryan Giggs (21 Jahre bei United), Paul Scholes (17 Jahre) oder Gary Neville (19 Jahre) sind nur drei Beispiele dafür, dass der Star-Trainer von Wandervögeln in seinem Kader wenig hält. Das zeigt sich auch am Spielfeld: In den letzten 25 Jahren haben sich die taktischen Systeme drastisch verändert – United trat aber immer wie eine geschlossene Einheit auf.

3.) Manchester United ist Alex Ferguson und Alex Ferguson ist Manchester United. Dass diese Kombination problemlos funktioniert, beweisen zwölf Meistertitel und zwei Champions-League-Pokale. Probleme werden wohl erst dann auftreten, wenn der Schotte seinen Trainersessel eines Tages räumt. Das „System Ferguson“ ist einzigartig und funktioniert wohl unter keinem anderen Trainer so reibungslos. Das Jahr eins nach Ferguson wird daher im Zeichen eines großen Umbruchs stehen. United kann dabei kaum etwas gewinnen (noch erfolgreicher kann ein Nachfolger nicht sein), aber viel verlieren.

Alexander Karper

1.) Grimmig, stur, schottisch - so präsentierte sich Alex Ferguson über die vergangenen 25 Jahre. Ein britischer Gentleman? Keineswegs. Blickt man jedoch auf seinen Werdegang, kann man verstehen, warum der gebürtige Glasgower, der in armen Verhältnissen aufwuchs und früh für sich und seine Familie sorgen musste, so versessen und akribisch arbeitete. Wer sich der Man-United-Ikone in den Weg stellte, wurde überrollt oder bekam einen Schuh an den Kopf. Wer ihm nicht den Respekt entgegenbrachte, den er sich erwartete, der konnte sofort seine Koffer packen. Er forderte von seiner Umgebung jene Professionalität, die er selbst an den Tag legte. Und dafür liebten ihn die Spieler. Nicht für seine warmherzige Art, sondern viel mehr für den unbändigen Siegeswillen, den er seinen Schützlingen einimpfte. 

2.) Als Alexander Chapman Ferguson am 8. November 1986 erstmals auf der Bank der "Red Devils" Platz nahm, konnte keiner ahnen, dass sich der Schotte als Titelhamster schlechthin entpuppen sollte. Das Debüt ging verloren, die Unprofessionalität und den Alkoholkonsum musste er seinen damaligen Spielern erst austreiben. So entwickelte er Schritt für Schritt jenes Erfolgskonstrukt, das bis heute funktioniert. 1409 Spiele, 836 Siege, 247 Niederlagen - eine beeindruckende Statistik. 37 Titel sprechen für sich, darunter auch das Triple (Meister, Cupsieger, CL-Sieger) im Jahr 1999, das den bis dato größten Erfolg darstellte. Zudem machte er die zum Teil weltbesten Spieler zu dem was sie damals waren bzw. heute sind.

3.) 25 Jahre die selbe Autofahrt zum Stadion, die gleiche Kabine, ein ähnlicher Tagesablauf - alles in allem macht das doch einen etwas verstaubten Eindruck. Doch trotz des fortgeschrittenen Alters war sich Ferguson nie zu schade, mit der Zeit zu gehen. Ob es an ihm allein oder auch an der Hilfe seiner vielen Einflüsterer im Laufe der Jahre lag, sei dahingestellt. Kein Wunder, dass der Man-United-Manager des öfteren mit Arsenals Arsene Wenger verbal aneinandergeriet, zu unterschiedlich sind die Philosophien der beiden, zu viele Jahre liegen dazwischen. Während heute viele über die junge Trainergeneration mit Jürgen Klopp, Thomas Tuchel oder Pep Guardiola jubeln, steht Ferguson weiter seinen Mann. Und das noch dazu äußerst erfolgreich. Viele werden seine Marke nicht übertreffen.

Christian Eberle

1.) Alex Ferguson ist ein Unikat im Fußballzirkus. Nicht nur, weil es kaum einen anderen Trainer gibt, der sich nach 25 Jahren noch so über jedes geschossene Tor freuen kann, als wäre es das 1:0 im WM-Finale. Auch nicht, weil es keinen Menschen gibt, der auf teilweise süffisante Weise Kaugummi kaut und dennoch "Sir" genannt wird. Es ist in erster Linie die Art und Weise, wie der 69-Jährige mit großen Spielern umzugehen vermag, die ihn zu einem einzigartigen Phänomen im modernen Sport machen. 

2.) Wer 37 Titel holt, kann sich getrost zu den besten seines Fachs zählen. Neben all den Trophäen im Vereinsmuseum ist der größte Erfolg des gebürtigen Glasgowers allerdings, aus einigen der größten Spielerpersönlichkeiten wie Eric Cantona, David Beckham oder Cristiano Ronaldo stets das beste auf dem Platz herausgeholt zu haben, ungeachtet etwaiger fußballfremder Tätigkeiten.

