"Ich habe das nie, niemals erwartet."
Marcel Hirscher ist seit Sonntag siebenfacher Gesamtweltcup-Sieger. In Kranjska Gora holte der Doppel-Olympiasieger mit dem Sieg im Slalom, seinem 12. Triumph in dieser Saison, seine siebente große Kugel in Folge und nach Kristall im RTL auch noch jenes im Slalom - und das alles trotz Knöchelbruch im Sommer.
"Ich glaube einfach, dass ich wirklich gezwungen worden bin. Ich hatte 5.000 Tore Minimum Rückstand zu Saisonbeginn. Da habe ich mich richtig verbissen und reingeklemmt: Jetzt erst recht! Ich wusste, wenn ich jetzt nicht Gas gebe, dann bin ich weg. Dann habe ich den Anschluss verloren, dann ist das eine Saison ... ein Nuller", erklärt Hirscher.
Im Interview spricht der 29-Jährige außerdem über den "besten Hirscher aller Zeiten" und "verrückte" sieben Jahre:
Frage: Sie haben gerade zum siebenten Mal den Gesamtweltcup gewonnen. Wie fühlen Sie sich?
Hirscher: Wirklich, wirklich müde. In den vergangenen zwei Tagen habe ich sehr viel Druck aufgeladen bekommen. Auch für mich mit viel Erfahrung ist es definitiv nicht leicht, damit umzugehen. Es waren schwierige Rennen, der zweite Lauf gestern und der zweite Lauf heute waren wirklich hart. Es ist immer schwierig, hier Zeit rauszuholen, aber ich habe es geschafft, beide Rennen zu gewinnen. Ich habe das nie, niemals erwartet, dass ich dieses Jahr wieder den Gesamtweltcup gewinne. Aber er ist hier, es ist wahr geworden, es ist so großartig.
Frage: Annemarie Moser-Pröll gewann sechsmal den Gesamtweltcup. Sie sind nun der Einzige bei Damen und Herren mit sieben Erfolgen. Haben Sie das schon realisiert, wie groß das ist?
Hirscher: Das braucht sicherlich mehr als ein oder zwei Jahre. Ich denke in zehn Jahren, wenn ich etwas mehr Distanz zum aktiven Skifahrersein habe, werde ich imstande sein, zu realisieren, wie verrückt diese sieben Jahre waren.
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Frage: Sie haben gerade Geschichte geschrieben und wirken so ruhig.
Hirscher: Vielen, die schon länger dabei sind, wird das schon bewusst sein, was da heißt. Aber ich habe jetzt gerade mein Bestmögliches gegeben. Und das Resultat, was jetzt rausgekommen ist, ist natürlich abartig. Aber ich bin so in der Routine drinnen. Ich wickle mein 'to do' ab. Mein Tag ist erst vorbei, wenn ich daheim die Haustüre aufsperre. Morgen kann ich mich richtig freuen. Aber jetzt bin ich so in einem Rennmodus drinnen: du musst dich hinpushen, hindrillen, motivieren und alles rauskitzeln, Konzentration aufrechterhalten. Da kann man Emotion nicht zur Gänze zulassen, sonst könnte ich zu euch keinen geraden Satz mehr sagen. Ich versuche gerade, professionell zu bleiben.
Frage: Sind Sie auch der Meinung, wie es die Trainer sagen, dass Sie der beste Marcel aller Zeiten sind?
Hirscher: Ich habe mehr Jahre zur Entwicklung Zeit. Irgendwann wird es dann rückgängig werden im Spitzensport. Aber ich glaube grundsätzlich, dass wir Menschen allgemein besser werden, mit jedem Lebensjahr.
Frage: Und wie ging das in dieser Saison nach dem Knöchelbruch im August?
Hirscher: Ich glaube einfach, dass ich wirklich gezwungen worden bin. Wie früher als ich 18 Jahre war und im Weltcup in die Mannschaft reingekommen bin und mich in jedem Training beweisen habe müssen. Das war heuer genauso, ich hatte 5.000 Tore Minimum Rückstand zu Saisonbeginn. Ich habe mich dann in jedem Lauf, in jeder Kurve, in jedem Freifahren pushen müssen, um möglichst schnell wieder den Anschluss zu finden. Das war eine neue Situation für mich. Da habe ich mich richtig verbissen und reingeklemmt: jetzt erst recht! Ich wusste, wenn ich jetzt nicht Gas gebe, dann bin ich weg. Dann habe ich den Anschluss verloren, dann ist das eine Saison ... ein Nuller.