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Grbic: "Irgendwann mache ich wieder meine Treffer"

Früher schoss Stuttgarts Adrian Grbic Tore am Fließband. Nun steht er am Scheideweg.

Grbic:

Früher hat Adrian Grbic alles in Grund und Boden geschossen.

Zwei Mal wurde der Stuttgart-Nachwuchsspieler Torschützenkönig, zunächst bei der U17, danach bei der U19. Die letzte Saison in der U19-Bundesliga Süd/Südwest schloss er immerhin noch als Dritter der Schützenliste ab.

Seit einigen Monaten herrscht beim linken Flügelstürmer aber Torflaute. Nach seinem Aufstieg in die zweite Mannschaft des VfB setzte ihn Trainer Jürgen Kramny, mittlerweile zum Chefcoach befördert, im Herbst nur sporadisch ein. Ein Treffer ist ihm in dieser Spielzeit noch nicht gelungen.

Seine Karriere steht am Scheideweg. Am Saisonende läuft der Vertrag bei den Schwaben aus. Gut möglich, dass sich der 19-Jährige dann eine neue Herausforderung sucht. Deutsche und Schweizer Vereine sind interessiert, den Mann mit dem Torriecher zu verpflichten.

Dabei zahlte Stuttgart 2012 noch ganze 300.000 Euro, um ihn von Rapid loszueisen. Warum läuft es bei dem Wiener gerade nicht? Und könnte sich Grbic auch eine Rückkehr nach Österreich vorstellen? Die Antworten im LAOLA1-Interview:

 

LAOLA1: Hermann Stadler, dein Teamchef in den Nachwuchs-Nationalmannschaften, hat einmal über dich gesagt: „Er ist ein Genie, aber gleichzeitig auch ein Wahnsinniger.“ Was meinte er damit?

Adrian Grbic: (lacht) Er meint, dass ich früher mehr für die Galerie gespielt habe anstatt für den Endzweck. Damals habe ich oft schon an der Mittellinie mit dem Dribbeln angefangen. Mit der Zeit habe ich gelernt, erst weiter vorne und im richtigen Moment das Eins-gegen-Eins-Duell zu suchen.

LAOLA1: Du bist sowohl in der U17 als auch in der U19 Torschützenkönig der Bundesliga Süd/Südwest geworden. Seitdem du bei der zweiten Mannschaft im Kader stehst, hast du aber nicht mehr getroffen. Woran hakt es?

Grbic: Für die U19 habe ich regelmäßig gespielt und konstant getroffen. Heuer habe ich einfach nicht so viel Spielzeit bekommen. Das ist die Entscheidung des Trainers, mit der ich mich zurechtfinden muss. Für mich geht es jetzt darum, mich im Training zu beweisen.

Saisonstatistiken seit 2011:

Saison Verein Liga Spiele Tore
2011/12 Rapid Jugendliga U16 12 17
2011/12 Rapid Jugendliga U18 8 9
2012/13 Stuttgart U17-Bundesliga Süd/Südwest 21 21
2012/13 Stuttgart U17-Bundesliga Endrunde 3 2
2013/14 Stuttgart U19-Bundesliga Süd/Südwest 21 15
2014/15 Stuttgart U19-Bundesliga Süd/Südwest 21 16
2015/16 Stuttgart
  1. Liga
11 -

LAOLA1: In der ÖFB-U17, die sich damals für die WM qualifizierte, hast du als eines der größten Talente gegolten. Nun hinkst du deinen eigenen Erwartungen hinterher. Man könnte den Eindruck gewinnen, deine Karriere stagniert gerade.

Grbic: Das würde ich nicht sagen. Nur weil ich nicht oft spiele, heißt das nicht automatisch, dass ich mich nicht weiterentwickle. Schließlich trainiere ich mit Spielern, die schon Bundesliga-Erfahrung gesammelt haben. Es ist auch nicht so, dass ich gar nicht eingesetzt werde. Ich komme schon auf viele Partien (11 Spiele, 9 Mal eingewechselt, Anm.), doch die Tore gelingen mir momentan einfach nicht. Irgendwann wird das Selbstvertrauen aber zurückkommen und dann werde ich auch wieder meine Treffer machen.

LAOLA1: Euer ehemaliger Trainer Jürgen Kramny trainiert mittlerweile die Profis des VfB. Kann das für euch ein Vorteil sein?

Grbic: Auf jeden Fall. Wir Spieler von der zweiten Mannschaft wissen, dass wir uns jetzt noch mehr ins Zeug hauen müssen. Er schaut natürlich auf uns und überlegt, wen er hochziehen kann.

LAOLA1: In Stuttgart gab es in den letzten zweieinhalb Jahren sieben Trainerwechsel. Macht es das für junge Spieler schwerer, sich bei den Profis durchzusetzen?

Grbic: Natürlich ist das so. Jeder Trainer hat ein anderes Spielsystem und je nachdem werden andere Spieler forciert. Unter Armin Veh durfte ich bei der Kampfmannschaft mittrainieren. In einem Testspiel hat er mich eingewechselt. Dabei habe ich zwei Tore und einen Assist gemacht. Ein paar Tage später war er nicht mehr Trainer des VfB.

"Unter Armin Veh durfte ich bei der Kampfmannschaft mittrainieren. In einem Testspiel habe ich zwei Tore und einen Assist gemacht. Ein paar Tage später war er nicht mehr Trainer des VfB."

Adrian Grbic

LAOLA1: Dein Vertrag läuft im Sommer aus. Kannst du dir vorstellen, beim VfB zu verlängern oder strebst du einen Wechsel an?

