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Bernd Freimüller erklärt das Olympia-Turnier

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller über das NHL-freie Olympia-Eishockey-Turnier:

Bernd Freimüller erklärt das Olympia-Turnier Foto: © GEPA

Die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang müssen ohne NHL-Stars auskommen, die das Eishockey-Turnier bereichern.

Wird es ein Schaulaufen der besten Ligen in Europa - oder doch ein Langweiler?

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller nimmt das Olympia-Turnier, das in Gangneung und Kwandong ausgetragen wird, unter die Lupe. Der Wiener erklärt den Modus, stellt die Kader vor und beantwortet auch die Frage, warum die großen Stars beim Event in Südkorea nur zuschauen dürfen.

Wieso sind keine NHLer dabei?

Die Klub-Besitzer wollten ihre Spieler nicht mehr freistellen, für sie war der Werbe-Effekt eines "best-on-best"-Turniers nicht so wichtig, als dass die beste Liga der Welt wieder eine Pause und damit einen komprimierten Spielplan hingenommen hätte.

Die Spielergewerkschaft lehnte auch ein spätes Angebot zur Olympia-Teilnahme ab, sie wollte im Gegenzug den 2020 auslaufenden CBA (=Gesamtarbeitsvertrag der NHL) nicht vorzeitig verlängern. Aussagen von Cracks wie Alexander Ovechkin, der trotzdem nach Südkorea fliegen wollte, erwiesen sich schließlich als heiße Luft. NHLer, aber auch AHLer oder in Europa spielende Cracks unter NHL-Vertrag sind in Pyeongchang nicht zugelassen.

Das Format und die Regeln

Drei Gruppen mit vier Teams, die Gruppen-Sieger sowie der beste Gruppen-Zweite sind bereits für das Viertelfinale qualifiziert. Der Rest spielt in K.o.-Spielen die restlichen Viertelfinal-Plätze aus. Danach geht es ganz normal mit Semifinale und Finale (jeweils ein Spiel) weiter.

Pro Team können 25 Spieler gemeldet werden, 22 davon am Spielbericht. Neu ist erstmals bei einem IIHF-Turnier: Zusätzlich zu den üblichen Video Reviews ist pro Spiel ein "Coach's Challenge" für jedes Team zugelassen. Hier können eventuelle Abseits bzw. Torhüter-Behinderungen angesehen werden. Sollte sich die ursprüngliche Abseits-Entscheidung als richtig erwiesen haben, kassiert das reklamierende Team eine Zwei-Minuten-Strafe! Bei der Torhüter-Behinderung verliert die Mannschaft nur sein Timeout...

Die nordamerikanischen Teams

Ohne NHLer setzen sich die Teams aus Kanada und den USA vor allem aus in Europa spielenden Cracks zusammen, da gibt es ja Auswahl genug. Beide Teams testeten bei einigen Turnieren, vom Deutschland- bis zum Spengler-Cup.

Für Leute wie mich, die viel in Europa unterwegs sind, gibt es hier natürlich fast nur bekannte Namen: Team Kanada setzt – dem Lauf der Zeit gemäß – auf ein kleineres, aber mobiles Team, vor allem in der Defensive sind Puckträger und -mover gefragt.

Chay Genoway, Mat Robinson und Chris Lee waren mangels Körpergröße der Erfolg in Übersee versagt, in der KHL sind sie aber sehr gefragte Leute. Vor allem Lee hatte kaum Meriten in Übersee, spielt aber schon seit acht Jahren in Europa und sieht in seiner vielleicht letzten Saison mit 37 Jahren noch einem Karriere-Höhepunkt entgegen. Eine gute WM mit Kanada im letzten Frühjahr brachte ihm nur ein Zwei-Weg-Angebot der Los Angeles Kings ein, sodass er heuer wieder in Magnitogorsk spielt. Der schussgewaltige Maxim Noreau (SC Bern) wird vor allem im Powerplay gefragt sein.

