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Vonns Vermächtnis: "Mehr als nur das Skifahren"

Emotionaler Brief: Lindsey Vonn über Rücktritt, Rekord und Zukunft.

Vonns Vermächtnis: Foto: © GEPA

Während sich die Ski-Stars beim Weltcup-Auftakt in Sölden ein Stelldichein geben, fehlt eine: Lindsey Vonn.

An das Gefühl ihrer Abwesenheit wird sich der Ski-Zirkus gewöhnen müssen. Die 34-Jährige verkündete kürzlich ihren Rücktritt nach dem Ende dieser Saison

"Meinen Rücktritt bekanntzugeben war das schwierigste, was ich je tun musste“, gibt Vonn nun in einem offenen Brief für das Magazin „Sports illustrated“ zu. „Es laut auszusprechen, macht es real.“

Dass sie das Ende ihrer Karriere in einer amerikanischen TV-Show bekanntgibt, sei so nicht geplant gewesen. „Als ich gefragt wurde, wie lange ich noch fahre, ist es einfach so aus mir herausgebrochen“, schreibt Vonn.

"So kann es mit dem Stenmark-Rekord funktionieren"

Die US-Amerikanerin ist aktuell die an Siegen erfolgreichste Skirennläuferin aller Zeiten. Vonn hält bei 82 Weltcupsiegen, nur noch vier weitere fehlen auf den Allzeitrekord von Ingemar Stenmark. Diesen einzustellen oder zu brechen, ist in ihrem letzten Weltcup-Winter das große noch verbliebene Ziel Vonns.

Auch ihr Vorhaben, einmal ein Rennen gegen Männer zu bestreiten, hat sie noch nicht abgeschrieben. „Ich werde weiterhin hart arbeiten, um beides zu erreichen. Ich habe noch eine Saison übrig, in der ich alles bewusst wahrnehmen und genießen werde, aber ich werde auch mit gleicher Intensität und Konzentration fahren, wie ich es bisher getan habe.“

Rainer Salzgeber, Rennchef ihrer Skimarke Head, glaubt, dass Vonn mit der frühen Rücktrittserklärung "All in" gegangen ist. "Jetzt gibt es nur noch alles oder nichts", sagt der Vorarlberger in Sölden.

Mit diesem Schritt müsse Vonn nun nicht mehr Frage und Antwort stehen, wie lange sie noch fahre. "So kann es funktionieren mit dem Rekord. Sie weiß ja, dass sie älter und normalerweise nicht fitter wird. Für sie war das der Schritt, um für sich persönlich Luft rauszunehmen. Sie weiß jetzt, egal was passiert, im März ist es vorbei."

Als Vonn das Siegen lernte

Ihr Debüt im Weltcup feierte Vonn am 18. November 2000 beim Slalom in Aspen. Was folgte, war eine große Karriere mit u.a. vier Gesamtweltcup-Siegen, sieben WM- und drei Olympia-Medaillen. 2010 in Vancouver kürte sie sich zur Abfahrts-Olympiasiegerin.

Die Leidenschaft zum Sport, Kampfgeist und eiserner Wille sind die Attribute, die Vonn auszeichnen. Schon von Kindheit an verfolgte sie ihre Ziele eisern. 

Mit 12 Jahren gewann Vonn das international besetzte Rennen „Trofeo Topolino“ in Italien - als erste US-Amerikanerin überhaupt. Ein einschneidendes Erlebnis, wie sie schreibt. „Ich habe gelernt, dass ich mit Druck umgehen und alles erreichen kann, wenn ich es will.“

Trotz Verletzungen: "Ich wollte immer mehr"

Vonn hätte in ihrer ohnehin schon erfolgreichen Karriere wohl noch mehr erreichen können, wäre sie nicht immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen worden. 

Zwei Kreuzbandrisse, Seitenbandverletzungen, mehrere Eingriffen am Meniskus, vier Brüche des Schienbeinkopfes, eine Oberarm-Fraktur inklusive Platte und 18 Schrauben, ein gebrochener Knöchel, gebrochene Finger und mehrere Gehirnerschütterungen. All diese Verletzungen ließen Vonn zweifeln und immer wieder an den Rücktritt denken. So weit kam es aber nie - bis jetzt. 

"Ich wollte immer mehr. Mehr Siege, mehr Speed, mehr Adrenalin, mehr Herausforderung", schreibt Vonn. Jetzt sei aber der Punkt gekommen, an dem sich die Prioritäten verschieben. 

"Ich muss niemandem mehr etwas beweisen"

„Mir ist klar geworden, dass ich über Medaillen, Podeste, Ziele und den Wettbewerb hinausschauen muss. Ich muss akzeptieren, dass ich gut genug bin, auch wenn ich nicht Ski fahre. An diesem Punkt müssen meine Gesundheit und meine Familie an erster Stelle stehen“, so Vonn.

„Unabhängig vom Stenmark-Rekord bin ich stolz darauf, wer ich bin und was ich in meiner Karriere erreicht habe. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Ich bin nicht mehr das nervöse kleine Mädchen, das auf einem Berg steht. Ich bin eine Frau, die bereit für das nächste Kapitel ist. Mein Vermächtnis wird mehr sein als nur das Skifahren, denn es gibt viele Kapitel, die noch geschrieben werden können.“

Jetzt sei es an der Zeit herauszufinden, wie die Zukunft ohne professionelles Skifahren aussehen wird.

„Ich muss meine Ziele neu definieren, wer ich bin und in welche Richtung ich mein Leben führen möchte. Ich weiß, dass ich die Hartnäckigkeit, den Mut und die harte Arbeit, die ich beim Skifahren gelernt habe, mitnehmen kann, und das wird sich auch in den anderen Aspekten meines Lebens als Erfolg erweisen“, so Vonn.

"Gewinnen ist Vonns Passion"

Bevor sie sich in die Ski-Pension verabschiedet, steht noch ein langer Winter samt WM im Februar auf dem Programm.

Das geplante Vorbereitungs-Training auf europäischen Gletschern hatte Vonn schon vor einiger Zeit wegen der tristen Schneeverhältnisse abgesagt. Vor ihrer letzten Saison legt Vonn nun Anfang November in Colorado los, die ersten Speed-Rennen der Damen finden Ende November in Lake Louise statt.

In ihrem „Wohnzimmer“, wo Vonn schon 18 Siege gefeiert hat, sind die Chancen auf weitere Erfolge wohl mit am größten. Rainer Salzgeber traut seinem Schützling jedenfalls alles zu: „Es ist ihre Passion. Zweite zu werden ist für sie ein Debakel."

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