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Gala-Auftritt! Doch Tuchel ätzt lieber gegen Sky-Experten

Die Bayern spielen einen fulminanten Klassiker, die Schlagzeilen gehören aber Thomas Tuchel. Der Bayern-Coach stänkert live gegen Hamann und Matthäus.

Gala-Auftritt! Doch Tuchel ätzt lieber gegen Sky-Experten Foto: © getty

Eigentlich würde man meinen, beim FC Bayern wäre nach dem beeindrucken 4:0-Auswärtssieg im Klassiker gegen Borussia Dortmund alles eitel Wonne.

Zum elften Mal in Folge blieb der Rekordmeister gegen den BVB ungeschlagen, zehn Siege stehen gegen den Rivalen seit November 2019 in der Bilanz. Das blamable Pokal-Aus in Saarbrücken wurde erfolgreich abgeschüttelt, der Zwei-Punkte-Abstand zu Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen gewahrt. Die Bundesliga-Tabelle >>>

Doch der Triumph rückte schnell in den Hintergrund, dafür verantwortlich war Bayern-Coach Thomas Tuchel.

"Ich will euch nicht stören, wenn die Experten über uns sprechen"

Der ehemalige BVB-Trainer war schon vor dem Top-Spiel angespannt, im Interview mit "Sky"-Reporter Patrick Wasserziehr äußerst kurz gebunden und wirkte gereizt.

"Ich will euch nicht stören, wenn die Experten über uns sprechen", meinte Tuchel und forderte die nächste Frage. Der Hintergrund: Die Sky-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann hatten zuletzt die Spielweise der Münchner immer wieder kritisiert, deshalb eine mangelnde Weiterentwicklung unter dem 50-Jährigen in den Raum gestellt.

Schon am Freitag konterte Tuchel auf der Pressekonferenz vor dem Spiel und sagte: "Ich sehe bei den beiden auch keine Weiterentwicklung."

"Trotz Zerwürfnissen mit dem Trainer, meinen sie? Trotz keiner Weiterentwicklung? Ja, sehr überraschend alles."

Thomas Tuchel

Eine "coole" Reaktion, fand Matthäus, doch der Auftritt vor dem Spiel ließ den Experten schlussfolgern: "Heute hat er keinen souveränen Eindruck hinterlassen. Ich hoffe, dass die Mannschaft souveräner auftritt."

Beste Saison-Leistung "trotz Zerwürfnissen, trotz keiner Weiterentwicklung?"

Das ist den Münchnern letztendlich auch gelungen, Harry Kane überstrahlte ein starkes Kollektiv mit einem Triplepack. Der Triumph trug jedoch nicht dazu bei, dass Tuchels Stimmung erhellt wurde. Ganz im Gegenteil.

Als der Bayern-Trainer zum "Sky"-Interview nach dem Spiel antrat, war die Freude über die geglückte Wiedergutmachung des Pokal-Ausscheidens wie weggefegt.

Als Sebastian Hellmann die Gesprächsrunde mit der Frage eröffnete, warum der FC Bayern nach all den Vorzeichen - Pokal-Aus, knappes Personal - ausgerechnet in Dortmund das beste Spiel der Saison ablieferte, reagierte Tuchel trotzig: "Trotz Zerwürfnissen mit dem Trainer, meinen sie? Trotz keiner Weiterentwicklung? Ja, sehr überraschend alles."

"Lothar weiß es bestimmt, wenn der es nicht weiß, weiß es Didi (Hamann, Anm.) bestimmt", legte der FIFA-Welttrainer des Jahres 2021 neuerlich gegen die Experten nach.

Hellmann entgegnete: "Gut, dann wollen wir direkt so einsteigen. Warum sind sie so unzufrieden, wenn Kritik kommt?" Tuchel antwortete: "Super zufrieden. Ich bin super zufrieden mit meiner Mannschaft, top."

"Dann ist doch Ostern und Weihnachten"

Matthäus warf ein, auch er sei als Experte mit dem FC Bayern zufrieden, man habe über 90 Minuten super gespielt.

"Dann ist doch Ostern und Weihnachten", meinte Tuchel ironisch. Matthäus: "Wenn ich ab und zu mal eine andere Meinung habe, muss das nicht so ausgetragen werden, Thomas. Ich sehe es und akzeptiere deine Meinung."

Der Coach gab sich damit nicht zufrieden: "Ich akzeptiere das doch, dann mach du das heute auch. Ihr haltet euch ja sonst auch nicht zurück."

"Sky"-Reporter Hellmann versuchte die Lage zu entschärfen, erklärte, es sei doch eine respektvolle Frage, warum Tuchel die Kritik von außen dermaßen störe. "Mich stört das gar nicht, Lothar kann das machen, sonst kann Didi das machen", erwiderte der 50-Jährige.

"Aber ihre Ironie spürt ja jeder", so Hellmann. Tuchel entgegnete: "Na, und? Ist das nicht erlaubt, mögen Sie das nicht?" Natürlich sei das erlaubt, betonte Hellmann, worauf Tuchel sagte: "Dann lassen wir es doch so stehen."

Wogen geglättet? Der Schein trügt

Danach schienen die Wogen geglättet zu sein, die Anspannung löste sich. Dass die Partie in Dortmund eine nach dem Motto "Wir zeigen es allen" gewesen sei, verneinte Tuchel.

