plus-video

Zehn Fragen zur Reform der Bundesliga

Zu kompliziert? Wettbewerbsverzerrung? LAOLA1 geht wichtigsten Fragen der Liga-Reform nach:

Zehn Fragen zur Reform der Bundesliga

Alles neu in der österreichischen Bundesliga.

Ab der Saison 2018/19 wird nach einem komplett neues Modus gespielt, den Bundesliga-Präsident Hans Rinner und Vorstand Christian Ebenbauer (LAOLA1-Interview) am Freitag öffentlich präsentiert haben.

"Es ist eine große Chance, den Fußball sportlich und wirtschaftlich weiterzuentwickeln", ist sich Ebenbauer sicher.

Doch diese Reform wirft auch Fragen auf. LAOLA1 beleuchtet zehn davon. Bei der einen oder anderen wird man sich mit einer endgültigen Antwort jedoch gedulden müssen:

Das sagt Liga-Boss Hans Rinner:
(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

SORGT DIESER MODUS FÜR MEHR SPANNUNG?

Ja. Zwangsläufig. Ob künstliche Eingriffe der Weisheit letzter Schluss sind, ist vermutlich Geschmackssache, fest steht jedoch: Der bisherige Modus, in dem jeder Verein fix vier Mal gegen alle anderen neun Bundesligisten gespielt hat, hat für immer mehr Verdruss gesorgt. Im Worst Case fallen sämtliche Entscheidungen (Meister, Europacup-Starter, Absteiger) frühzeitig. Mit "Meistergruppe", "Qualifikationsgruppe", Punkteteilung beziehungsweise Europa-League-Playoff wird die Meisterschaft in mehr Etappen gespielt, in denen es mehr Zwischensprints gibt. Ebenbauer erwartet sich dadurch mehr Spannung: "Jeder Klub ist schon in den ersten 22 Runden gefordert, auf Sieg zu spielen, damit man den Meisterdurchgang erreicht, und nicht nur hinten drinnen zu stehen und auf 0:0 zu spielen." Seiner Einschätzung nach wird jeder Spieler und jeder Verein mehr gefordert, auch die Vereine würden sich mehr Partien mit Entscheidungs-Charakter wünschen. Geht dieser Plan auf, sollte sich auch das Niveau steigern.

IST DIESER MODUS ZU KOMPLIZIERT?

Sagen wir so: An das Motto "Keep it simple" hat sich die Bundesliga nicht gehalten. In der Bundesliga wird sich dieses Prozedere wohl einspielen. Spätestens wenn die Europa-League-Playoffs erstmals absolviert sind, sollte jeder den Modus verstanden haben. Wenngleich auch Ebenbauer zugibt, dass man sich genauer damit befassen muss und es auf den ersten Bick komplex ist. Die Bundesliga werde damit jedoch nicht zur Formel 1, verspricht der Liga-Vorstand. Die Königsklasse des Motorsports hat vorexerziert, dass man einen Sport auch übertrieben revolutionieren kann, um für vermeintlich mehr Spannung zu sorgen. Auch beim Skispringen reicht der Blick auf die Weite und die Sprungrichter-Noten bekanntlich nicht mehr. So schlimm ist es im konkreten Fall natürlich nicht, die Tücken könnten jedoch in der zweiten Leistungsstufe begraben liegen. Da erstens bis zu drei - nicht aufstiegsberechtigte - Amateur-Teams von Bundesligisten startberechtigt sind und zweitens der Aufstieg - richtigerweise - an strenge wirtschaftliche und infrastrukturelle Kriterien geknüft sein wird, droht die Suche nach dem Aufsteiger nur bedingt sportlich entschieden zu werden. Grundsätzlich soll nur eines der beiden erstplatzierten Teams aufsteigen dürfen, die Amateure werden jedoch nicht mitgerechnet. Das klingt nicht unkompliziert. Theoretisches Beispiel von Ebenbauer: "Wenn die drei Amateur-Mannschaften der Bundesligisten vorne sind und eventuell ein Klub mit Aufstiegsverzicht Vierter ist, kann der Fünfte noch aufsteigen." Hier erscheint die Gefahr eines gewissen Kuddelmuddels (Wer ist wirtschaftlich aufstiegsberechtigt? Bis zu welchem Rang ist man aufstiegsberechtigt? Gibt es am Ende gar keinen Aufsteiger?) vorprogrammiert.

KOMMT ES ZU EINER WETTBEWERBSVERZERRUNG?

