Es ist noch nicht die Eishockey-WM des Lukas Haudum.
Der 27-Jährige zählt eigentlich zu den Leistungsträgern Österreichs, bleibt in Stockholm bisher aber hinter den eigenen Erwartungen.
Nach sechs Spielen hält der Stürmer bei lediglich zwei Assists und einer Plus/Minus-Statistik von -4. Dafür konnte er bei den Siegen über die Slowakei und Slowenien im Penaltyschießen mit seinen sehenswert verwandelten Versuchen glänzen und einen wichtigen Beitrag leisten.
Dennoch ist der Oberösterreicher mit seinen bisherigen Leistungen "gar nicht zufrieden. Ich spiele gerade sicher nicht mein bestes Eishockey, bin selbst mein größter Gegner", spricht Haudum im Gespräch mit LAOLA1 seine Unzufriedenheit offen an.
Der ÖEHV-Teamspieler äußert sich zudem zu seiner ersten Saison bei den Graz99ers, Verletzungen und dem entscheidenden Gruppenspiel um das WM-Viertelfinale gegen Lettland.
LAOLA1: Du bist während der WM-Vorbereitung erst zwei Wochen nach deinen Grazer Teamkollegen zur Nationalmannschaft gestoßen. Was war der Grund dafür?
Lukas Haudum: Ich habe im Playoff-Viertelfinale in Spiel 7 eine Schulterprellung beim linken AC-Gelenk erlitten. Das zieht man etwas mit, da habe ich noch zwei Wochen extra gebraucht.
LAOLA1: Du warst in der abgelaufenen Saison mehrfach von Verletzungen geplagt.
Haudum: Im Sommer habe ich mir im Knöchel das Außenband gerissen, das wurde bis zur Olympia-Qualifikation wieder gut. Im November war die Verletzung an der rechten Schulter, die rausgehüpft ist. Es hat fünf Wochen gedauert, bis ich wieder gespielt habe. Dann war noch eine Kleinigkeit. Es war keine einfache Saison.
LAOLA1: Wie blickst du sonst auf dein erstes Jahr in Graz zurück?
Haudum: Die Veränderung war extrem aufregend. Es herrschte ein Umschwung im Klub, man versucht, das aufzunehmen. Es ist einiges passiert, wir konnten die Halle füllen und wieder eine Euphorie in Graz entfachen. Das Fan-Potenzial ist da. Wir wollen nächste Saison noch einen drauflegen und den Bunker hin und wieder zur Gänze füllen. Dann herrscht eine geile Stimmung. Wir haben schon vieles richtig gemacht, aber natürlich ist es in einer Saison mit einem Neustart schwer, dass alles gleich funktioniert. Es werden gewisse Veränderungen vorgenommen und ich hoffe, dass nächste Saison die Kleinigkeiten passen und wir noch mehr zusammenfinden.
"Von München war das Interesse da, aber sie haben sich für einen anderen Spieler entschieden und somit ist es nie zu Vertragsverhandlungen gekommen."
LAOLA1: Wie viel Potenzial steckt im gesamten Verein?
Haudum: Sehr viel. Es macht etwas aus, wenn du finanziell gut aufgestellt bist. Das bietet mehr Möglichkeiten. Wir haben einen extrem guten Österreicher-Stamm, doch bei den Imports waren teilweise schwierige Charaktere dabei. Es geht darum, ausländische Spieler zu finden, die sich einfügen wollen und bereit sind, mit den Österreichern zu spielen. Es ist nicht einfach, da kommt viel zusammen. Egal ob es der Charakter ist oder ob Spieler, die man holt, an ihre Leistungen an alten Wirkungsstätten anschließen können. Es liegt an einer guten Organisation, dass Spieler sogar noch besser gemacht werden, als sie es bereits sind.
LAOLA1: Du hättest im vergangenen Sommer auch die Möglichkeit gehabt, nach Deutschland zu Red Bull München zu gehen.
Haudum: Von München war das Interesse da, aber sie haben sich für einen anderen Spieler entschieden und somit ist es nie zu Vertragsverhandlungen gekommen. Es war schade, aber es ist auf keinen Fall schade, dass ich nach Graz gegangen bin.
LAOLA1: Was war dann der ausschlaggebende Punkt für Graz?
Haudum: Ich bin hier extrem glücklich, fühle mich rundum sehr wohl. Natürlich sind auch die Zahlen interessant. Darauf schaut man, das erweckt Interesse. Trotzdem waren es auch andere Dinge, die mitspielen. Ich war einer der ersten Spieler, die gewusst haben, in welche Richtung es gehen kann. Der KAC war natürlich ein sehr erfolgreicher Klub, der jedes Jahr um den Titel mitspielen kann. Es war ein gewagter Schritt, aber ich bin überzeugt davon, dass wir nächstes Jahr umso mehr vorne mitspielen können.
LAOLA1: Ich nehme trotzdem an, dass das Ausland in Zukunft nicht völlig tabu sein wird.