"Wir zeigen es uns selbst, das was wir die ganze Zeit machen. Wir spielen nach unseren Maßstäben, spielen für unser eigenes Level, das wir erreichen wollen. Das war top heute, ich freue mich für die Mannschaft, dass sie es so beweisen konnte."

Warum aber ausgerechnet in der 134. Auflage des Klassikers? "Weil heute ein Top-Spiel anstand, also haben wir eine Top-Leistung gebracht", reagierte Tuchel. Daraufhin erläuterte Matthäus seine Sichtweise, ging auch darauf ein, warum Tuchel an der Seitenlinie "on fire" wirkte.

"Er hat heute gefightet, wie seine Mannschaft. Das will man auch sehen, man will als Spieler einen Trainer haben, der emotional mitgeht. Wie gesagt, heute war Bayern München von Anfang am Platz da, was Borussia Dortmund nicht war und hat das Spiel von der ersten bis zur 90. Minute durchgezogen", meinte der "Sky"-Experte" und fügte hinzu:

"Deswegen haben wir heute gesagt, und das ist auch meine Meinung, Thomas kann ja dagegen sein: Das war das beste Spiel, das der FC Bayern in dieser Saison gezeigt hat."

Tuchel stimmte halbherzig zu: "Vielleicht. Es war sehr gut."

"So schlimm" scheint es in München "ja nicht zu sein"

Seine Truppe sei "sehr konzentriert und fokussiert, sehr effektiv" gewesen, habe viele Torchancen herausgespielt. "Wir haben verdient gewonnen", konstatierte Tuchel vor allem in Anbetracht dessen, "weil wir ja am Mittwoch leider kein so gutes Ergebnis hatten. Das gehört manchmal zum Sport dazu, obwohl wir uns viel vorgenommen hatten."

Es komme aber auf die Reaktion an, "die haben wir gezeigt", so der Übungsleiter. Die Bedeutsamkeit des Duells mit Borussia Dortmund hätte jeder seiner Akteure vor dem Spiel gespürt, nicht zuletzt die kurzfristig fit gewordenen Dayot Upamecano und Leon Goretzka. Der Franzose erzielte das 1:0, Goretzka bereitete das 2:0 von Harry Kane vor.

"Wir haben mit beiden lange gesprochen, auch mit den Medizinern. Den Ausschlag hat letztendlich gegeben, dass sich beide wohlgefühlt haben zu spielen und voll überzeugt waren, dass es geht. Das war der letzte Tropfen, dass wir es letztendlich gemacht haben. Beide haben es eindrucksvoll bewiesen und ein Top-Spiel gemacht", lobte Tuchel.

Nach dem Pokal-Aus in Saarbrücken habe es niemanden gebraucht, der die Mannschaft wachrüttelt oder die Enttäuschung mit ihr auslebe. Man habe gegen einen guten Gegner gespielt, "der extrem tief und fleißig verteidigt hat", ging Tuchel nochmal auf das Spiel ein.

"Heute haben wir 4:0 gewonnen, jetzt müsst ihr eine 180-Grad-Wendung machen. Viel Spaß dabei."

"Es ging in Saarbrücken für mich ausschließlich darum, dass wir das zweite Tor machen. Dann hätten wir auch noch ein drittes, viertes gemacht. Dann ist es ein Spiel, dass in 50 Spielen so einmal passiert. Wir sind sehr ruhig geblieben, weil es ist erst der Anfang der Saison", wollte man sich nicht aus der Fassung bringen lassen.

Die Analyse sei angesichts von zwei Auswärtsspielen binnen vier Tagen "kurz und sachlich" verlaufen, Unruhe im Verein wollte der 50-jährige Trainer keine spüren. Diese sei viel mehr von den Medien erzeugt worden. "Ich habe viele Dinge gehört, was bei uns alles nicht stimmt und so schlimm scheint es ja nicht zu sein", antwortete Tuchel den Kritikern.

Tuchel bricht Interview ab: "Wenn ich durch bin, möchte ich gehen"

Also alles wieder gut? Mitnichten.

"Sky"-Reporter Hellmann wollte nochmal darauf eingehen, warum es für Tuchel offenbar so schwer sei, eine andere Meinung zu akzeptieren, obwohl es vom TV-Sender selbst oft Lobpreisungen für den deutschen Rekordmeister und auch den Trainer gab.

Er würde diese Meinungen doch akzeptieren, "es ist alles gut", meinte der Krumbacher und erläuterte: "Vor dem Spiel habe ich nur den Lothar gehört, da gibt es schlechte Phasen und sonst was." Dabei wurden acht von zehn Bundesliga-Spielen gewonnen, zwei Remis gegen Leverkusen und Leipzig geholt und die Champions-League-Gruppe führt man auch an.

Als Matthäus selbst ein paar Worte an Tuchel richten wollte, riss dem Bayern-Coach endgültig der Faden. "Ich möchte gar nicht in die Diskussion, möchte euch damit alleine lassen. Wenn ich (mit dem Interview, Anm.) durch bin, möchte ich gehen. Das ist mir zu viel."

Während sich Tuchel bereits die Kopfhörer aus dem Ohr nahm, ätzte er: "Du machst nur deinen Job, aber ich möchte gar nicht in die Diskussion rein. Ihr dürft das benennen, wie ihr möchtet – es ist niemand sauer. Heute haben wir 4:0 gewonnen, jetzt müsst ihr eine 180-Grad-Wendung machen. Viel Spaß dabei."

Tuchels denkwürdiger Abgang im VIDEO:


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