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Wie steht es um die Hochfilzen-Zukunft, Franz Berger?

Der OK-Chef bereitet den Heimweltcup auf die Zukunft im Zeichen des Klimawandels vor. Wie lange er noch im Amt bleibt und wie es um die WM-Bewerbung 2028 steht.

Wie steht es um die Hochfilzen-Zukunft, Franz Berger? Foto: © GEPA

Er ist Urgestein und Mastermind hinter dem Biathlon-Heimweltcup in Hochfilzen: Franz Berger.

Schon seit den 1970er-Jahren ist er im Pillerseetal für die Organisation von Wettkämpfen zuständig, seit 1986 verantwortet er die Abwicklung der mittlerweile zum Highlight im Weltcup-Kalender gewordenen Bewerbe.

Berger sieht im Gespräch mit LAOLA1 eine klare Zukunftsvision für sein "Baby". Teil dieser ist auch die WM-Bewerbung für 2028 - es wäre die insgesamt vierte in Hochfilzen. Zu dieser Thematik gibt Berger im Interview interessante Auskünfte.

Außerdem steht schon seit geraumer Zeit seine persönliche Zukunft im Mittelpunkt des Interesses. Der 67-Jährige ist nicht nur OK-Chef der Weltcup-Bewerbe, sondern auch Sportlicher Leiter der Biathlon-Sparte im ÖSV.

Berger gibt Aufschluss darüber, wie lange er diese Ämter noch ausfüllen will und wie es um potenzielle Nachfolger steht. 

LAOLA1: Hochfilzen ist ein Traditions-Weltcuport, seit der WM 1978 gastiert der internationale Biathlon-Tross regelmäßig hier. Das wird wohl auch in der Zukunft so sein, soweit man das derzeit sagen kann. Doch der Klimawandel macht dem Wintersport zu schaffen. Wie hat man sich in Hochfilzen auf die Veränderungen vorbereitet?

Franz Berger: Grundsätzlich ist Hochfilzen ein schneereicher Ort. Aber auch hier gibt es ab und zu eine Wärmeperiode. Im Normalfall haben wir hier ab Ende November Schnee. Mittlerweile bereiten wir uns mit einem Schneedepot vor. Dieses wird übersommert und mit Hackschnitzel abgedeckt. Produziert wird nur, was wir unbedingt brauchen. Das Depot umfasst 15.000 m³, wovon wir im Sommer etwa 15 Prozent verlieren, was ein Normalwert ist. Für die Wettkampfstrecke und den Bereich im Stadion brauchen wir rund 12.000 m³. Der Rest war in den letzten Jahrzehnten immer Naturschnee.

LAOLA1: Gibt es eine Prognose, wie schneesicher Hochfilzen in den nächsten 10 bis 20 Jahren sein wird?

Berger: Die Prognose ist, dass es ab 1000 Metern Seehöhe schwieriger werden wird (das Biathlon-Stadion in Hochfilzen liegt exakt auf dieser Höhe, Anm.). Aber das ist eben nur eine Prognose. Hier im "Schneeloch" Hochfilzen, das klimatisch sehr gut liegt, haben wir, wenn von Südwesten nichts kommt, von Nordosten diesen kalten Einfluss. Somit sind wir relativ sicher. Ich schätze, dass das auch in der nächsten Zeit so bleiben wird.

LAOLA1: Hochfilzen setzt bei der Veranstaltung des Weltcups sehr auf Nachhaltigkeit. Welche konkreten Maßnahmen gelangen hier zur Anwendung?

Berger: Wir haben schon bei der Entwicklung des Stadions darauf geachtet, dass wir so viele fixe Bauten wie möglich machen und nicht die Masse temporär haben. Vor 10 bis 15 Jahren hatten wir noch um die 80 Container nur für die Teams. Das hat sich weiterentwickelt, jetzt haben wir 30 fixe Wachskabinen, ebenso viele fixe Umkleideräume. Wir brauchen im Teamservice-Bereich nur mehr 20 bis 22 Container. Außerdem haben wir im Rahmen der letzten Weltmeisterschaft (2017, Anm.) ein Hackschnitzel-Heizwerk gebaut, über das die gesamte Beheizung läuft. Was den Strom betrifft, beziehen wir alles von der Tiroler Wasserkraft. Es ist also so wenig wie möglich. Nur die Backup-Systeme laufen noch über Aggregat, weil hier die Batterie-Systeme noch nicht ausgereift genug sind. Es wurde auch ein neues Mülltrennungssystem eingeführt, zudem verzichten wir auf Einweg-Geschirr. Das Schöne ist, dass sich die Leute wirklich daran halten und die Veranstaltungsflächen sehr sauber sind. Fans und Teams gehen diesen Weg super mit. Für die Verpflegung haben wir ausschließlich regionale Produkte, alles kommt aus dem Raum Pillerseetal.

