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ÖSV-Skispringer machen einen Schritt zurück

Das sind die Visionen von Andreas Felder und Mario Stecher für Skispringer:

ÖSV-Skispringer machen einen Schritt zurück Foto: © GEPA

"Du musst es schaffen, dass du wieder Begeisterung reinbringst. Das Feuer und das Leuchten in den Augen wieder siehst."

Mario Stecher ist mit einer klaren Mission in sein Amt als neuer Sportlicher Leiter des ÖSV für die Skispringer und Kombinierer gestartet. Bei den ÖSV-Adlern hört man nach den ersten Trainingskursen unter Neo-Trainer Andreas Felder von frischem Wind, einer gewissen Aufbruchstimmung und einem neu gefundenen Vertrauen.

Stecher ist überzeugt, dass Felder für die Stärkung des Teamspirits ebenso wie vom Fachwissen her der richtige Mann ist. "Neu ist, dass wir vielleicht in gewissen Dingen sogar wieder einen Schritt zurückmachen. Dass man sich dem Skispringen vielleicht aus einer kindlichen Sichtweise annähert. Es ist nichts Neues, aber für diese Generation ist es sehr wohl etwas Neues", glaubt Stecher.

Felder sieht es ganz ähnlich: "Man muss immer mit der Zeit gehen, die modernen Sachen ausprobieren, aber alte erfolgreiche Sachen soll man, nur weil sie alt sind, nicht über Bord werfen. Die waren deswegen früher auch gut, weil sie Erfolg gebracht haben. Es ist im Grunde die gleiche Sportart geblieben. Man muss wegspringen und gut fliegen. Es ist vielleicht in den letzten Jahren alles ein bisserl extrem ausgereizt worden, speziell die ganze Materialabstimmung."

In vielen Gesprächen mit seinen neuen Schützlingen hat er schon herausgefunden, dass in mancher Hinsicht ein wenig übertrieben worden sei. "Da haben manche den Faden zu ihrem eigenen Sprung verloren. Da verliert man dann das eigene Gefühl. Die Stärken, die man gehabt hat, gehen unter."

Im Interview sprechen Felder und Stecher über ihre Visionen für die Skispringer und warum es keine Extrawürste im ÖSV-Team geben soll:

Frage: Wie sind denn die ersten Wochen in Ihrer neuen Funktion als Sportlicher Leiter, gerade auch im Hinblick auf die zuletzt kriselnden Skispringer verlaufen?

Mario Stecher: Absolut positiv. Natürlich war es eine große Herausforderung für mich, dass ich das Amt von Ernst Vettori übernommen habe. Es hat sich alles sehr gut entwickelt und ich bin froh, ein sehr gutes Trainerteam gefunden zu haben. Sie haben die ersten Trainingskurse hinter sich und alle ziehen momentan an einem Strang.

Frage: Ihre Vorgänger in dieser Funktion waren aufgrund ihrer Vergangenheit leicht skisprunglastig, Sie sind ehemaliger Weltklasse-Kombinierer. Könnte das bedeuten, dass der Schwerpunkt ein bisschen stärker in Richtung Kombination gelegt werden wird?

Stecher: Ich werde auf jeden Fall nicht vergessen, wo ich herkomme. Ich bin ein Nordischer Kombinierer gewesen und werde das im Herzen natürlich auch immer bleiben. Nur, auch die Nordische Kombination besteht aus Skispringen und Langlaufen und daher liegen mir natürlich beide Sportarten extrem am Herzen. Es ist ja nicht so, dass man, wenn man Kombinierer war, sich nie für Skispringen interessiert hat. Man war immer mitten drinnen.

Frage: Man hört aus diversen Lagern vom frischen Wind und einer gewissen Aufbruchstimmung. Gibt es Ideen, vielleicht auch Synergieeffekte noch stärker zu nutzen?

Stecher: Das ist eine der wichtigsten Sachen, dass man einfach gemeinsame Sache macht zwischen Nordischen Kombinierern und Skispringern. Jeder kann von jedem profitieren. Wenn das so weitergeführt wird, wie es in den ersten Wochen angelaufen ist, dann sind wir auf einem sehr guten Weg für die Zukunft.

Frage: Das erste Jahr in dieser Funktion gleich mit einer Heim-WM - was ist die Vision für dieses erste Jahr?

"Wenn wir es wieder spannend machen und auch in einem Teambewerb wieder bis zum Schluss um den Sieg mitkämpfen können, haben wir sehr viel erreicht."

Stecher über Ziele der Skispringer

Stecher: Ganz klar möchten wir erfolgreich sein. Mein Wunsch ist auf jeden Fall, dass man mit den Besten wieder mithalten kann und wir wirklich auf Schlagdistanz sind. Das ist nach dem letzten Jahr definitiv eine schwierige Aufgabe, aber keine unlösbare. Wenn wir es wieder spannend machen und auch in einem Teambewerb wieder bis zum Schluss um den Sieg mitkämpfen können, haben wir sehr viel erreicht.

Frage: Für WM-Medaillenwünsche ist es wohl noch zu früh...

Stecher: Das ist zu früh, aber dass wir uns im ÖSV nach der Decke strecken ist kein Geheimnis. Natürlich möchten wir so viele Medaillen wie möglich holen.

Frage: Was erwarten Sie vom neuen Skisprung-Cheftrainer Andreas Felder?

