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RKS Rakow Czestochowa RKS Rakow Czestochowa CZE
Endstand
0:1
0:0, 0:1
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(Un)erklärbar! Was jetzt der falscheste Sturm-Ansatz wäre

Das Motschgern ist spätestens nach der schwachen Leistung gegen Rakow nicht zu überhören. Sturm muss auch intensiv nachdenken. Eines gilt es aber zu vermeiden.

(Un)erklärbar! Was jetzt der falscheste Sturm-Ansatz wäre Foto: © GEPA

Lesen wir mal etwas ausführlicher ins schwarz-weiße Fußball-Volk hinein und schauen uns einige User-Meinungen nach der so bitteren 0:1-Pleite von Sturm gegen Rakow an.

"Schon ein trauriger Auftritt, alle Sturm-Tugenden wurden vermisst, bin der Meinung spielerisch wird’s von Spiel zu Spiel weniger, und eine Abwehr ohne Wüthrich ist kaum organisiert.. Schade tut weh…"

"Das war heuer die absolut schlechteste Vorstellung. Das Anfangshoch ist weg, total außer Form und ohne jegliche Power....die Truppe ist in der jetzigen Phase total ausgepowert...und die Aufstellung und Auswechslungen nicht zu verstehen...leider wieder mal in einer entscheidender Phase....hoffe es geht bis zur Winterpause noch gut..."

"Hochverdiente Niederlage. So kannst ein fast schon sicheres Überwintern in die Tonne treten. Wie kann man im eigenen Stadion so einen Dreck zusammenspielen? Meiner Meinung nach haben wir es auch nicht mehr in eigener Hand. Rakow hat zu Hause gegen Atalanta sicher das einfachere Spiel wie wir in Lissabon. So ein Auftritt bei Sporting? Dann wirds peinlich."

"Man braucht jetzt nicht so tun, als läge es am Wollen, dass Sturm halt gegen in den jeweiligen europäischen Ligen gut platzierte Teams verliert...mal auch wieder knapp gewinnt...das entspricht doch haargenau dem Kräfteverhältnis zwischen den Ländern. Ganz ehrlich... Atalanta in Italien oder Sporting in Portugal sind doch keine Nobodys und sind allein schon vom Marktwert ein Vielfaches von Sturm… und Marktwerte errechnen sich nunmal aus der Qualität der Spieler... also folgerichtig im NORMALFALL !!!!! keine Chance und wenn dann da und dort mal ein Punkt geholt wird, ist das eigentlich schon eine kleine Überraschung…"

"Naja wenigstens sucht anders als oft hier behauptet niemand externe Ausreden oder versucht diese Unleistung zu relativieren. Ernüchternd dass man so oft in wichtigen Alles oder Nichts Spielen runter leert, das hat so manch andere Mannschaft Sturm noch voraus. Sogar Rapid, das die ganze Zeit einen Topfen runter spielt, dass es zum Schämen ist, haut gegen die Italiener eine Topleistung raus bzw. ist gegen stärkere Mannschaften wie RB, LASK oder Sturm so gut wie immer besser als sonst. Vielleicht hätte man bei Sturm schon vor Wochen Klartext reden müssen dass das Passspiel unterirdisch ist und zu viel Leerlauf dabei ist. Aber der Tabellenstand und die mediale Lobhudelei haben das nicht einfach gemacht…"

"Wie in jedem Spiel, in dem es international um was geht, wird die schlechteste Saisonleistung abgerufen. Gegen bessere Gegner funktioniert es, aber gegen die, die man eigentlich schlagen müsste oder so wie gestern unter gar keinen Umständen verlieren kann/muss, wirkt Sturm ideen- und kraftlos. Weiß nicht, was da los ist, aber da muss auf der mentalen Ebene etwas schief laufen. Da muss ich kämpfen, kratzen, beißen. Aber gestern hatten die wie so oft in den entscheidenden Spielen die Hosen voll. Ilzer schafft es wie es aussieht international auch nicht, die Mannschaft auf die notwendigen Tugenden einzuschwören. Als Sturm-Fan seit ich denken kann, blutet einem bei solchen Auftritten das Herz."

"Back to reality!"

Das Rumoren und Motschgern

Diese Reaktionen entstammen der Facebook-Seite von Sturm und der Kommentarfunktion unter dem LAOLA1-Artikel "Sturm Graz: Einfach zum Nachdenken".

Diese "Unleistung" kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Wenn im Heimspiel gegen den schwächsten Gruppen-Gegner bereits ein Remis für das internationale Überwintern reicht, sollte man angesichts der Entwicklung von Sturm mittlerweile erwarten können, dass man einen höheren Reifegrad an den Tag legt.

Gleichzeitig ist das Kräftemessen mit dem polnischen Meister kein Selbstläufer. Diesbezüglich kann man von Vereins-Seite warnen, so viel man will, dieses Bewusstsein ist schwer in den Köpfen zu verankern.

Auch das ist eine logische Konsequenz des erfolgreichen Wegs, den Sturm in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat.

Das Rumoren und Motschgern über die mitunter blassen Liga-Leistungen in dieser Saison ist schon länger nicht zu überhören. Ein Blick auf die Tabelle genügt jedoch, um zu wissen, dass die "Blackies" dies ergebnistechnisch in hoher Regelmäßigkeit kaschieren können.

Erklärbare Probleme

International gelang dies in dieser EL-Gruppenphase bislang kaum. Und dieser Kritik muss man sich auch stellen.

