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ÖSV-Abfahrer im Umbruch: Die Speed-Helden der Zukunft

Ein Jahr vor der Heim-WM stehen die ÖSV-Männer in der "Königsdisziplin" wenig herrschaftlich da. Das sind die möglichen ÖSV-Abfahrer der Zukunft:

ÖSV-Abfahrer im Umbruch: Die Speed-Helden der Zukunft Foto: © GEPA

Die Zeiten von rot-weiß-roten Mehrfachsiegen in den Speed-Disziplinen sind längst Schnee von gestern.

Österreich, die Abfahrts-Nation – das war einmal.

Ein Jahr vor der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm stehen die ÖSV-Männer in der "Königsdisziplin" wenig herrschaftlich da.

Das vermeintlich starke Geschlecht fährt den rot-weiß-roten Frauen (1 Abfahrts-Sieg, 5 weitere Podestplätze ) und der internationalen Konkurrenz hinterher. Von bisher insgesamt neun Saison-Abfahrten konnten die ÖSV-Männer keine einzige gewinnen, ein zweiter Platz von Vincent Kriechmayr ist die magere Ausbeute.

Das Problem ist längst bekannt

Dass in Blickrichtung Heim-WM Handlungsbedarf besteht, hat Pfeifer schon bei seinem Amtsantritt als Cheftrainer im Frühjahr 2022 erkannt.

"Da muss unbedingt was nachkommen. Ich möchte bei der WM mit einer Top-Speedmannschaft an den Start gehen, nicht nur mit ein, zwei", sagte Pfeifer vor zwei Jahren.

Dass entgegen dem Wunsch des Cheftrainers seither kaum "was nachgekommen" ist, beweist eine Aussage vor wenigen Wochen.

"Wir haben eine veraltete Abfahrtsmannschaft, die uns noch am Leben erhält. Wir müssen schauen, dass wir da wieder etwas aufbauen", erklärte Pfeifer Ende Februar in Kvitfjell.

Im Weltcup eingesetzte ÖSV-Läufer 2023/24:

Athlet Rennen Beste Platzierung
Vincent Kriechmayr 8 2.
Stefan Babinsky 8 4.
Otmar Striedinger 8 8.
Daniel Danklmaier 8 14.
Daniel Hemetsberger * 6 19.
Raphael Haaser 5 14.
Christopher Neumayer ** 4 12.
Marco Schwarz * 3 9.
Johannes Strolz 3 38.
Stefan Rieser 2 43.
Christoph Krenn * 2 41.
Felix Hacker 1 43.
Stefan Eichberger 1 41.
Andreas Ploier 1 51.

* Saison vorzeitig verletzt beendet; ** Karriereende

 

Müsste der Cheftrainer jetzt ein WM-Team nomieren, er hätte eher die Qual als die Wahl. 

Ein (in der Abfahrt) außer Form fahrender Vincent Kriechmayr, dazu die verletzten Marco Schwarz und Daniel Hemetsberger, dann wird es langsam dünn, was die Topleute betrifft.

Arrivierte Athleten wie Otmar Striedinger oder Daniel Danklmaier nach seinem Kreuzbandriss im April 2022 sind nicht in die Bresche gesprungen.

"Bei den Arrivierten schaut es einmal so aus, als würde die Reise nach hinten gehen. Da muss man dann schon ernster werden, auch wenn wir nicht viele da haben. Da werde ich mir was überlegen, weil es kann nicht sein, dass man jenseits der 30 fährt", sprach Pfeifer zuletzt Klartext. Ein Umbruch ist unausweichlich. 

Ein Lichtblick dieses Winters ist Stefan Babinsky, der 27-Jährige hat die beste Saison seiner Karriere abgeliefert. In Kitzbühel verpasste er als Vierter sein erstes Abfahrts-Podest nur knapp.

Wer sind die ÖSV-Abfahrer der Zukunft?

In der Gruppe derjenigen, die Mitte 20 oder knapp älter sind, gibt es prinzipiell einige Athleten, die mittelfristig den Kern der Speed-Mannschaft bilden könnten, wenn die "Ü30er" wie Kriechmayr, Striedinger, Hemetsberger oder Danklmaier einmal abgetreten sind.

Neben Schwarz (28) und Babinsky (27) verfügt der derzeit ebenfalls verletzte Christoph Krenn (29) mit über die meiste Weltcup-Erfahrung. Pfeifer sieht auch Raphael Haaser (26), Andreas Ploier (26), Stefan Rieser (25), Manuel Traninger (25), Felix Hacker (24) oder Stefan Eichberger (23) als "Hoffnungsträger".

Gravierend jünger ist von den potenziellen Speed-Helden der Zukunft nur Vincent Wieser mit 21.

Das sind die ÖSV-Hoffnungsträger in der Abfahrt

Dass die eben genannten Hoffnungsträger bis zur WM in knapp elf Monaten "zünden", darf nicht erwartet werden. 

"Wir können jetzt nicht zaubern und innerhalb von einem Jahr einen Nachwuchsläufer ausgraben. Das ist Fakt", stellt Cheftrainer Pfeifer klar.

Zu viele Verletzungen, zu wenig Weltcup-Erfahrung

Gerade in den Speed-Disziplinen spielt die Erfahrung eine entscheidende Rolle.

Dass Athleten wie Marco Schwarz gleich in den ersten Saisonen auf den langen Latten im Weltcup ganz vorne mitfahren können, ist nicht die Regel.

Was den Zukunftshoffnungen - mit wenigen Ausnahmen - fehlt, sind mehrere verletzungsfreie Jahre mit einem fixen Startplatz, um die Abfahrtsstrecken im Weltcup kennenzulernen. "Wir brauchen Abfahrtskilometer, dass wir da besser werden", merkt Pfeifer an.

Athleten wie Rieser pendeln zwischen Europacup und Weltcup hin und her, viele bestreiten auf höchster Ebene nur die Abfahrts-Trainings und versuchen sich über den Europacup einen Fixplatz im Weltcup herauszufahren.

Das "Auf und Ab" zwischen Europacup und Weltcup war ein Mitgrund dafür, dass Christopher Neumayr im Jänner in Kitzbühel mit 31 Jahren seine Karriere beendete – unmittelbar nachdem er auf der Streif sein bestes Weltcup-Ergebnis bejubelt hat.

"Natürlich wollen sie unbedingt im Weltcup fahren, aber wir müssen langfristig denken. Sie müssen sich das im Europacup schon auch erarbeiten. Vorher fahre ich nur mit weniger Leuten, als mit Leuten, die das Level nicht haben", stellt Pfeifer einen gewissen Qualitätsanspruch.

Die Abfahrer müssen bessere Riesentorläufer werden

Apropos Qualität: Der Cheftrainer sieht skitechnische Defizite bei den ÖSV-Abfahrern als einen der Hauptgründe für die Durststrecke im Weltcup.

"Die neue Abfahrts-Generation fährt einen brutalen Riesentorlauf-Schwung, die machen in den Kurven richtig Tempo", verweist der Kärntner auf Marco Odermatt oder Cyprien Sarrazin, aber auch auf Marco Schwarz. "Da sind wir schon gefordert, dass wir den Riesentorlauf bei den Abfahrern auf ein höheres Level bringen."

Ein schneller (Um-)Schwung in der schnellsten Disziplin ist auch deshalb nicht zu erwarten.

"Wir können nicht von heute auf morgen das Skifahren neu erfinden", sagt Pfeifer. Bis zur WM wohl auch nicht mehr...

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