Stecher: Erwarten tue ich mir, dass er diese Linie, die er in seinem ganz normalen Leben immer gehabt hat, wirklich im Sport weitergibt. Dass er das von oben bis ganz unten durchzieht und es keine Extrawürste geben wird innerhalb einer Mannschaft. Wenn man weiß, dass man innerhalb eines Weltcup-Jahres ca. 150 bis 180 Tage zusammen ist, nur dann ist es möglich, dass man auch eine Gemeinschaft bildet. Wenn man das über das gesamte Jahr nicht schafft, wird man es auch im Winter nicht schaffen. Ich glaube schon, dass der Andi dafür der absolut Richtige ist. Andi ist auf der anderen Seite ein absoluter Fachmann auf der Schanze, daher bin ich voll der Überzeugung, dass das ein erfolgsträchtiger Weg ist.

Der angesprochene 56-jährige Felder hat bereits erste Trainingskurse mit Stefan Kraft und Co. hinter sich, sieht aber schon viele gute Ansätze.

Frage: Herr Felder, wie waren denn Ihre ersten Eindrücke mit der neuen Mannschaft?

Felder: Es war schon eine ziemliche Umstellung, die ganze Geschichte. Ich habe ja ein komplett neues Trainerteam dabei mit meinem ehemaligen Co-Trainer bei den Damen, Florian Schabereiter, und Florian Liegl. Wir werden versuchen, das Schiff wieder in Schwung zu bringen. Ich hoffe, es gelingt uns. Die Leute sind eigentlich voll motiviert, auch die Athleten mit denen ich schon viele Gespräche geführt habe. Wir haben schon zwei Trainingskurse gehabt und das Ganze fühlt sich ganz gut an.

Frage: Es gab ja in den Medien viele mögliche Kandidaten für Ihr Amt, aber viele im Ausland erfolgreiche, österreichische Trainer sind in Verträgen. Fühlen Sie sich da als zweite Wahl?

Felder: Die Leute, die in den letzten Jahren sehr erfolgreich gearbeitet haben, die sind natürlich auch gefragt. Ich bin trotzdem stolz, dass man mich überhaupt mit meinem Alter noch gefragt hat. Das zeigt, dass die Leute doch Vertrauen in mich setzen. Jetzt werde ich schauen, dass ich mein Bestes dazu beitrage.

Frage: Die Skisprung-Damen waren über ihren Wechsel nicht so froh. Wird es da eventuell auch etwas mehr Zusammenarbeit geben?

Felder: Die Damen waren zum Teil schon dabei beim Gletscherkurs. Wir werden sicher viel enger zusammenarbeiten. Das ist auch sehr wichtig, speziell für die Damen, dass sie sich näher an den Herren orientieren können. Für uns ist es, glaube ich, auch ganz gut, weil so ein harter Knochen wie die Dani (Iraschko-Stolz, Anm.), der kann für manche nur vorbildlich wirken.

Frage: Die Strukturen im ÖSV sind ja da, es hatte sich aber auch laut ihrem Vorgänger Heinz Kuttin eine Negativspirale entwickelt. Das Rad neu erfinden muss man aber wohl nicht?

Felder: Absolut nicht, es ist ja gut gearbeitet worden. Wenn ich annähernd erreiche, was Heinz in den vier Jahren geschafft hat, dann kann man sich als Trainer glücklich schätzen. Dass das letzte Jahr dann nicht so gelaufen ist, tut mir leid für den Heinz. Aber so eine Negativspirale lässt sich ab und zu nicht aufhalten. Unser Ziel ist es, das aufzuhalten und die Spirale sich nach oben dreht. Das ist das Wichtigste.

Frage: Gregor Schlierenzauer kämpft seit Jahren darum, wieder ganz noch oben zu kommen. Was glauben Sie, welchen Input Sie da leisten können?

"Ich glaube, dass einer, der so talentiert ist wie der Schlieri und schon so viel gewonnen hat - wenn der weiter an sich glaubt und kämpft, dann wird er irgendwann den Weg zurück wieder schaffen."

Felder über Schlierenzauer

Felder: Für ihn ist allein die Erkenntnis wichtig, dass nur er allein den Knopf lösen kann. Ich kann ihm ja nur Tipps geben und er muss es selber dann vernünftig umsetzen. Wir haben schon sehr gute Gespräche gehabt. Ich kenne mich ein bisserl mit seiner Problematik aus und vielleicht kann man in dem einen oder anderen Bereich helfen, aber marschieren muss er dann selber. Ich glaube, dass einer, der so talentiert ist wie der Schlieri und schon so viel gewonnen hat - wenn der weiter an sich glaubt und kämpft, dann wird er irgendwann den Weg zurück wieder schaffen. Ich würde es ihm sehr gönnen.

Frage: Auf dem Weg zurück befindet sich auch Andreas Kofler nach seiner Autoimmun-Erkrankung. Er bekommt also noch einmal seine Chance.

Felder: Ja, er hat ja Nationalkader-Status. Er ist voll motiviert. Er möchte für Seefeld noch einmal das Beste aus sich rausholen. Ich weiß, dass er heiß ist drauf.

Frage: Bei der bisher letzten Heim-WM 1999 in der Ramsau haben die Skispringer eine Bronzemedaille im Team geholt. Das wäre vielleicht nicht genug, oder?

Felder: Es ist vielleicht nicht genug, aber auf der anderen Seite muss man die Medaille erst gewinnen. Es hat schon mehrere WM's gegeben, bei denen wir ohne Medaille dagestanden sind. Aber wir werden natürlich versuchen, uns für Seefeld so gut wie möglich vorzubereiten und die Leute sind heiß drauf und freuen sich schon. Das mit dem Druck werden wir auch in den Griff kriegen. Schauen wir einmal, was die Saison bringt.

VIDEO - Gregor Schlierenzauers Weg aus der Krise:

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