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Fuchs: "Jetzt sollst du Meister werden?"

ÖFB-Kapitän Fuchs bei LAOLA1 über das Leicester-Märchen, Vardys wahren Wert und Späße mit Wimmer.

Fuchs:

Vor genau einem Jahr fehlten dem abgeschlagenen Schlusslicht Leicester City sieben Punkte auf das rettende Premier-League-Ufer.

Inzwischen führt das Sensationsteam die finanzstärkste Liga der Welt mit sieben Punkten Vorsprung an.

Es ist die Cinderella-Story, die derzeit Fußball-Europa in Atem hält. Auch Christian Fuchs spricht im Gespräch mit LAOLA1 von einem „Märchen“.

"Für mich ist es ganz einfach unrealistisch. Wir sind letztes Jahr fast abgestiegen und jetzt sollst du Meister werden? Das passt irgendwie nicht zusammen."

Christian Fuchs

„Aber ein Märchen auf Basis von viel Arbeit“, wie sich der ÖFB-Kapitän beeilt zu betonen, „die Jungs bei Leicester geben richtig Gas. Wir arbeiten jeden Tag wirklich hart daran, dass wir erfolgreich sind. Aber natürlich, was derzeit geschieht, hätte sich keiner erträumen können."

Auch Fuchs nicht. Am heutigen Donnerstag feiert der Niederösterreicher seinen 30. Geburtstag. Dass er zu Beginn seines neuen Lebensjahrzehnts neben der EURO-Teilnahme auch vor dem größten Vereins-Erfolg seiner Karriere stehen würde, konnte er bei seiner Vertragsunterschrift beim englischen Provinzverein im vergangenen Sommer natürlich nicht erahnen.

„So richtig dran glauben tun wir nicht“

Wahrhaben will er das mögliche Happy End besagten Märchens ohnehin immer noch nicht. Ein absolutes Tabu-Wort ist der Titel in Leicester inzwischen nicht mehr. Selbst Coach Claudio Ranieri räumte am Wochenende „eine Chance“ darauf ein.

„So richtig realisieren oder dran glauben tun wir aber nicht, weil es für mich ganz einfach unrealistisch ist. Wir sind letztes Jahr fast abgestiegen und jetzt sollst du Meister werden? Das passt irgendwie nicht zusammen“, will Fuchs das Thema noch nicht zu nahe an sich ranlassen.

Die Leute in Leicester sind stolz, pflegen aber respektvollen Umgang

Diese Herangehensweise sei eine Lehre der vergangenen Saison: „Es kann so schnell gehen. Genau zu diesem Zeitpunkt war Leicester letzte Saison Stockletzter und rettet sich mit sieben Siegen und einem Unentschieden. Das kann auch schnell in die andere Richtung gehen. Wir müssen und werden weiter Gas geben und bei jedem Spiel ans Limit gehen.“

Am Wochenende feierte Leicester den vierten 1:0-Sieg in Serie, der rot-weiß-rote Legionär bereitete das Goldtor mit einer Maßflanke vor. Verfolger Tottenham kam beim FC Liverpool über ein 1:1 nicht hinaus.

Respektvoller Hype in Leicester

Den Vorsprung um zwei weitere Punkte ausgebaut – logisch, dass in Leicester derzeit genau ein Thema regiert. Im Fall der Titel-Sensation möchte Bürgermeister Peter Soulsby nach jedem einzelnen Kadermitglied eine Straße benennen.

Auch Fuchs berichtet vom Stolz der Einwohner in der 330.000-Einwohner-Stadt. Der Hype würde sich jedoch sehr respektvoll gestalten, als Spieler könne man sich durchaus noch auf der Straße blicken lassen:

„Wenn du auf einen Cafe gehst oder Abendessen bist, fragen sie nicht gleich um ein Autogramm oder Foto. Erst wenn du fertig bist, kommen sie schon her und sagen: ‚Herr Fuchs, ich wünsche Ihnen für das nächste Spiel alles Gute.‘ Das macht schon Spaß und erfüllt einen selbst auch mit einem gewissen Stolz.“

Nachdem sein Abschied von Schalke 04 nicht gerade wunschgemäß gelaufen ist, darf Fuchs nun die Sonnenseite des Fußballer-Lebens genießen.

Ob sein Traum von einem Wechsel in die NFL, seine originellen Videos unter dem Motto „NoFuchsGiven“ oder seine Herausforderung an die LAOLA1-User, gegen ihn im Elfmeterschießen anzutreten – der Linksverteidiger weiß auch abseits des Rasens mit positiven Aussagen und Aktionen aufzufallen.


„Ranieri hat gut daran getan, nicht alles über den Haufen zu werfen“

Womit er stellvertretend für den Spaß in Leicesters Kult-Truppe steht, aus der mit dem „alten Fuchs“ Claudio Ranieri und Goalgetter Jamie Vardy zwei Protagonisten herausstechen.

Dass Ranieri mit seinen 64 Jahren im Spätherbst seiner Trainer-Laufbahn noch einmal einen derartigen Höhenflug erleben würde, hätte er sich vermutlich nicht mehr erwartet, nachdem er im November 2014 nach einer Heimniederlage gegen die Färöer seines Amtes als griechischer Teamchef enthoben wurde.

Der Italiener ersetzte mit Nigel Pearson jenen Coach, der Fuchs auf die Insel gelockt hatte, und führt die „Foxes“ umsichtig und weiß auch mit ungewöhnlichen Aktionen - wie einer Woche Spontan-Urlaub für seine Kicker nach einem Sieg - zu punkten.

