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"Kitzbühel soll künftig eine ganze Festival-Woche werden"

Die Vermarkter des Ski-Spektakels verraten das Erfolgsgeheimnis von Kitzbühel und wie man damit umgeht, dass der Sport nicht immer im Vordergrund steht.

Foto: © GEPA

Die Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel sind mehr als nur ein Sport-Event. 

Längst ist das Drumherum mindestens genauso populär wie die Rennen auf der Streif. Die Gamsstadt verwandelt sich in der Rennwoche in eine große VIP-Party, Stars und Prominente pilgern von nah und fern nach Kitzbühel. 

"Der Mythos Streif ist natürlich eine Steilvorlage, da mehr daraus zu machen", sagen Mirjam Hummel-Ortner und Philipp Radel. Sie sind die Geschäftsführer der Agentur WWP von Ex-Ski-Star Harti Weirather, die die Hahnenkamm-Rennen vermarktet. 

Im LAOLA1-Interview verraten die Vermarkter das Erfolgsgeheimnis von Kitzbühel, wie die Hahnenkamm-Rennen künftig zu einem einwöchigen Festival werden sollen, wie man damit umgeht, dass der Sport nicht immer im Mittelpunkt steht und was für die Zukunft geplant ist. 

LAOLA1: Ihr macht einen recht entspannten Eindruck. Ist für euch die meiste Arbeit jetzt schon erledigt?

Mirjam Hummel-Ortner: Die meiste Arbeit passiert natürlich über das ganze Jahr hinweg, vor allem die Kreativarbeit. Was das Logistische betrifft, sind die ersten LKWs bei unseren Partnern schon im November losgefahren, seit 1.1. wird aufgebaut, vor allem beim KITZ-RACE-Club ist das einiges an Arbeit. Jetzt in der Rennwoche ist es für uns hauptsächlich noch Koordination. Wir sind schon in diesem Flow drin und müssen nur mehr hier und da ein bisschen justieren. Im Prinzip fangen wir jetzt schon an, uns Gedanken darüber zu machen, was wir 2025 anders oder besser machen können. Ab Montag wird dann alles aufgearbeitet und damit beginnt schon die Arbeit für das nächste Jahr. Also es ist quasi ein Ganzjahres-Job.

LAOLA1 erhaschte Anfang der Woche einen Blick in den KITZ-RACE-Club - mittlerweile ist alles bereit für die VIPs
Foto: © LAOLA1/Kulovits

LAOLA1: Wie viele Leute arbeiten ein ganzes Jahr daran, dass Kitzbühel letztlich zu dem Spektakel wird, das es ist.

Philipp Radel: Das Kern-Team besteht aus rund zehn Mitarbeitern. Insgesamt haben wir 90 Fixangestellte vor Ort, dazu kommen noch Freelancer, plus 35 Leute auf der Piste, die für die Werbemittelumsetzung zuständig sind, damit alle Sponsoren perfekt ins Licht gerückt werden. Uns ist auch wichtig, dass zwischen den Teams ein Know-how-Transfer besteht. Also das Hahnenkamm-Team arbeitet im Sommer zum Beispiel an Projekten mit Porsche in Le Mans oder der Formel 1. Wir wollen uns immer weiterentwickeln, jedes Jahr wieder was Neues kreieren.

LAOLA1: Was plant ihr für Kitzbühel in der Zukunft?

Radel: Wir haben ja im letzten Jahr mit Beyond Kitz begonnen. Heuer gibt es den Beyond Kitz Club. Das ist ein Pop-up-Club, eine Garagenparty sozusagen, vor allem für die Jungen ab 18 Jahren. Es ist megamäßig inszeniert mit super DJ‘s und Licht-Installationen. Der Eintritt kostet 36 Euro, es ist also was für Jedermann. Kitzbühel wird ja immer vorgeworfen, das ist nur für Reich und Schön – ist es aber nicht. Der Beyond Kitz Club hat schon ab Donnerstag geöffnet, womit wir wiederum das Programm erweitern. In diese Richtung soll es auch in Zukunft gehen: Wir wollen künftig eine ganze Festival-Woche machen, sodass sich die Hahnenkamm-Rennen wirklich über die ganze Woche erstrecken. Unser Claim ist ja "We love the game, we change the game" und das treibt uns an.