Grbic: Man muss abwarten, wie die Rückrunde läuft. Ich werde im Training weiterhin alles geben, um mich für die Startelf aufzudrängen. Es sind noch 17 Spiele in dieser Saison. Von denen will ich so viele wie möglich bestreiten. Danach muss man schauen, was passiert. Momentan ist es noch zu früh, sich Gedanken über die Zeit nach dem Vertragsende zu machen.

LAOLA1: Welche Liga wäre für deine Entwicklung am besten?

Grbic: Das ist schwer zu sagen. Ich könnte jetzt einige Ligen aufzählen, aber ich habe kein bestimmtes Ziel im Kopf. Wichtig ist, dass ich regelmäßig zum Einsatz komme, damit mein Torinstinkt zurückkommt.

LAOLA1: Ist auch die österreichische Bundesliga für dich ein Thema?

Grbic: Für junge Spieler ist die österreichische Liga sicher ein gutes Sprungbrett, aber auf Dauer ist sie nicht mein Ziel. Ich will mich im Ausland durchsetzen.

LAOLA1: Würdest du einen Wechsel zurück in dein Heimatland als Rückschritt empfinden?

Grbic: Nein, so würde ich das überhaupt nicht betrachten. Ich kann mir auch gut vorstellen, ein, zwei Jahre in Österreich zu spielen, um später wieder ins Ausland zu wechseln. Andere Spieler haben diesen Weg ja schon vorgemacht.

"Das könnte ich mir schon vorstellen. Wenn eine Anfrage da ist – wieso nicht? Aber man muss sich anschauen, wie die Situation im Sommer aussieht."

Grbic über eine mögliche Rapid-Rückkehr

LAOLA1: Im Nachwuchs hast du jahrelang für Rapid gespielt. Wäre eine Rückkehr reizvoll für dich?

Grbic: Das könnte ich mir schon vorstellen. Wenn eine Anfrage da ist – wieso nicht? Aber man muss sich anschauen, wie die Situation im Sommer aussieht.

LAOLA1: Du hast die Hütteldorfer als 15-Jähriger in Richtung Stuttgart verlassen. Würdest du anderen Talenten ebenfalls einen solch frühen Wechsel ins Ausland empfehlen?

Grbic: Das kommt immer auf den Charakter an. Wenn man den Schritt wagt, muss man sich darüber im Klaren sein, was einen erwartet. Man sieht die Familie nicht mehr regelmäßig und kommt in ein ganz neues Umfeld. Thomas Schneider (aktuell Co-Trainer von Jogi Löw, Anm.) hat mich nach Stuttgart geholt. Ich hatte Glück, weil mich das Team toll aufgenommen hat. Innerhalb von zwei Wochen war ich voll integriert. Aber wenn sich ein junger Spieler nach dem Wechsel nur mit Heimweh herumplagt, hat es keinen Sinn. In diesem Fall wird er seine Leistungen nicht bringen können. Man muss sich sehr gut überlegen, ob man diesen Schritt wagt.

LAOLA1: Rein hypothetisch: Hättest du zum aktuellen Zeitpunkt schon Einsätze für die Rapid-Profis am Konto, wenn du in Wien geblieben wärst?

Grbic: Ja, das könnte schon der Fall sein.

Mit dem Nationalteam nahm er unter anderem an der U17-WM teil

LAOLA1: Wäre es dann im Nachhinein nicht besser gewesen, auf den Wechsel nach Stuttgart zu verzichten?

Grbic: Das kann man so nicht sagen. Ich habe bei Stuttgart viel gelernt und hier schon gute Leistungen gezeigt. Also ich denke schon, dass mir der Transfer für meine Entwicklung viel gebracht hat.

LAOLA1: Mit Stefan Peric, Phillip Mwene, Francesco Lovric, Daniel Ripic und dir gibt es bei der zweiten Mannschaft des VfB eine starke Österreicher-Fraktion. Unternimmst du viel mit deinen ÖFB-Kollegen?

Grbic: In unserem Team versteht sich jeder mit jedem. Natürlich rennt zwischen uns Österreichern immer ein bisschen mehr der Schmäh, weil wir uns gut kennen. Aber prinzipiell verstehen sich alle super.

LAOLA1: Peric und Ripic sind im Sommer von Liefering zu euch gestoßen. Wie schlagen sie sich bei Stuttgart?

Grbic: Sie haben sich super eingelebt. Stefan hat sich gleich einen Stammplatz erarbeitet. Daniel hat sich leider verletzt, nachdem er gleich in seinem zweiten Spiel doppelt getroffen hatte. Ohne diese Verletzung hätte er sicher schon mehr Tore am Konto.

LAOLA1: Cristiano Ronaldo ist dein großes Vorbild. Genauso wie du spielt er am linken Flügel. Hast du dir von ihm schon etwas abgeschaut?

Grbic: Schon bei Rapid bin ich länger am Trainingsplatz geblieben und habe versucht, Ronaldos Schusstechnik zu imitieren. Im Internet gibt es ganz detaillierte Video-Tutorials, wie man den Fuß hält und worauf man beim Durchschwingen achten muss. Das habe ich Tag und Nacht geübt. Das klappt nicht beim ersten, zweiten oder dritten Mal. Man muss wirklich regelmäßig daran arbeiten. Seitdem ist der rechte Fuß meine größte Waffe. Ich habe auch ein paar Tore gemacht, indem ich von der Seite nach innen gezogen bin und aus 25 Metern draufgehauen habe.

 

Das Interview führte Jakob Faber

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