„Was erlauben Rapid?“
Eine Brandrede von Giovanni Trapattoni wie vor fast auf den Tag genau 18 Jahren wäre nach dem desaströsen Auftritt der Grün-Weißen gegen die Admira durchaus verständlich gewesen.
Das 0:4 vor 12.300 Zuschauern, die ihren Augen nicht glauben konnten, war die höchste Heimniederlage seit dem 1:5 gegen Sturm Graz am 15. September 2007.
Nach 17 Minuten ertönten erstmals in dieser Saison Pfiffe, die sich bis zum gellenden Konzert nach dem Schlusspfiff durchzogen.
„An Hochnäsigkeit und Arroganz nicht zu überbieten“
Eine derartige Arbeitsverweigerung rief logischerweise Sportdirektor Andreas Müller auf den Plan. Jenen Mann, der gegenüber LAOLA1 unverblümt das Versagen seiner Mannschaft ansprach:
„Was wir heute gezeigt haben, ist unerklärlich und nicht zu überbieten an Hochnäsigkeit und Arroganz. Es tut mir unendlich leid für unsere Fans. Das tut richtig weh“, war der 53-jährige Deutsche sichtlich gezeichnet.
„Es gibt mal Tage, wo wirklich nichts zusammenläuft, aber wir waren in keiner Phase des Spiels überhaupt in der Lage dem Gegner annähernd Paroli zu bieten. Das stimmt mich sehr nachdenklich.“
Die Grün-Weißen präsentierten sich so schwach wie schon lange nicht mehr. Der lustlose, fehlerhafte und in allen Belangen enttäuschende Auftritt passte so gar nicht zu den bisherigen Saison-Leistungen.
„Ob arrogant oder überheblich – es war nicht das, wie wir uns sehen wollen“, gab Kapitän Steffen Hofmann zu, ohne Müllers Meinung zu bestätigen.
„Wir haben als Kollektiv versagt“
Nicht umsonst fühlten sich die Spieler am Feld so wie der Trainer im falschen Film.
„Furchtbar! Wir haben als Kollektiv versagt – von vorne bis hinten. Es hat gar nichts geklappt. Ich bin nicht nur sauer auf das Team, sondern auch auf mich“, fand Zoran Barisic klare Worte.
Ansonsten tendiert der 45-jährige Wiener eher dazu, die Mannschaft nicht öffentlich zu kritisieren und Mängel sowie Probleme schönzureden. Diesmal gab es aber selbst für ihn keinen Ausweg.
„Ich tue mir heute sehr schwer, irgendetwas Positives zu finden“, konnte der Chefbetreuer die gezeigte Leistung überhaupt nicht verstehen.
Rapid wie im falschen Film
Auch Thanos Petsos, der sich als einer der wenigen enttäuschten Verlierer stellte, konnte es nicht fassen.
„Wir fühlen uns wirklich wie im falschen Film. Ich finde keine Worte dafür. Wir haben alles vermissen lassen. Das Ergebnis ist absolut gerecht und hätte auch höher ausgehen können.“
Die Admira wusste Rapids katastrophales Verhalten auf dem Rasen zu bestrafen und überzeugte mit einer taktischen, mannschaftlich geschlossenen Prachtleistung.
Die Gründe für Rapids miserable Vorstellung liegen aber noch im Dunkeln. Dabei hätte man mit einem Sieg RB Salzburg erneut von der Tabellenspitze stoßen können.
Salzburg-Remis als mentaler Nachteil
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Möglicherweise spuckte Salzburgs 1:1 beim WAC sogar in den Köpfen der Spieler herum.
| Rapid | Admira |
---|---|---|
Ballbesitz | 50,8 % | 49,2 % |
Zweikämpfe | 48,76 % | 51,24 % |
Torschüsse | 8 | 8 |
Torschüsse außerhalb Strafraum | 5 | 3 |
Torschüsse innerhalb Strafraum | 3 | 5 |
Kopfballchancen | 1 | 0 |
Eckbälle | 4 | 1 |
Abseits | 0 | 2 |
Fouls | 15 | 14 |
„Natürlich passieren viele Dinge im Kopf. Wenn man das Ergebnis aus Wolfsberg sieht, wo Salzburg zwei Punkte liegen lässt, ist das die große Chance. Wir sind aber in keiner Situation gewesen, um das auch auszunützen. So sind wir nicht aufgetreten. Das war eine schöne Auflage, vielleicht haben sich dadurch einige gedacht, dass wir das einfach runterspielen können“, suchte auch Müller bisher vergeblich nach Gründen.
Ein Aufbäumen war nicht einmal im Ansatz zu erkennen. Selbst nachdem das Trainerteam versuchte, die Mannschaft in der Halbzeit aus dem Tiefschlaf zu wecken.
In dieser Hinsicht war sogar Torschütze Lukas Grozurek von seinem Ex-Verein überracht: „Ich habe noch nie erlebt, dass sich Rapid nach 60 Minuten aufgibt. Sie waren total chancenlos.“
„Gehe von einem rabenschwarzen Tag aus“
Dass nach diesem Debakel zur Tagesordnung übergegangen wird, kann Barisic ausschließen. Noch abzuwarten gilt, ob eine Kopfwäsche bevorsteht oder das kollektive Versagen andere Konsequenzen nach sich zieht.
„Ich kann noch gar nicht bewerten, ob es ein einmaliger Ausrutscher war oder ob das Problem tiefer liegt. Das werden wir in den nächsten Spielen sehen“, musste Müller zugeben.
Sein Kollege auf der Trainerbank hat da eine andere Ansicht, auch wenn er dieser im Moment der Niederlage wenig Überzeugung verleiht.
„Ich gehe davon aus, dass es ein rabenschwarzer Tag war, der uns in dieser Art und Weise nicht noch einmal passieren darf“, so Barisic.
Wundenlecken und Analyse ist angesagt
Mit einem einzigen überzeugenden Spiel wird man die Fans nicht besänftigen können. Diese skandierten „Wir wollen Rapid sehen“ und „Wir wollen euch kämpfen sehen“.
Mit hängenden Köpfen ließen die Grün-Weißen die Pfiffe beim Abgang in die Katakomben des Happel-Stadions über sich ergehen.
Strafe genug für einen Abend, der schlussendlich aus Sicht der Hütteldorfer zum Vergessen war. Trotz der Niedergeschlagenheit muss man sich nun aber selbst aus dem Sumpf ziehen, damit in der Meisterschaft nicht alle Felle davonschwimmen.
Petsos erklärte: „Jammern bringt nichts. Das Spiel war ein Rückschlag für uns, aber wir lassen uns nicht aus der Balance bringen.“
Die Kopfwäsche wird ihm und seinen Kollegen aber nicht erspart bleiben. Zumindest blieb vorerst eine Brandrede wie jene von Giovanni Trapattoni aus.
Alexander Karper