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Dujmovits: "Es ist schön, aufzuhören“

Abschieds-Interview: Julia Dujmovits über ungeplanten Rücktritt und Plan A:

Dujmovits: Foto: © GEPA

Snowboarderin Julia Dujmovits sorgte bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang für eine der größten Überraschungen.

Leider nicht aus sportlicher Sicht. Nach ihrem Olympiasieg 2014 reichte es für die Burgenländerin 2018 nur zu Rang zwölf. Im Anschluss ans Rennen verkündete die 30-Jährige überraschend ihren Rücktritt mit Ende der Saison.

Vor ihrem allerletzten Rennen spricht Dujmovits im LAOLA1-Interview über ihren "ungeplanten" Rücktritt und sie erklärt, warum es schön ist, aufzuhören und sie nur einen Plan A für die Zukunft hat:

LAOLA1: Du bist zu Olympia nach Pyeongchang gefahren, um erneut Gold zu holen, am Ende wurde es Rang 12. Wie geht man damit um, wenn man das große Ziel, auf das man seit Jahren hinarbeitet, nicht erreicht?

Julia Dujmovits: Ich hätte mir das Ziel nicht gesetzt, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich es erreichen kann. Ich bin als Gesamtweltcup-Dritte zu Olympia gefahren, ein Podiumsplatz oder Sieg wäre möglich gewesen. Ich war am Peak meiner Möglichkeiten. Es hat bei diesem einem Rennen einfach nicht zusammengepasst. Natürlich tut das weh. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es anders ist. Es wird noch etwas Zeit brauchen, um das zu verarbeiten.

LAOLA1: Nach dem Rennen in Pyeongchang hast du im ORF-Interview deinen Rücktritt mit Saisonende angekündigt. Das war so nicht geplant, oder?

"Das war einer der wenigen Momente an diesem Tag, auf den ich stolz bin. Ich will mich nicht verstellen."

Dujmovits über ihren "ungeplanten" Rücktritt

Dujmovits: Es war nicht geplant. Das Interview war wenige Minuten, nachdem ich ausgeschieden bin. Es ist schwierig, in so einer Situation sofort ein Interview zu geben. Ich habe jahrelang auf das Rennen hintrainiert, natürlich sind dann viele Emotionen da. Ich war froh, dass ich schon davor geweint habe, sonst hätte ich live auf Sendung geweint. Ich bin hingegangen und habe mir gedacht: Frage – Antwort, das kenne ich eh, das gewohnte Spiel. Aber es ist dann anders gekommen, ich bin eben ehrlich. Natürlich hätte ich mich auch hinstellen können und eine Geschichte erzählen, aber das bin ich nicht. Somit habe ich ehrlich auf die Fragen geantwortet und so ist es entstanden. Das war einer der wenigen Momente an diesem Tag, auf den ich stolz bin. Ich will mich nicht verstellen.

LAOLA1: Wann wolltest du deinen Rücktritt eigentlich verkünden?

Dujmovits: Ich habe es nicht wirklich geplant, wie ich das machen möchte. Ich habe mir gedacht, nach dem letzten Rennen wird das schon passen. (lacht)

LAOLA1: Wann und warum hast du die Entscheidung über dein Karriereende getroffen?

Dujmovits: Das ist schwer zu sagen, das ist einfach ein Gefühl, das man hat. Ich habe während der Saison schon gewusst, dass es vorbei sein wird, aber ich habe meine ganze Energie in die Vorbereitung auf Olympia gesteckt. Dieses Ziel wollte ich nochmal erreichen. Ich habe es geschafft, dass ich so gut in Form war, um eine Medaille zu holen. Schlussendlich hat es nicht geklappt, das ist der einzige Punkt, der weh tut. Ich habe aber das Gefühl, dass gar nicht viel mehr möglich wäre. Es gibt so viele kleine Teams, die teilweise professioneller arbeiten. Ich habe in dieser Saison das Maximum herausgeholt, damit muss ich zufrieden sein. Natürlich wäre es leichter, weiterzufahren, aber ich möchte nicht weitermachen, nur damit ich weitermache.

LAOLA1: Du schreibest in deinem Blog: "Es ist schön, aufzuhören“. Was ist das Schöne daran?

Dujmovits: Man ordnet dem Leistungssport so viel unter. Man hat so wenig Zeit für Familie und Freunde. Wenn die anderen einen Kaffee trinken gehen oder im Sommer im Freibad liegen, gehe ich trainieren. Wenn die anderen zu Weihnachten noch gemütlich beisammensitzen, sitze ich schon wieder am Ergometer. Ich war in den letzten Jahren bei keinem einzigen Geburtstag meines Bruders da, weil ich immer im Weltcup unterwegs war. Es ist einfach schön, wenn sich Prioritäten wieder verschieben, darauf freue ich mich. Daher ist es schön, aufzuhören. Ich freue mich auch, dass ich nicht aus der Tasche leben muss. Ich liebe den Sport, aber das ganze Rundherum ist schon viel, vor allem wenn man es 13 Jahre lang macht. Irgendwann reicht es dann auch. Ich habe das Gefühl, ich bin bereit für was Neues.