3.) Ein Vierteljahrhundert bei ein und demselben Verein zu verbringen, ist in der heutigen Welt nahezu unvorstellbar. Umso unglaublicher ist da der Ehrgeiz, mit dem Ferguson Tag für Tag zur Sache geht. Amtsmüdigkeit ist für ihn ein Fremdwort, Adaptions-Wille sein Credo. Jahr für Jahr aus teilweise neuem Spielermaterial ein schlagkräftiges Team zu formen, dass noch dazu in sämtlichen Bewerben um den Titel mitspielt, ist eine Leistung, für die ihm höchster Respekt gebührt. Ob jemals ein Kandidat gefunden wird, der sich anmaßt in derartig große Fußstapfen zu treten, darf zurecht bezweifelt werden.

Harald Prantl

1.) Im Vergleich zu manch modernem Trainer, der mit seinen Spielern gerne mal auf Kuschelkurs geht, wirkt Alex Ferguson wie ein Relikt aus vergangenen Tagen. Die Hierarchie in seinem Teams ist patriarchisch aufgezogen und der Trainer der Übervater. In England wird oft davon gesprochen, dass den Schotten eine „No-Bullshit-Aura“ umgebe. Selbst ein Franck Ribery würde seine Kabinen-Scherze wohl auf ein Minimum reduzieren, würde er unter der Trainer-Legende spielen. Der 69-Jährige ist ein hart arbeitender Mann, der ein hohes Maß an Professionalität an den Tag legt. Nicht weniger verlangt er von seinen Spielern.

2.) Die Erfolge des Sirs sprechen für sich. Ferguson führte Aberdeen zu völlig unerwarteten Erfolgen und machte Manchester United während seiner Regentschaft zum englischen Rekordmeister. Verstecken muss sich der Schotte gewiss vor keinem einzigen seiner Kollegen. Einen einzelnen Titel herauszupicken, ist fast unmöglich. Die größte Errungenschaft des Trainers ist vielmehr, dass er in einer Zeit, in der der Fußball in jeglicher Hinsicht einem großen Wandel unterzogen war, stets auf dem neuesten Stand der Dinge war, nie Anpassungsschwierigkeiten, dafür aber regelmäßig Erfolg hatte.

3.) „Fergie“ hat in 25 Jahren auf der Trainerbank Manchester United zu dem Klub gemacht, der er heute ist. Die hohe Anzahl an Talenten aus der Region, die es in die Kampfmannschaft schaffen, hat es den „Red Devils“ ermöglicht, in einer globalisierten Fußball-Welt ihre eigene Identität zu wahren und diese Neuzugängen aus dem Ausland auch rasch einzubläuen. Hinzu kommt ein großer Vorteil: Welcher Jungstar würde es schon wagen, gegen die Trainer-Legende aufzubegehren? Ferguson hat den Erfolg gepachtet und hatte schon so viele Weltstars unter seinen Fittichen, dass ihm riesiger Respekt entgegengebracht wird. Die Stellung, die der Schotte mittlerweile im Klub hat, verhindert Machtkämpfe innerhalb der Kabine bereits im Vorhinein.

Reinhold Pühringer

1.) Die Ruhe und die Gelassenheit, welche Alex Ferguson nach außen hin ausstrahlt, gepaart mit dem unglaublichen Erfolg, den er hat, lassen nur erahnen, über welche menschlichen Qualitäten er verfügt. Er ist kein Rumpelstilzchen, das an der Seitenlinie den Hampelmann mimt. Trotz alledem mangelt es seinen Spielern weder an Einsatz noch an taktischer Raffinesse. Sein Gespür für junge Spieler ist enorm. Er hat ganze Generationen in die Mannschaft integriert. Und am beeindruckendsten dabei: Nach außen hin bleibt er stets der britische Gentleman – ein Sir durch und durch.

2.) Fergusons Erfolge sind unnachahmlich. Verteilt über 25 Jahre sind sie der beste Beleg dafür, dass sich Ferguson in all den Jahren selbst immer weiterentwickelt hat. Nein, man muss sogar noch weiter gehen: Ferguson selbst hat den modernen Fußball weiterentwickelt. Trotz seines doch fortgeschrittenen Alters bewies der Schotte, dass er keine fixe Idee vom idealen Fußball hat, sondern dass er stets neue Visionen generiert.

3.) 25 Jahre bei ein und demselben Verein sind im modernen Spitzenfußball nicht zielführend. Das Verhältnis zwischen dem Trainer und den Spielern sowie der Vereinsführung stumpft ab. Zudem sind 25 Jahre eine lange Zeit, in der sich im Fußball viel verändert. Denn vor einem Viertel-Jahrhundert, also 1986, wurde noch mit Libero gespielt, das Tempo war um Vieles niedriger und ein gewisser Herr Jean-Marc Bosman verspürte noch keine Lust, einschneidende Klagen einzubringen. Sprich: Ein Trainer, der 1986 funktioniert, muss 1996 nicht mehr funktionieren und es ist äußerst wahrscheinlich, dass er 2011 Erfolg hat. So zumindest die Regel. Doch offensichtlich ist Alex Ferguson genau die Ausnahme, die diese Regel bestätigt.