Aus vertretbaren bis guten Leistungen gegen die Favoriten Sporting und Atalanta wäre bei mehr Cleverness und Kaltschnäuzigkeit mehr als ein Punkt drinnen gewesen. Die jüngste Leistung gegen Rakow kann man indes keineswegs auch nur in der Nähe von vertretbar einordnen.

Solch ein Auftritt ist erklärbar und unerklärbar zugleich.

Auch wenn es die verbale Haudrauf-Fraktion vermutlich schwer einsehen wird, plagen Sturm durchaus Thematiken, die auch andernorts in der Fußball-Branche für Probleme sorgen können – so unspektakulär der eine oder andere Hinweis auch sein mag.

Wenn Schlüsselspieler wie Gregory Wüthrich oder Otar Kiteishvili entweder ganz fehlen oder nach längeren Verletzungspausen komplett aus dem Rhythmus sind, ist die eigentliche Achse spürbar angeknackst. Wie wichtig ein fitter William Böving gerade auf internationale Ebene wäre, muss man nicht erklären.

Bis auf wenige Ausnahmen agiert Sturm schon den kompletten Herbst ohne den aggressiven Speed-Stürmer, dessen Bedeutung Emanuel Emegha im Frühjahr unterstrichen hat. Dass sich dessen Nachfolger Seedy Jatta zwei Mal längerfristig verletzt, ist mehr als ärgerlich, aber letztlich Pech.

Vor allem weil es Szymon Wlodarczyk mehr Verantwortung aufhalst, als er von seinem Entwicklungsstand her tragen kann. Dies heißt jedoch keineswegs, dass der 20-Jährige nicht in diese Rolle wachsen wird. Die Anlagen hat er allemal. Man sollte nicht den Fehler begehen, ihn zum Sündenbock zu machen.

Dass weitere entwicklungsfähige Neuzugänge wie Max Johnston oder Javi Serrano aktuell mehr für Kaderbreite als für Konkurrenzkampf sorgen, ist nicht ideal, muss man jedoch manchmal akzeptieren. Es möge niemand so tun, dass es bei 20-Jährigen auf ihrer ersten Auslandsstation keine Anlaufschwierigkeiten geben kann. Aber natürlich kommt im Frühjahr auch der Zeitpunkt, an dem man hier eine deutliche Steigerung verlangen darf.

Ein Hinweis für alle Daheimgebliebenen

Es ist ein inzwischen über einige Jahre zusammenarbeitender Kern, der Sturm bislang federführend durch diese Saison getragen hat.

In der Liga spielt man diesen Reifegrad (meistens) aus. Aber im Europacup?


Mal abgesehen davon, dass man den noch im September viel beschworenen Beweis der internationalen Weiterentwicklung nicht antreten konnte, ist es tatsächlich schwer erklärbar, dass man gerade in den entscheidenden Matches um das Weiterkommen derart auslässt, scheinbar nicht ready dafür ist.

Schon in der Vorsaison gab es beim FC Midtjylland ein böses Erwachen, als man im Sturm-Umfeld den Eindruck bekommen konnte, dass man sich den Aufstieg nur mehr abholen muss.

Besagte Selbstläufer gibt es aber leider nun mal nicht.

An dieser Stelle darf man auch allen gegen Rakow Daheimgebliebenen durchaus einmal den Hinweis geben, dass dies bei allem Verständnis für den ungünstigen Termin oder eiskalte Temperaturen jene Schnittpartie war, in der das Stadion in Liebenau unbedingt ausverkauft hätte sein müssen – zum schwarz-weißen Gesamtpaket zählt nun mal auch, dass der Funke von den Rängen hilft, das Geschehen auf dem Platz zum Brennen zu bringen.

Der Gedanke, dass es gegen Rakow auch so schon irgendwie funktionieren wird, ist schlichtweg falsch – wenn man einen Seitenblick Richtung Nationalteam wagt, misst Teamchef Ralf Rangnick dieser Thematik nicht umsonst eine der höchsten Prioritäten zu.

Sich selbst in die Krise zu reden, wäre der falscheste Ansatz

Wie auch immer: Dass bei Sturm momentan wenig leicht von der Hand geht, ist so. Das muss man auch einmal akzeptieren.

Man darf auch fest davon ausgehen, dass intensiv über diese Performance nachgedacht wird. Das ist sowieso nach jedem Match Usus, diesmal fällt die Manöverkritik vielleicht noch ein wenig intensiver und auch deutlicher aus.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch keine Not, alles grundsätzlich zu hinterfragen und jene Selbstverständlichkeit, die Sturm ja trotz allem auszeichnet, zu riskieren.

So verlockend ein Rundumschlag nach manchen Enttäuschungen auch sein mag, momentan wäre er ziemlich dumm und kontraproduktiv.

Sich selbst in die Krise zu reden (und das geht im Fußball schnell), wäre zum aktuellen Zeitpunkt der falscheste Ansatz – für den geforderten "Klartext" bleibt, sofern notwendig, in der Vorbereitung genügend Zeit.

Schließlich, und das wird in der ersten Enttäuschung gerne vergessen, hat man ja noch die Chance zur Wiedergutmachung. Möge Sturm in Lissabon jenen Lohn einfahren, den man gegen Midtjylland und Rakow liegengelassen hat.

Einen Beweis kann man auch verspätet erbringen.



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