Haudum: Ich bin 27 - um jeden Preis will ich nicht ins Ausland, nur weil es das Ausland ist. Unsere Liga wird ebenfalls immer besser, sie ist gut - leider haben wir gegenüber anderen Ligen etwas weniger Aufmerksamkeit. Wichtig ist, dass man spielt, sich wohlfühlt und eine wichtige Rolle hat. Wenn etwas Interessantes kommt, bin ich auf jeden Fall für alles offen. Da ist es egal, um welches Land es geht. Dafür braucht es einerseits aber eine sehr gute Saison in unserer Liga, damit ein Klub aufmerksam werden würde. Und es gehört eben mehr dazu. Es ist ein Unterschied, ob man 20 oder 21 Jahre alt ist. Da habe ich nochmal den Schritt nach Schweden gemacht, obwohl ich in Österreich mehr verdienen hätte können. Das spielt im Laufe der Jahre eine wichtige Rolle und nach dieser Saison fühle ich mich etwas älter als 27 (lacht). Ich hoffe, das wird wieder anders.
"Ich spiele gerade sicher nicht mein bestes Eishockey, bin selbst mein größter Gegner. Jeder Spieler muss einmal durch solche Phasen."
LAOLA1: Mit guten internationalen Leistungen besteht ebenfalls die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen. Liege ich in der Vermutung aber richtig, dass du mit deiner bisherigen Weltmeisterschaft nicht zufrieden bist?
Haudum: Ich bin gar nicht zufrieden. Gegen Frankreich war eine Partie, in der ich präsent war. Ich habe eine höhere Erwartungshaltung an mich selbst. Aber die Schulterprellung - ich bin nicht auf dem Level, auf dem ich davor war. Deshalb muss ich das Spiel umso einfacher halten und kann mich gerade nicht so durchsetzen, wie vorher. Das merke ich auch. Deshalb ist es etwas frustrierend, trotzdem glaube ich, der Mannschaft helfen zu können. Es geht immer besser, die Linie war (gegen Frankreich, Anm.) super - das hat Spaß gemacht.
LAOLA1: Ich stelle mir vor, dass es besonders für den Kopf schwierig ist.
Haudum: Ist es auch, das war gar nicht so leicht. Die ersten drei Partien war ich unzufrieden, habe dumme Entscheidungen getroffen und Strafen genommen, die ich normalerweise nicht nehme. Gegen Frankreich ist das wieder passiert. Ich spiele gerade sicher nicht mein bestes Eishockey, bin selbst mein größter Gegner. Jeder Spieler muss einmal durch solche Phasen. Ich kenne den Weg – ich muss die Dinge einfacher machen und mich damit zufriedengeben.
LAOLA1: Du hast zum Turnierstart mit Brian Lebler und Paul Huber in einer Linie gespielt, in den letzten beiden Partien gegen Frankreich und Slowenien mit Vinzenz Rohrer und Lebler. Aus meiner Sicht habt ihr besser harmoniert.
Haudum: Als Center habe ich sehr viel Verantwortung in der Linie und war einfach nicht gut genug. Deswegen hatte ich keinen großen Einfluss auf meine Flügel. Man kann sagen, es hat nicht so gut harmoniert, aber ich glaube, wenn jeder besser drauf ist, dann harmoniert es in derselben Konstellation gleich besser. Doch es ist nicht unwichtig, wie eine Linie aufgeteilt ist - und international brauchst du alle fünf Spieler. Man muss alles mitbringen, vor allem den eisläuferischen Aspekt. Wir haben etwas hin und her probiert, aber es passt eigentlich immer ganz gut. Da greife ich mich selbst an, wenn meine Linie etwas zu schwach war.

LAOLA1: Im Penaltyschießen war sowohl gegen die Slowakei als auch Slowenien jedoch nur wenig von fehlendem Selbstvertrauen zu bemerken.
Haudum: Das tut dem Selbstvertrauen auch gut. Wir haben noch ein Spiel vor uns, darauf fokussieren wir uns. Wir wissen, wie wir es angehen müssen.
LAOLA1: Bevor wir auf Lettland blicken: Wie schätzt du den Sieg gegen Slowenien ein?
Haudum: Es war nicht so souverän, ehrlich gesagt. Da müssen wir selbstkritisch sein. Wir wollten teilweise zu viel, haben uns mit langen Wechseln in schwierige Situationen gebracht. Wir hatten echt viele Strafen, wieder die hohen Stöcke. Trotzdem haben wir bewiesen, dass wir Ruhe bewahren können und haben den zweiten wichtigen Punkt am Schluss geholt.
LAOLA1: Was war das Schwierige? In gewissen Phasen kamen Erinnerungen an das Großbritannien-Spiel 2024 in Prag auf.
Haudum: Es war diesmal schon besser, aber trotzdem hat man gesehen, dass wir nicht so souverän waren, nicht immer bereit waren, die einfachen Plays zu machen oder die Wechsel kurz zu halten. Und das geht auf dem Niveau nicht.
LAOLA1: Wie erwartet ihr Lettland?
Haudum: Sie sind eine extrem harte Mannschaft, haben viele große Leute im Kader, aber genauso Skills. Wir haben bereits oft genug gegen Lettland verloren. Laut der Geschichte also kein leichter Gegner - das wollen wir einmal ändern.
LAOLA1: Diesmal will man die Chance auf den Viertelfinal-Einzug auch verwerten.
Haudum: Absolut. Wenn wir hinkommen, wieder mit Ruhe und Geduld spielen, nicht zu viel wollen, dann sind wir eine extrem gute Mannschaft und können die Letten genauso schlagen.