Auch in der Offensive waren Skills gefragt, einzig Rob Klinkhammer würde ich als Brecher einstufen. Linden Vey wechselte nach einer Super-Saison mit Astana erst vor kurzem nach Zürich, er gehört sicher zu den Spielern, die sich für einen Vertrag in Nordamerika in die Auslage stellen wollen. Neben den Spielern aus der KHL, NL und SHL sind auch drei "reine" AHLer dabei: Defender Cody Goloubef und die Forwards Christian Thomas und Kapitän Chris Kelly.

Im Betreuerstab mit dabei: Der 70-jährige Dave King, der das europäische Eishockey seit Jahrzenten kennt. Ich nehme an, auch seine Anschauung hat sich über die Jahre gewandelt. Denn wie sagte einst ein NHL-GM: "Dave Kings Traum von einem perfekten Spiel? Ein 0:0 ohne Torchancen."

Im Vergleich zum Team Kanada setzt sich das US-Team aus mehr Ligen zusammen. Goalie Brandon Maxwell hat sich etwa nach einem schwächeren Start in der tschechischen Extraliga festgespielt, Chad Kolarik ist ein Offensivbringer in Mannheim, Noah Welch ein solider Defender in Växjö, James Wisniewski schaffte es mit 33 sogar aus der DEL2 nach Südkorea.

Dazu kommen noch einige AHLer (Chris Bourque und John McCarthy) und College-Cracks (Will Borgen, Ryan Donata, Jordan Greenway). Der 39-jährige Kapitän Brian Gionta hat heuer überhaupt kein Klubteam, hielt sich in seiner Heimatstadt Rochester fit.

Einer meiner Lieblingsspieler: Goalie Ryan Zapolski, der es als reiner ECHL-Spieler über die finnische "Liiga" bis in die KHL und jetzt zu Olympia schaffte. Apropos Goalies: Wird Dave Leggio bei einem Breakaway wieder sein Tor aus den Angel heben? In der AHL und DEL führte sein patentierter Move zu Regeländerungen, im IIHF-Regelbuch ist dafür weiter nur ein Penalty Shot vorgesehen.


VIDEO - Dave Leggios "Signature Move":

(Text wird unterhalb fortgesetzt)


"Olympic Athletes from Russia"

So lautet der nach Doping-Skandalen blumige Name für die russischen Athleten bei Olympia, auch im Eishockey fielen kurz vor dem Turnier noch einige Namen aus nicht offiziellen Gründen aus dem Kader. Doch dieser liest sich trotzdem imposant, setzt sich fast nur aus Spielern der Top-KHL-Teams St. Petersburg und CSKA Moskau zusammen. Zu den drei "blockfremden" Cracks gehört aber Sergey Mozyakin aus Magnitogorsk, seit Jahren der Punktgarant in der KHL.

Mit Ilya Kovalchuk und Pavel Datsyuk gibt es zwei ehemalige NHL-Stars zu bewundern, mit Kirill Kaprizov einen zukünftigen – aber wann geht der Wild-Draftpick wirklich rüber? Defender Andrei Zubarev draftete ich damals für Atlanta, er spielte dann auch einige NHL-Spiele, zog aber das einfachere KHL-Geld einem Zwei-Wege-Dasein in Nordamerika vor.

Schon aufgrund der Blockbildung und starken Liga gilt Russland – um das Team beim richtigen Namen zu nennen – als Favorit, aber wie immer bleibt die Frage, ob die Stars ihr eigenes Ego hintanstellen können...

Schweden, Finnland und Tschechien

Alle drei Teams sind mehr oder minder Liga-Auswahlen mit eingestreuten KHL- und NL-Legionären, vor allem Tschechien setzt gleich auf 14 KHL-Cracks.

Martin Erat (Kometa Brno) verfügt hier über fast 900 Spiele an NHL-Erfahrung. Finnland dürfte sich vor allem wieder über das Teamspiel und die Kampfkraft definieren. Die Liiga-Teams müssen in ihren Spielen nächste Woche auf ihre elf Nationalteam-Cracks verzichten, die Ligapause beginnt in Finnland erst am 18. Februar.