Natürlich. Wie das Problem letztlich genau gelöst wird, hängt vom Rahmenterminkalender von FIFA und UEFA für 2018/19 ab, aber Rinner und Ebenbauer gehen davon aus, dass nicht alle 22 Runden des Grunddurchgangs im Herbst gespielt werden können. Ebenbauer erklärt dies im LAOLA1-Interview rational verständlich mit der Überlastung der Spieler. So schlüssig dieses Argument ist, darf man sehr gespannt sein, ob es der Überprüfung durch die Realität standhält, oder ob es zu einem emotionalen Aufschrei kommt. Egal ob zwei oder vier Runden des Grunddurchgangs (auf jeden Fall gleiche Anzahl an Heim- und Auswärtsspielen) in das Frühjahr verlegt werden: Dazwischen liegt eine Transfer-Periode. Sprich, es kann im Winter zum großen Wettrüsten kommen, um doch noch in die "Meistergruppe" zu kommen, diesbezüglich könnte man sich auch bei einem direkten Konkurrenten bedienen. Dass es hier zu unfairen Szenarien kommen kann, liegt auf der Hand. Der Hinweis der Bundesliga-Verantwortlichen, dass derzeit ja auch der eine oder andere Spieltag der Rückrunde bereits im Herbst ausgetragen wird und es somit zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, greift viel zu kurz, da sich derzeit mangels Playoffs noch nicht im Februar fix entscheidet, wohin die Reise gehen wird. Dieser Schwachpunkt der Reform wird mit hoher Wahrscheinlichkeit für hitzige Diskussionen sorgen und tut es teils jetzt schon. Heimo Pfeifenberger, Trainer des Wolfsberger AC, befürwortet die Reform zwar grundsätzlich, meint jedoch: "Das ist nicht korrekt. Dazwischen liegen eine Transferperiode und eine ganze Vorbereitung, das passt nicht zusammen." Da die Änderungen im Prozedere auf mehr Show aus sind, kann man es natürlich auch wie Rinner sehen: "Wenn man vier Runden des Grunddurchgangs im Frühjahr spielt, sind das im Februar und März verdammt spannende Runden. Das kann für die Zuseher hochinteressant sein." Damit hat der Steirer fraglos recht. Ob dieses zusätzliche Spektakel das Opfern einer gewissen Fairness ausgleicht, wird die Zeit weisen. Am Ende wird der Konsument entscheiden, ob er das so annimmt.

MACHT DIE PUNKTETEILUNG SINN?

In dieser Frage waren laut Auskunft der Bundesliga-Bosse die Vereine selbst aufgeschlossener als etwa Vertreter von Medien oder Fans, die der Ansicht waren, dass man einem Klub nicht wegnehmen sollte, was er sich bereits verdient hat. Dass die Vereine selbst diesem Prozedere zustimmen, zeigt, wie sehr sie um mehr Spannung und Spektakel bemüht sind, um mehr Kunden anzulocken - die blieben ja zuletzt bekanntlich aus. "Rein statistisch ist es so, dass die Punkteteilung in neun von zehn Saisonen keine Auswirkung hat", beschwört Ebenbauer. Hier geht es mehr um Psychologie. Wenn eine Liga von den Punkteabständen her enger wirkt, zieht sie als Produkt tendenziell besser. Schaden wird es der Spannung in der Theorie nicht. Das Urteil, wie viel es tatsächlich bringt, steht in der Praxis aus.

AN WELCHEN TAGEN WIRD GESPIELT?

Das ist offen. Ebenbauer: "Es wird sechs Spiele pro Runde geben und an welchen Tagen die gespielt werden, entscheidet sich vor allem im Rahmen der TV-Verhandlungen." Die Bundesliga wird verschiedene Pakete ausschreiben, alles andere ist Verhandlungssache. Dass der Sonntag der Haupt-Spieltag wird, um am Samstag der Deutschen Bundesliga auszuweichen, ist eine Option und womöglich im Sinne von so manchem potenziellen TV-Partner. Dagegen gibt es jedoch durchaus Widerstand. Fest eingeplant ist ob der Reduzierung der Spieltage, dass der Kalender in der kalten Jahreszeit entschlackt wird. Ebenbauer: "Niemand will eine englische Runde im Dezember oder Februar spielen, die wollen wir wegbekommen." In der zweiten Leistungsstufe soll es fix keine Wochentags-Runden mehr geben. Die Annahme, dass in der zweiten Liga nur mehr am Samstag oder Sonntag gespielt werden soll, um eine Erleichterung für berufstätige Kicker zu schaffen, stimmt so jedoch nicht ganz. Rinner: "Der Freitagabend zählt aus unserer Sicht genauso zum Wochenende."

FÜR WELCHEN ZEITRAUM WIRD IN DIESEM MODUS GESPIELT?

Auch diese Antwort steht aus, auch hier muss man den TV-Vertrag abwarten. Niemand macht ein Hehl daraus, dass dieser Modus nur eine Übergangslösung sein soll. Um den zukünftigen TV-Partnern Planungssicherheit zu gwähren, wird man für die Evolution dieser Reform aber wohl das Ablaufen des nächsten TV-Deals abwarten müssen.

IST DIESE REFORM NUR EINE ÜBERGANGSLÖSUNG?