LAOLA1: Stichwort Festival-Woche: Was schwebt euch da genau für die ganze Woche an Programm vor?

Radel: Wir wollen das Programm Schritt für Schritt erweitern. Wir spielen zum Beispiel mit der Idee, eine Art Kongress zu veranstalten, eine Plattform für hochwertige Diskussionen.

Hummel-Ortner: Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch Kitz Insight, wo Gästegruppen mit Legenden wie Didier Cuche zum Beispiel an den Trainingstagen Skifahren gehen. Wenn du dir auf der Parallel-Streif die neuralgischen Stellen anschauen kannst, ist das für Ski-Interessierte schon eine einmalige Nähe zum Sport. Wenn man sich das im Hinblick auf die Zielgruppen durchdenkt, bieten sich da ganz viele Möglichkeiten über die ganze Woche hinweg.

Radel: Diese Rennen haben einfach eine Kraft und Energie, die man auf viele unterschiedliche Weisen nutzen kann. Wir als Vermarkter haben mit dem Kitzbüheler Skiclub und dem ÖSV super Partner, das ist die beste Grundlage. Der Mythos Streif ist natürlich eine Steilvorlage, da mehr daraus zu machen.

"Kitzbühel irgendwo noch ein zweites Mal künstlich nachzubauen ist schwierig. Warum? Weil du in Kitzbühel ganz viele Grundzutaten hast, die in sich hochwertig sind und super zusammenspielen. Wenn du es auf dem Reißbrett zeichnen würdest, würdest du es wahrscheinlich genau so zeichnen."

Mirjam Hummel-Ortner über das Erfolgsgeheimnis von Kitzbühel

LAOLA1: Gibt es deswegen auch kein zweites Kitzbühel? Wenn es so einfach wäre, könnte man das ja an anderen Weltcup-Orten quasi reproduzieren.

Hummel-Ortner: Kitzbühel irgendwo noch ein zweites Mal künstlich nachzubauen ist schwierig. Warum? Weil du in Kitzbühel ganz viele Grundzutaten hast, die in sich hochwertig sind und super zusammenspielen. Es gibt eine optimale Infrastruktur, eine 4-5-Sterne-Hotellerie, eine Top-Gastronomie. Das Zielgelände ist in Fußweite zur Innenstadt, der Bahnhof ist nur wenige Minuten entfernt, die Nähe zum Flughafen - das ist ideal. Dazu die Berge rundherum, da geht dir das Herz auf. Wenn du es auf dem Reißbrett zeichnen würdest, würdest du es wahrscheinlich genau so zeichnen. Also da sind ganz, ganz viele Dinge schon gegeben. Das ist es, was es so attraktiv und einmalig macht. Und das Wichtigste: Du hast die spektakulärste Abfahrt, die es gibt. Für die Rennläufer hat ein Sieg auf der Streif die Wertigkeit von einem WM-Titel oder sogar Olympia-Gold. Diese Hochwertigkeit des Sports ist für uns das ganz zentrale Element in allem, was wir machen und auch was unsere Partner und Kunden machen. Alles, was wir hier drumherum bauen, dient eigentlich nur dazu, sich vor dieser wahnsinnigen sportlichen Leistung zu verneigen und ihr die Bühne zu geben, die sie auch verdient.

LAOLA1: Als im vergangenen Jahr Florian Schieder mit Startnummer 43 aufs Podest fuhr, war die VIP-Tribüne beinahe schon wieder komplett leer. Solche Bilder erwecken nicht unbedingt den Eindruck, als würde der Sport im Mittelpunkt stehen.