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Auch Schweden bedient sich vor allem in der KHL (zwölf Cracks), beide Goalies – Jhonas Enroth (Minsk) und Magnus Hellberg (Kunlun) - könnten sich nach dem Turnier noch verändern, da ihre Teams die Playoffs verpasst haben. Mit Joel Lundqvist – im Sommer noch in der CHL gegen den KAC präsent – führt ein Routinier das Team an.

Slowakei, Schweiz und Deutschland

Beim Team Slovakia kommen überraschend gleich zehn Spieler aus der eigenen Extraliga zum Einsatz, ein Stürmer wie Matus Sukel vom Tabellen-Nachzügler Liptovsky Mikulas muss sich da wie im Traum vorkommen. Talentierte Cracks wie die beiden Nitra-Angreifer Michael Kristof und Matej Paulovic wollen sich bestimmt für ein Auslands-Eengagement ins Schaufenster spielen, für Routiniers wie Tomas Starosta, Tomas Surovy und Ladislav Nagy gilt das eher nicht mehr. Kann das Team mit solchen Cracks aber das Tempo der großen Nationen mitgehen?

Auch Marco Sturm setzte beim deutschen Team auf Routine, bei der komprimierten Vorrunde sah er keine Zeit für Newcomer. Die Frage lautet: Können DEL-Scorer wie Leonhard Pföderl, Patrick Reimer oder Matthias Plachta hier für die nötigen Tore sorgen?

Wie Deutschland präsentiert sich auch die Schweiz als reine Liga-Auswahl, mit der Ausnahme der NHL und vielleicht KHL können es sich die Liga-Stars natürlich auch nirgends finanziell verbessern. Mit Leonardo Genoni, Tobias Stephan und Jonas Hiller verfügt die Schweiz wie Deutschland (Danny aus den Birken, Dennis Endras, Timo Pielmeier) über starke Goalies.

Auf wen schauen die Scouts?

Ich weiß nicht, welche Pro Scouts und GMs die Reise nach Südkorea antreten werden. Aber durch das Ausbleiben der NHLer können sie sich einen guten Einblick über das europäische Eishockey verschaffen und einige ungedraftete Spieler beobachten.

Dazu gehören etwa der flinke Dominik Kahun (Deutschland) oder der sich seit seinen Juniorentagen in Übersee stets steigernde Pius Suter (Schweiz). Ist Artyom Zub, der sich beim Starensemble in St. Petersburg durchgesetzt hat, ein Thema als Tiefenverteidiger? Wird es beim schwedischen Wunderkind Rasmus Dahlin etwas Neues zu sehen geben? Eher nicht, bei ihm geht es nur mehr darum, wer heuer die Lotterie gewinnt und ihn als Nummer eins draften darf.

Aber Olympia ist eine gute Gelegenheit, die eigenen Draftpicks auf europäischem Spitzenniveau zu beobachten. Der 19-jährige Miro Heiskanen (Finnland) gilt als einer der besten Puck-Moving-Defensemen in Europa, Dallas kann sich schon auf ihn freuen. Sein Landsmann Eeli Tolvanen trumpfte heuer für Jokerit Helsinki in der KHL auf, Nashville hofft auf einen potenziellen Goalgetter. Und Minnesota-Vertreter können neben Kaprizov auch Powerforward Greenway gegen starke Konkurrenz beobachten.

Wie ist die EBEL vertreten?

Vor allem natürlich durch das slowenische Team: Luka Gracnar (Salzburg), Miha Verlic (VSV), Mitja Robar (KAC), Luka Vidmar und Ales Music (Fehervar), Ken Ograjensek (Graz) sowie Ziga Pance (Dornbirn).

Kevin Poulin (Kanada/Zagreb) und Stefan Espeland (Norwegen/KAC) spielten noch vor kurzem in unserer Liga. Die EBEL-Cracks sind bis mindestens zu den Qualifikationsspielen am 20. Februar im Einsatz, versäumen daher auch noch ein Spiel nach der Pause. Die Liga selbst pausiert nicht für Olympia, nimmt nur den normalen IIHF-Länderspielbreak wahr, der aber deswegen um eine Woche nach hinten gereiht wurde.

Ebenfalls in Korea dabei: Der in der EBEL agierende US-Head Mark Lemelin...

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