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Sprungschanze? Weltcup? Das hat der ÖSV in Wien wirklich vor

Der Wintersport soll zurück in die Hauptstadt - so lauten die Pläne des ÖSV. Ein Weltcup-Skispringen wird es in naher Zukunft in Wien trotzdem nicht geben.

Sprungschanze? Weltcup? Das hat der ÖSV in Wien wirklich vor Foto: © GEPA

ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober ließ kürzlich mit großen Plänen für die Stadt Wien aufhorchen. Von einer Sprungschanze und einem Big-Air-Weltcup in der Hauptstadt war die Rede.

"Es geht darum, den Wintersport in die Großstadt zu holen, den Schnee wieder in die Bundeshauptstadt zu bringen", verlautete Stadlober, die erste Frau an der Spitze des Österreichischen Skiverbandes, am Rande des Ski-Weltcup-Auftakts in Sölden.

Bei LAOLA1 erklärt Roland König, Präsident des Wiener Skiverbandes, was es mit der ÖSV-Offensive in der Bundeshauptstadt wirklich auf sich hat. Ein Weltcup-Skispringen wird es in naher Zukunft jedenfalls nicht geben.

"Hier geht es nicht um einen Bergisel"

"Die Pläne, so wie ich sie kenne, drehen sich um eine Nachwuchs-Schanze und nicht um einen Bergisel", sagt WSV-Präsident König in Bezug auf die Gespräche mit dem ÖSV und der Stadt Wien.

Möglich wäre eine 50-Meter-Anlage, auf der man Bewerbe für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren austragen könnte. "Aber es wird keine 90- oder 100-Meter-Schanze", stellt König klar.

Für den Wiener Skiverband wäre schon eine Nachwuchs-Schanze ein großer Sprung nach vorne. Vom Gedanken an einen Weltcup-tauglichen Bakken ist man im Osten des Landes weit entfernt. 

"Eine größere Schanze nach Wien zu stellen und dort ein Mal im Jahr ein Weltcup-Event auszutragen ist vielleicht relevant für den Skisport österreichweit. Aber wenn es keine Schanze für Kinder gibt und wir diesen nicht die Möglichkeit geben, den Sport ausüben zu können, dann ist es für den Skisport in Wien irrelevant", steht für König der Nachhaltigkeits-Gedanke im Vordergrund.

"Die Faszination ist sicher da, aber..."

Ähnlich verhält es sich mit einem möglichen Big-Air-Weltcup der Snowboarder und Ski-Freestyler in der Bundeshauptstadt. 

"Das ist ein Event, mit dem man als Verband theoretisch Geld verdienen kann. Aber für uns ist entscheidend, dass wir Sportstrukturen haben: Infrastruktur, Trainingsmöglichkeiten, Konzepte, Abläufe. Die Faszination ist sicher da, wenn das unterm Riesenrad stattfindet und ich denen dort zuschaue, aber wenn ich dann keine Möglichkeit habe, diesen Sport auch selbst auszuüben, dann ist das nicht nachhaltig", erklärt König. "Das ist ein Event, aber sonst nichts."

Dieses könnte jedoch in naher Zukunft trotzdem in die Tat umgesetzt werden, wenn es – so König – "in eine übergeordnete Strategie eingebettet" ist.

Der ÖSV möchte Wien über kurz oder lang wieder in den Weltcup-Kalender bringen. Realistisch wäre Stand jetzt ein Event im Herbst oder Winter 2024/25. 

"Es soll kein Giganten-Event werden in einer Dimension, in der es vielleicht vor zehn Jahren noch lustig gewesen wäre, sondern in das Gesamtbild passen, das die Stadt abgeben möchte. Es soll nachhaltig als Veranstaltung sein und danach in eine Gesamtentwicklung passen."

Als eine Mega-Schanze unterm Riesenrad stand

In der Vergangenheit gab es bereits ähnliche Veranstaltungen in Wien. Ende der 90er, Anfang der 2000er-Jahre gab es am Silversterabend das sogenannte "SoulCity"-Event. Damals gaben sich die besten Snowboarder und Ski-Freestyler auf einer Schanze vor dem Riesenrad ein Stelldichein, bis zu 40.000 Zuschauer waren bei den Spektakel dabei. 

Das "Fridge Festival" 2013 vor der Skyline Wiens
Foto: © GEPA

Beim "Fridge Festival" wurde 2013 auf der Wiener Donauinsel auf einer 34 Meter hohen, 100 Meter langen und 20 Meter breiten Mega-Schanze gesprungen. 2014 folgte eine wetterbedinge Absage, 2015 schlitterte der Veranstalter in die Insolvenz. Die Großveranstaltung war ob der Wetterunsicherheit, hoher Kosten für die Schanze sowie Schwierigkeiten mit Genehmigungen einfach nicht rentabel. 

Die aktuellen Pläne sehen vor, dass ein Big-Air-Event, für das eine Rampe aus mehreren Tonnen Stahl benötigt wird, in eine bereits bestehende Sportstätte oder ein Stadion integriert werden könnte. Der Prater wäre ein möglicher Standort.