"Diese schätze ich sehr gut ein. Nachdem, was ich immer wieder höre, wollen sie mit uns dieses Fest feiern."

Berger über die Chancen, den Zuschlag für die WM 2028 zu erhalten

LAOLA1: Hochfilzen hat sich ja auch für die WM 2028/29 beworben. Wie schätzt du die Chancen ein, dass man den Zuschlag bekommt?

Berger: Diese schätze ich sehr gut ein, weil wir in Österreich sehr viel Aufbauarbeit im internationalen Biathlon geleistet haben. Wir hatten hier die erste WM im Kleinkaliber, auch die erste im Sommer-Biathlon. In Saalfelden hatten wir sogar 1958 schon Weltmeisterschaften, damals noch im Großkaliber. Das sind historische Ereignisse und wir wollen die Biathlon-Familie dazu einladen, gemeinsam mit uns dieses 50-jährige Jubiläum (1978 fand erstmals eine WM in Hochfilzen statt, Anm.) zu feiern. Wir sind da im Austausch mit den anderen Bewerbern. Mit Oslo haben wir schon gesprochen, dass sie uns für 2028 unterstützen und wir sie im Gegenzug für 2029. Ich schätze, nachdem was ich immer wieder höre, wollen sie (die Biathlon-Familie, Anm.) mit uns dieses Fest feiern.

LAOLA1: Du bist jetzt schon eine gefühlte Ewigkeit als OK-Chef für den Weltcup in Hochfilzen verantwortlich. Wie lange wirst du diese Funktion noch ausüben?

Berger: Der Plan ist, dass ich das - sofern ich gesund bleibe - auch die nächsten Jahre mache. Ich werde diese Bewerbung (für die WM 2028, Anm.) jetzt gemeinsam mit meinen Freunden vom Bundesheer und dem Skiverband vorbereiten. Ich habe vor, bis 2026 in gewissen Funktionen zu bleiben. Es entscheidet sich dann, wenn ich gesund bin, ob ich auch 2028 noch aktiv dabei sein werde oder an der Seite stehe. Das lasse ich mir noch offen. Ich habe ein gutes Team. Wir hatten in Hochfilzen krankheitsbedingt einige Ausfälle und das hat man nicht gespürt, weil das Team so gut dasteht, ich dadurch entlastet bin und so andere Funktionen mitbetreuen kann.

LAOLA1: Hast du schon einen Nachfolger zur Hand?

Berger: Ja und nein. Das Problem in der heutigen Zeit ist, dass das Funktionärswesen zurückgeht. Aber damit muss man leben. Ich werde mich ab nächstem Jahr bemühen zu schauen, wem ich diese Funktion schließlich anvertrauen möchte.

Bei der Heim-WM 2017 gab es für Österreich Grund zum Jubeln, 2028 soll es wieder soweit sein
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LAOLA1: Was war für dich das denkwürdigste Rennen, dass du je in Hochfilzen erlebt hast?

Berger: Das waren viele, es gab jede Menge Highlights. Die größten waren sicher die Weltmeisterschaften 2005 und 2017. Dazu gehört natürlich auch die kontinuierliche Ausrichtung des Weltcups. Weil wenn es nicht gut läuft, bekommt man nicht jedes Jahr einen Weltcup. Wir haben aber die Ehre, jedes Jahr dabei zu sein. Da bin ich einfach stolz.

LAOLA1: Du bist auch als Sportlicher Leiter für Biathlon bei Ski Austria tätig. Wie geht es da zukünftig weiter?

Berger: Ich habe 2019, als mich Peter Schröcksnadel und Toni Giger gebeten haben, dieses Amt zu übernehmen, für drei Jahre zugesagt. Nach einem Jahr kam Toni dann schon auf mich zu und hat gemeint, ich soll das bis 2026 machen. Dem habe ich zugestimmt und bei dieser Zusage bleibe ich.

LAOLA1: Auch hier die Frage: Gibt es schon einen potenziellen Nachfolger?

Berger: Ja, den habe ich im Kopf. Wer das ist, wird derzeit noch nicht verraten.

LAOLA1: Wie steht es um den heimischen Biathlon-Nachwuchs? Bei den Frauen scheint man da auf einem guten Weg zu sein, bei den Männern ist der Kader dagegen nicht derart dicht.