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LAOLA1: Was glaubst du, wirst du am meisten am Leben als Profisportlerin vermissen?

Dujmovits: Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich das Rennfahren an sich. Im Starthaus zu stehen, zu performen, dafür zu trainieren. Ich werde in meinem Leben immer Sport machen, solange ich kann. Ich glaube, dass ich kein Problem damit haben werde, neue Ziele zu finden. Ich glaube, alles im Leben passiert, damit man sich weiterentwickelt und mutig ist. Das ist genau das Gefühl, dass ich jetzt im Moment habe, dass es Zeit ist, einen Schritt weiter zu gehen und was anderes zu machen.

LAOLA1: Was bleibt unterm Strich für dich persönlich über, wenn du auf deine Karriere zurückblickst?

Dujmovits: Sehr viel. Mich hat das alles so geprägt. Ich bin mit 12, 13 Jahren in den Leistungssport eingestiegen, hatte viele Verletzungen und bin immer wieder zurückgekommen. Mein Comeback nach dem zweiten Kreuzbandriss – der Moment, in dem ich das erste Mal wieder eine Runde laufen gehen durfte – , das sind Dinge, die mich wirklich geprägt haben. Olympia-Gold 2014 war natürlich ein Wahnsinn. Wenn das in Erfüllung geht, wovon man träumt und woran man glaubt. Ich schaue mir aber nicht alle Statistiken an, was ich gewonnen habe und was nicht. Es geht vielmehr um die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich glaube, man kann von allem etwas mitnehmen. Ich möchte keinen einzigen Tag missen, egal, ob es Erfolge oder Niederlagen waren.

LAOLA1: Du hast gesagt, Statistiken bedeuten dir nicht so viel…

Dujmovits (unterbricht): Bis auf eine. (lacht)

LAOLA1: Und die wäre?

Dujmovits: Das erste Olympische Gold für das Burgenland zu holen und das im Wintersport ist schon sehr cool. Es hätte niemand geglaubt, dass das überhaupt möglich ist. Trotzdem hatte ich den Drang, das Unmögliche zu schaffen und ich habe es erreicht. Es war auch das erst Olympia-Gold für den Snowboard-Sport in Österreich überhaupt. Dass das aus dem Burgenland kommt, hätte wahrscheinlich niemand geglaubt. Deswegen macht es mich stolz, auch weil es mir niemand zugetraut hat.

LAOLA1: Hat der Olympiasieg 2014 dein Leben verändert und wenn ja, wie?

Dujmovits: Ich glaube, jeder Sieg und jede Niederlage verändert einen. Natürlich war es voll der Einschnitt, es hat mich auf jeden Fall verändert. Wie, ist eine gute Frage. Im ersten halben Jahr nach dem Erfolg war nicht alles lustig, das hatte ich mir auch anders vorgestellt. Damit habe ich erst umgehen müssen. Mich neu zu orientieren war eine Riesenaufgabe. Ich möchte nur das machen, wovon ich zu 100 Prozent überzeugt bin.

LAOLA1: Am kommenden Wochenende steht in Winterberg mit einem Parallel-Slalom das letzte Rennen in dieser Saison und damit deiner Karriere an. Mit welchem Gefühl gehst du an den Start?

Dujmovits: Ich möchte noch einmal gut fahren und zeigen, was ich kann. Es ist motivierend, dass ich als Vierte im Gesamtweltcup noch voll dabei bin. Ich weiß, ich muss vorne mitfahren, damit sich am Ende das Podium ausgeht. Gleichzeitig weiß ich, was ich drauf habe. Für mich persönlich möchte ich es einfach nochmal genießen.

LAOLA1: Was wünscht du dir für die Zukunft?

"Ich habe nur Plan A und ich werde jetzt auch nicht damit anfangen, einen Plan B zu schmieden. Solange ich etwas mache, das mich begeistert, bin ich zufrieden."

Dujmovits über ihre Zukunft

Dujmovits: Was ich mir wünsche ist, dass ich auch weiterhin meinem Gefühl vertrauen kann und das mache, was mich begeistert. Ich habe in meinem Leben nie etwas anderes gemacht. Ich bin gefragt worden, was jetzt mein Plan B ist. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich noch nie in meinem Leben einen Plan B. Ich habe nur Plan A und ich werde jetzt auch nicht damit anfangen, einen Plan B zu schmieden. Solange ich etwas mache, das mich begeistert, bin ich zufrieden. Ich werde nie aufhören, Snowboard zu fahren. Mein nächster Trip nach der Saison geht nach Alaska und ich kann es eigentlich kaum erwarten, dort Snowboarden zu gehen. Ich werde immer Sport machen, solange es geht. Je mehr ich auf das Ganze zurückblicke, umso mehr merke ich, dass jeder Tag genau das war, was ich wollte und dass ich immer einen Traum gehabt habe. Das ist etwas Schönes, wenn man einen Traum hat und dafür alles geben kann, auch wenn es am Ende vielleicht nicht aufgeht. Besser man hat einen Traum und er geht nicht in Erfüllung als man hat keinen Traum und dreht sich im Kreis.

VIDEO - Julia Dujmovits holt Olympia-Gold für Geschichtsbücher:

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