Großevents wie ein Big-Air-Weltcup müssten aber in den aktuellen Zeitgeist passen.

"Wir haben nicht wahnsinnig viel davon, wenn wir aus der ganzen Welt die Leute einfliegen, die dann drei Tage Ressourcen verbrauchen und danach wieder weg sind. Das sind ÖSV-Dimensionen, und kann aus der Sicht des Verbandes Sinn machen, aber für Wien ist das ein Großevent wie wenn die Rolling Stones im Ernst-Happel-Stadion spielen", verdeutlicht König. "Für den Skisport in Wien muss das auf einer Ebene stattfinden, damit es mittelfristig auch Verbesserungen für die Skisport-Szene vor Ort nach sich zieht."

Der Wintersport in der Großstadt muss sich neu erfinden

Diese Szene ist belebter, als man vielleicht vermuten mag. Mit Lukas Pachner gibt es beispielsweise einen Wiener Snowboarder, der es zu den Olympischen Spielen in Peking geschafft hat. Der Jugend-Olympiasieger im Skispringen kommt aus der Donaustadt. 

"Wir haben erfolgreiche Sportler, auch auf Weltcup-Ebene. Es ist schon etwas da in Wien, es ist nicht so, dass das eine sterbende Szene ist", verdeutlicht der WSV-Präsident. 

Bevor man über große Veranstaltungen nachdenkt, brauche es dennoch ein Konzept, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zum Wintersport in der Bundeshauptstadt niederschwellig zu ermöglichen.

Das fängt bereits beim Skifahren an. "Es sollten wieder möglichst viele Kinder Skifahren lernen, das ist die Grundbasis. Damit mehr Kinder überhaupt Bezug zum Skisport haben", sagt König und spricht Skikurse oder Schneeschultage an.

Angesichts der Klima- und Energiekrise müsse sich die Ausübung des Wintersports in der Großstadt jedoch "neu erfinden".

"Mit dem Rückzug des Winters wird natürlich auch die Entfernung von der Großstadt immer größer. Die sozialen Voraussetzungen und der Aufwand, um das alles ausüben zu können, wird immer größer und die Gruppe der Sportausübenden dadurch immer kleiner", kann der WSV-Präsident die Zeichen der Zeit nicht leugnen.

"Seit dem Wechsel beim ÖSV und auf unserer Ebene ist wieder ein ehrliches Bemühen um den Skisport in Wien spürbar."

WSV-Präsident Roland König

In Wien hat man sich zum Ziel gesetzt, diese Abwärtsspirale zu stoppen. Ein wichtiger Punkt ist hierbei die Infrastruktur. Man will einerseits Synergien zwischen Sommer- und Wintersport nutzen, andererseits auf großstadt-taugliche Sportarten setzen, für die man nicht zwingend Schnee braucht. 

"Es gibt diesbezüglich sehr gute, partnerschaftliche Gespräche. Es ist Ernsthaftigkeit vom ÖSV in Richtung Wien spürbar", erklärt König.

"Es ist wieder ein ehrliches Bemühen und den Skisport in Wien spürbar"

Dass über all diese Projekte überhaupt gesprochen wird, ist der neuen ÖSV-Führung unter Roswitha Stadlober zu verdanken. Diese hat wieder einen Schritt auf Wien zugemacht.

"Seit dem Wechsel beim ÖSV und auf unserer Ebene ist wieder ein ehrliches Bemühen um den Skisport in Wien spürbar", sagt König, der selbst erst seit Sommer 2022 im Amt ist. Der Ottakringer folgte auf Hermann Gruber, der sich nach 22 Jahren an der Spitze des WSV zurückzog. 

In der Ära Peter Schröcksnadel beim ÖSV sei es "hauptsächlich um Großevents" in der Bundeshauptstadt gegangen. Der Plan eines Ski-Rennens in Schönbrunn kam unter Schröcksnadel immer wieder auf, wurde aber nie in die Tat umgesetzt. Wie bei anderen Ideen scheiterte es letztlich im Detail der Machbarkeit. 

"Der Mehrwert, der durch das Rennen bei der Gloriette gegeben gewesen wäre, wäre wahrscheinlich weltweit für die Marke ÖSV groß gewesen. Das hätte schöne Bilder für den Skisport gegeben. Aber die Voraussetzungen für Kinder in Wien, den Skisport auszuüben, die hätten sich dadurch nicht verändert", sagt König. 

Das alles sei vor seiner Zeit als WSV-Präsident gewesen, betont er, aber: "Wichtig waren wir da im Kleinen nicht mehr in Wien. Das hat sich jetzt schon geändert. Es ist wieder das Bemühen da, die Wiener Skiszene deutlich zu unterstützen."

Gemeinsam mit der ÖSV-Führung will man nun an Konzepten arbeiten und nachhaltige Pläne für den Wintersport in Wien entwickeln. "Wie bringen wir den Skisport in die Stadt zurück? Wie können wir für Ausübungs-Möglichkeiten sorgen?" - Fragen wie diese gilt es zu beantworten. "Dann kann man sich auch überlegen, ob man Großevents dazu nimmt."

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