Das ist der Plan, wie der vorige Punkt bereits verrät. "Ich bin der Meinung, dass dieser Reformprozess nicht beendet ist, ganz im Gegenteil. Wir haben uns sehr wohl Gedanken über die Jahre darüber hinaus gemacht", sagt Rinner. Ebenbauer nennt das Ziel einer 14er- oder 16er-Liga, will sich aber keine Grenzen setzen: "Je mehr, desto besser." Gedankenspiele hin oder her, Rinner hat völlig recht, wenn er betont, dass alle weiteren Schritte davon abhängen, wie sich die Klubs weiterentwickeln - und zwar nicht nur sportlich, sondern vor allem wirtschaftlich und infrastrukturell. Und hierbei geht es nur in zweiter Linie um die Vereine der höchsten Spielklasse, sondern in erster Linie um jene in der Ebene darunter. Das System mit 20 - vermeintlichen - Profi-Klubs ist gescheitert. Je mehr Vereine sich jedoch zu echten Profi-Klubs entwickeln, umso belebender wäre dies für die Gestaltung des Oberhauses. "Was uns in den letzten Jahren am meisten geschadet hat, war, dass sich die Klubs in der zweiten Leistungsstufe wirtschaftlich selbst kaputt gemacht haben und am Ende des Tages haben wir sie verloren. Das gilt es zu verhindern. Das Ziel ist, dass die Klubs in weiterer Folge professioneller werden und die Fähigkeit haben, mit der Lizenz in der höchsten Spielklasse mitzuspielen. Wie sich das entwickelt, wird man sehen", sagt der Bundesliga-Präsident. Der Schritt zurück, indem man die Teilnahme-Bedingungen an der zweiten Leistungsstufe wesentlich lockert, erscheint ein richtiger zu sein. Die Gefahr ist jedoch, dass die Schere zwischen Bundesliga und zweiter Liga zu groß wird.

WERDEN DIE FINANZIELLEN ANREIZE HELFEN?

Die Beantwortung dieser Frage wird eine ganz entscheidende. Das TV-Geld teilen sich in Zukunft die zwölf Bundesligisten auf, sie unterstützen jedoch gleichzeitig die Zweitligisten mit einem Fixbetrag, den jeder Klub bekommt. Zudem wird es auch hier einen Österreicher-Topf geben. Das dritte Drittel der zu verteilenden Gelder dürfen sich jene Zweitligisten untereinander aufteilen, die es schaffen, eine Lizenz für die höchste Spielklasse zu bekommen. Allzu viele Vereine werden dies tendenziell nicht sein. Dieser Anreiz ist so gesehen eine Herzstück dieser Reform, weil er jene Vereine, die in ihre Infrastruktur und professionellen Rahmenbedingungen investieren, belohnt. Die Idee ist zumindest keine schlechte.

WIE KÖNNTE DIE REFORM NACH DER REFORM AUSSEHEN?

Derzeit ist Österreichs Ligen-System so aufgesetzt, dass sich 68 Teams in den drei Ligen über der Landesliga befinden sollten - zehn in der Bundesliga, zehn in der Ersten Liga und je 16 in den drei Regionalligen. "Ich persönlich kann mir durchaus vorstellen, dass wir diese Anzahl am Ende des Tages um 20 Klubs reduzieren", denkt Rinner laut nach. Damit könnte - nur als Beispiel - eine Sechzehner-Liga im Oberhaus mit jeweils zwei Sechzehner-Ligen darunter gemeint sein. Dies ist natürlich noch Zukunftsmusik, die darüberhinaus in enger Abstimmung mit dem ÖFB und den Landesverbänden umgesetzt werden müsste. Wahrscheinlicher ist als nächster Schritt eine 14er-Liga im Oberhaus, sofern sich genügend profitaugliche Vereine herauskristallisieren. Durchgedacht habe man sich laut Ebenbauer schon diverse Szenarien: "Aber es liegt kein fix und fertig ausverhandelter Plan in der Schublade."

WOVON HÄNGT DER ERFOLG DIESER REFORM AB?

Einerseits selbstverständlich davon, ob die sportliche Komponente dieser Reform von allen Beteiligten - allen voran Publikum und Sponsoren - angenommen wird. Die mindestens zehnprozentige Steigerung der Gewinne bei gleichzeitiger Reduktion der Spiele ist durchaus ein ambitioniertes Ziel. Und ob sich der neue Modus bewähren wird, bleibt abzuwarten. Die sportliche Komponente ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Stehen und fallen wird diese Reform damit, ob sich genügend Vereine mit Profi-Tauglichkeit entwickeln werden. Hätte Fußball-Österreich diese, würde es diese Reform vermutlich gar nicht geben. Nur aus Spannungsgründen hätte man sich tendenziell nicht drübergetraut, aber durch die wirtschaftlichen Probleme in der Ersten Liga war ein Eingreifen alternativlos. Scheitert man am Ziel, den sportlich-wirtschaftlich-infrastrukturellen Kandidaten-Kreis für das Oberhaus zu vergrößern, könnte es eng werden. Denn dann droht die zweite Leistungsstufe zur Farce zu verkommen. Passiert dies, wird die künstliche Spannung in der höchsten Leistungsstufe alleine nicht reichen, um die nächste Umgestaltung zu verhindern.

Peter Altmann

Kommentare