Hummel-Ortner: Der Eindruck ist natürlich nicht gut, das stimmt, weil es genau dem nicht Rechnung trägt, was wir gerade angesprochen haben. Für uns sind die Athleten das absolute Zentrum. Ohne Athleten gibt es den Sport nicht, gibt es uns nicht. Deswegen ist es bei allem, was wir tun, unser Bestreben, das auch immer wieder bewusst zu machen. Deshalb dreht sich am Samstagabend bei der KITZ-RACE-Party auch alles um die Sieger, den Helden-Epos. Die Athleten sollen in einem besonderen Rahmen die Wertschätzung bekommen, die sie verdient haben.

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LAOLA1: Corona-Krise, Klimawandel, Inflation – Interessieren sich die Leute noch für den Skisport?

Radel: Ja! Man darf die positiven Emotionen des Sports nicht unterschätzen. Wir dürfen das alles transportieren und den Marken anbieten, damit sie sich inszenieren. Natürlich sind wir alle angehalten und aufgefordert, möglichst gescheit und ressourcensparend zu arbeiten, das tun wir. Wir werden jetzt mit dem Skisport nicht die Welt retten, sondern wir sind eine Unterhaltungs-Show und das gehört auch zum Leben dazu. Wir sind Menschen, die diese Gegenrealität – also einfach mal komplett aus dem Alltag rauskommen und sich unterhalten lassen – brauchen. Und das fasziniert uns am Skisport.

LAOLA1: Einer Studie zufolge interessiert sich die Jugend immer weniger für den Skirennsport. Ihr habt deshalb im vergangenen Jahr Beyond Kitz ins Leben gerufen. Hat es etwas gebracht?

Kitzbühel buhlt um die Gunst der jungen Fans >>>

Hummel-Ortner: Ja, sehr viel. Nicht nur Beyond Kitz, wir haben auch einen eigenen TikTok-Kanal aufgebaut, mit dem wir genau die Tonalität getroffen haben. TikTok ist generell ein großes Thema. Letztes Jahr hatte das Posting von Khaby Lame gemeinsam mit Aleksander Aamodt Kilde eine Reichweite von 76 Millionen. Dabei wird der Hashtag Hahnenkamm-Rennen und auch der Skisport im allgemeinen natürlich in eine Breite transportiert, die er sonst nicht hätte. Es ist ein anderer Weg, das Thema inhaltlich an eine hochspannende, zukünftige Zielgruppe zu transportieren, die man einfach nicht außer Acht lassen kann, weil sie sich vielleicht eh nicht dafür interessieren. Man muss es nur anders aufbereiten.

Radel: Da versuchen wir mit unseren Partnern auch sehr aktiv daran zu arbeiten, um diese junge Zielgruppe zu erreichen. Red Bull zum Beispiel hat sich heuer wieder was Megamäßiges einfallen lassen, um die Marke Hahnenkamm-Rennen möglichst breit und bunt und von verschiedenen Facetten aus darzustellen. Wir wollen eine Brücke bauen zwischen den Jungen und Alten, denn uns ist auch bewusst: Die Kohle haben die älteren Semester. Unser Ziel ist es, dass sich bei uns alle gut aufgehoben fühlen.  

Philipp Radel und Mirjam Hummel-Ortner mit ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober
Foto: © GEPA

LAOLA1: In Kitzbühel ist rund um die Rennen an allen Ecken und Enden viel los. Was war das Kurioseste, das ihr bisher erlebt habt – und ausplaudern dürft?

Hummel-Ortner: Bei einer KITZ-RACE-Party vor einigen Jahren ist zu sehr, sehr später Stunde ein Partygast auf die Idee gekommen, mit dem Auto bis vor die Türe zu fahren. Er war wohl der Meinung, der Platz zwischen dem Race Club und der Tribüne ist ein Parkplatz. Er hat sein Auto beinhart direkt vor der Tür abgestellt und ist reinmarschiert.

Radel: Auf einmal steht da ein Auto vor der Tür, das haben wir noch nie gehabt. Wer macht sowas und wie kriegen wir das Auto wieder weg? Wir haben es dann zugedeckt, in bester Christo-Manier. Das war wirklich kurios.

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