Berger: Generell stehen wir nicht schlecht da. Wir haben einen guten Nachwuchs, wie etwa die jüngsten Erfolge im Junior-Cup zeigen (zuletzt zwei Siege für Anna Andexer, Anm.). Für mich zählt, dass sie (die jungen AthletInnen, Anm.) Geduld haben und nicht, wenn sie in einer Kategorie gut laufen, sofort in die nächste nach oben wollen. Die Arbeit muss kontinuierlich passieren, man muss sich einmal stabilisieren. Bei den Frauen, das habe ich schon vor ein paar Jahren gesagt, stehen wir sehr gut da. Bei den Männern hapert es schon eine Zeit lang. Einerseits ist es so, dass die Leute im sozialen Bereich zu wenig abgesichert sind, sie also keinen Posten bei Polizei, Bundesheer oder Zoll bekommen. Weil einfach alles voll ist, das macht das Leben schwer. Andererseits gibt es auch gesundheitliche Probleme, wie es beispielsweise Lucas Pitzer passiert ist (beendete vor Kurzem gesundheitsbedingt mit 24 Jahren seine Karriere, Anm.). Im Vorjahr hat Thomas Postl (damals 23 Jahre, Anm.) aufgehört. Das wären Kandidaten gewesen, die sich jetzt aufdrängen würden. Wir müssen diese Durststrecke jetzt durchstehen und schauen, dass sich Athleten wie Fredrik Mühlbacher oder Maximilian Prosser stabilisieren. Wir haben dort durchaus Leute. Das Potenzial ist da, wir hoffen, dass sie den Anschluss schaffen und wir sie sozial absichern können. Das ist mein großes Anliegen, welches ich auch immer wieder im Skiverband und den öffentlichen Stellen vorbringe: Wir brauchen eine Absicherung für diese Leute, sonst hören sie auf. Zuhause kann man ihnen nicht alles bezahlen, auch der Verband kann das nicht. Wenn wir hier generell in Österreich ein besseres System zustande bringen, würde das dem Sport sehr helfen.

LAOLA1: Welche Maßnahmen ergreift man im ÖSV, um dem fehlenden Nachwuchs entgegenzuwirken? Wie will man mehr Kinder für den Biathlon begeistern?

Berger: Bei den Schülern entscheidet es sich mit 15 Jahren, ob sie weitermachen oder aufhören und studieren beziehungsweise einen Beruf erlernen. Wir haben die vier spezifischen Schulen in Stams, Schladming, Saalfelden und Eisenerz. Dort sind natürlich die Internatskosten zu bezahlen, ebenso die Reisen. Das müssen sich die Eltern leisten können. Wir haben viele Möglichkeiten, aber es hat sich auch die Gesellschaft verändert. Es ist nicht mehr so wie früher, dass man automatisch bei einem Verein war. Das ist verloren gegangen, der Wohlstand hat das mit sich gebracht.

"Hier ist 365 Tage im Jahr Betrieb, niemand braucht zu betteln. Im Sommer haben wir die Rollerbahn, im Winter ist gespurt. Also daran scheitert es nicht, es scheitert ein bisschen am Wohlstand."

Berger über die Bedingungen in Hochfilzen und die Gründe für fehlenden Nachwuchs

LAOLA1: Das ist ja nicht nur ein Biathlon-Phänomen.

Berger: Genau, das sieht man überall und da leiden auch wir mit. Deswegen ist die Nachhaltigkeit hier in Hochfilzen ein großer Vorteil. Hier ist 365 Tage im Jahr Betrieb, niemand braucht zu betteln. Im Sommer haben wir die Rollerbahn, im Winter ist gespurt. Also daran scheitert es nicht, es scheitert ein bisschen am Wohlstand.

LAOLA1: Wer ist für dich die beste österreichische Biathletin aller Zeiten?

Berger: Derzeit ist das ganz klar Lisa Hauser. Sie ist eine Top-Athletin. Dass sie jetzt ein bisschen schwächelt, ist kein Problem, das ist ja schon öfters passiert. Sie wird sich stabilisieren und dann im nächsten Trimester wieder voll da sein. Lisa ist ein Wettkampftyp und sie schafft das.

LAOLA1: Und wer ist für dich der beste Biathlet aller Zeiten?

Berger: Dominik Landertinger. Weil er von meinem Klub (HSV Hochfilzen, Anm.) kommt (lacht). Und natürlich, weil er die meisten Medaillen gewonnen hat (vier bei Olympia, fünf bei Weltmeisterschaften, Anm.).


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