Fuchs musste sich Ranieris Vertrauen erst erarbeiten

„Er ist natürlich mit seinen eigenen Vorstellungen gekommen, hat aber bereits im Trainingslager gesehen, dass das eigentlich funktioniert, die Mannschaft sehr homogen ist und die Mannschaft im Sommer unter anderem mit Shinji Okazaki und mir punktuell verstärkt wurde. Wie man sieht, ist es richtig aufgegangen. Er gibt den Spielern jene Freiheiten, die sie brauchen und die sie von der Premier League gewohnt sind. Er hat gut daran getan, nicht alles über den Haufen zu werfen, sondern den Weg, der schon am Ende der letzten Saison gegangen wurde, fortzuführen“, lobt Fuchs.

Vardys wahrer Wert

Der Österreicher musste sich seinen Stellenwert unter Ranieri erst erarbeiten. Nach spärlicher Einsatzzeit zu Saisonbeginn ist er seit Anfang Oktober jedoch unumstrittener Stammspieler.

Eine Rolle, die Vardy in Leicester freilich schon länger innehat. Mit seiner Rekordserie von elf Premier-League-Partien in Folge mit zumindest einem Treffer hielt er Fußball-England von Ende August bis Ende November drei Monate lang in Atem.

Insgesamt steuerte er bislang 19 Tore und acht Assists zum Höhenflug des Underdogs bei und darf sich inzwischen auch Nationalspieler nennen. Zuletzt scorte er sowohl gegen Deutschland als auch gegen die Niederlande. Vor allem der Treffer gegen die DFB-Elf hat Fuchs sehr gefreut, wie er augenzwinkernd versichert.

In der Meisterschaft kamen die Tore zuletzt nicht mehr wie am Fließband. Für Fuchs ist es aber ohnehin nicht ausschließlich der Torriecher, der den 29-Jährigen so wertvoll macht:

"Was Vardy schon alles mitgemacht hat, ist natürlich hollywoodreif. Es wird auch ein Film über ihn gedreht, der seine Geschichte beschreibt. Darauf bin ich schon sehr gespannt."

Christian Fuchs

„Er wird ja immer an seinen Toren gemessen, aber was viele nicht sehen: Er arbeitet extrem viel für die Mannschaft, vor allem defensiv, und gibt immer zu 100 Prozent Gas. Er ist der Erste, der vorne die Bälle abgrätscht, der immer im Rücken der Abwehrspieler ist, die nie so wirklich rausspielen können und sich immer unsicher sind: Ist er jetzt da, ist er nicht da? Er nimmt uns schon an vorderster Front wirklich viel Arbeit ab. Und das ist vielleicht noch wichtiger an Jamie Vardy als seine Treffsicherheit. Denn Tore schießen momentan auch andere, da haben wir genügend Spieler, die Gefahr ausstrahlen. Aber wenn er beides macht, ist er natürlich eine Waffe für uns.“

Eine hollywoodreife Geschichte

Gleichzeitig ist Vardy eine Persönlichkeit, wie sie im modernen Fußball immer seltener wird. „Ich sitze in der Kabine neben ihm. Er ist ein lustiger Typ“, grinst Fuchs, der sich zu Ostern eine Partie „Russisches Eier-Roulette“ mit dem Torjäger lieferte.

Die Marke Vardy zeichnet auch die Lebensgeschichte aus - der späte Aufstieg aus unterklassigen Ligen zu Leicester, das er 2013/14 in die Premier League schoss.

„Sein Leben ist einfach sehr bunt. Was er schon alles mitgemacht hat, ist natürlich hollywoodreif. Es wird auch ein Film über ihn gedreht, der seine Geschichte beschreibt. Darauf bin ich schon sehr gespannt, den werde ich sicher anschauen. Er hat schon sehr viel erlebt, was ihn auf seinem Weg geprägt hat. Das ist auch ganz normal, wenn man gewisse Tiefen mitmacht. Umso mehr ist es wert, in welcher Position er gerade ist“, lobt der 74-fache Teamspieler.

„Ich sehe gerne einen Fuchs vor einem Wimmer“

Auch Kevin Wimmer darf mit dem Titel spekulieren

Auch im Nationalteam war das englische Titelrennen bei der letzten Zusammenkunft natürlich ein großes Thema. Schließlich spielt mit Kevin Wimmer ein weiterer ÖFB-Kicker beim ersten Verfolger Tottenham.

„Es war schon lustig. Mit Kevin verstehe ich mich richtig gut, wir haben uns auch schon in England ein paar Mal getroffen. Die Zeit beim Nationalteam war zuletzt natürlich eine sehr interessante. Wir sitzen beim Essen am selben Tisch. Da geht es natürlich schon ein bisschen hin und her und kommt einmal der eine oder andere Spruch aus. Aber alles natürlich auf freundschaftlicher Basis, das gehört zum Fußball dazu“, erzählt Fuchs.

Am Ende kann es nur einen als Meister geben, und an dieser Stelle ist naturgemäß ein Schuss Egoismus gefragt:

„Ich muss ja sagen, ich würde mich auch freuen, wenn Kevin Meister werden würde, weil er jetzt auch viel spielt. Aber ganz ehrlich gesagt: Ich sehe gerne einen Fuchs vor einem Wimmer!“


Peter Altmann


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