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Krueger ist auch wieder im Blickfeld der NHL

Ralph Krueger vollbrachte einst mit der VEU Wunder. Heute spielt er um den World Cup of Hockey.

Krueger ist auch wieder im Blickfeld der NHL

Es war in der Saison 1991/92: Die VEU Feldkirch hatte eine Niederlagenserie hinter sich, Coach Alexander Barinev musste gehen.

Sein Nachfolger: Ralph Krueger.

Eishockeyfans kannten ihn ein bisschen als einen von mehreren Deutsch-Kanadiern aus dem DEB-Team, seine Coachingkarriere beschränkte sich bis dahin aber auf ein Jahr  als Spielertrainer im zweitklassigen Duisburg.

Die Schleier der seit damals vergangen Zeit haben sich darüber gelegt, warum gerade Krueger den Job in Feldkirch bekam, doch was seitdem passierte ist ja hinlänglich bekannt: Er machte aus Feldkirch ein Powerhouse mit fünf Meistertiteln in Folge.

Krönung seiner Arbeit bei der VEU: Der Europacupsieg im Jahre 1998 mit einem 5:3 im Finale gegen Dynamo Moskau.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag (1 Uhr MEZ) trifft er als Coach des Teams Europa im Finale des World Cup of Hockey auf Kanada. Die Nordamerikaner können nach dem 3:1 zum Auftakt mit einem weiteren Sieg die "Best of Three"-Serie entscheiden.

Davor versucht LAOLA1-Scout Bernd Freimüller ein wenig Licht in die Personalie Ralph Krueger zu bringen.

Eishockey-Scout Bernd Freimüller berichtet exklusiv bei LAOLA1

13 Jahre Schweizer Teamchef

Von Feldkirch in die Schweiz war es nicht weit, schon in der Saison 1997/98 übernahm Krueger neben seinem Job in Feldkirch das Nationalteam der Eidgenossen. In den 13 (!) Jahren seiner Amtszeit machte er die Schweiz zu einer etablierten A-Gruppen-Nation, die mit dem Abstieg nie etwas zu tun hatte, in guten Jahren immer für einen Viertelfinalplatz gut war. Doch die Sternstunden seiner Ära sollten die Olympischen Spielen werden:

2006 in Turin: Die Schweiz kegelte Kanada mit einem 2:0-Sieg aus dem Turnier. Dieses Spiel war vielleicht das bestgecoachte seiner Karriere: Die Schweizer hielten sich daran, keinen Shift länger als 40 Sekunden ausfallen zu lassen und konnte so den natürlich weit besser besetzten Gegner stets im Vollbesitz ihrer Kräfte bearbeiten.

Vier Jahre später in Vancouver wurde die Schweiz fast wieder zum Schreckgespenst für den Gastgeber, beim 2:3 mussten sich die Eidgenossen erst im Shootout geschlagen geben.

Kruegers Tätigkeit beim Schweizer Verband war 2010 beendet, der Übergang in die NHL folgte nahtlos: In Edmonton agierte er zwei Saison als Associate Coach, 2012/13 übernahm er das Amt des Head Coaches. Es sollte dies die einzige Saison bleiben – wie zuvor und danach schafften die Oilers die Playoffs nicht. Sein Nachfolger, Dallas Eakins, hatte sich als Assistant Coach für Krueger beworben, überzeugte aber den Braintrust um Kevin Lowe so sehr, dass er den Job als Headcoach bekam. Das Ganze endete im Desaster, Eakins zeigte sich völlig überfordert und es gibt noch genug Leute in Edmonton, die an die Krueger-Zeit als die positivste des letzten Jahrzehnts zurückdenken.


Bei CSKA Moskau gegen Kunlun Red Star fliegen die Fäuste:


Sein Pech in dieser Saison: Aufgrund des Lockouts spielte man in der verkürzten Spielzeit nur gegen die Gegner aus der Western Conference und die ist anerkanntermaßen wesentlich stärker als die aus dem Osten. Wie hoch Krueger in Fachkreisen geschätzt wird, beweist auch, dass ihn Mike Babcock in Sochi als Consultant beschäftigte und auf dem Weg zu Olympia-Gold seine Ratschläge vor allem über das europäische Eishockey über alle Maßen schätzte.

Überraschender Wechsel zum Fußball

Der Sportartwechsel zum Fußball kam überraschend, ist aber bezeichnend dafür, wie gut sich Krueger verkaufen kann: Er hielt schon zu Eishockeyzeiten unzählige Seminare vor Geschäftsleuten und ist jetzt auch Vortragender beim jährlichen World Economic Forum. Dass Southampton in seiner Zeit als Chairman auch stets nach oben trendete, überraschte niemanden.

Natürlich kann Krueger in der Premier League mehr verdienen als irgendwo Coach. Trotzdem glaube ich, dass er über kurz oder lang wieder ins Eishockeybusiness zurückkehrt. Mit der Performance des Team Europa in Toronto hat er sich wieder ins Blickfeld der NHL gebracht, es würde nicht überraschen, wenn über kurz oder lang ein Angebot folgen würde.


Der heute 57-jährige polyglotte Krueger kann mit Nordamerikanern und Europäern gleichermaßen gut umgehen, kennt die Besonderheiten der Spielstile auf beiden Seiten des Atlantiks und kommt mit Leuten, die in der Hierarchie einer Organisation über und unter ihm stehen, gleichermaßen gut aus. Er kann aber auch knallhart auftreten, wenn es darauf ankommt: In der Schweiz sortierte er Lonesome Cowboys wie Marcel Jenni oder Reto von Arx, die ihm als zu wenig teamfähig erschienen, knallhart aus.

Meine persönliche Historie mit Ralph Krueger:

Ich habe ihn zu seinem Amtsantritt in Feldkirch kennengelernt, er hat sich seit damals eigentlich nicht verändert: Stets positiv, klagt nie über Vorgesetzte, Spieler, Schiedsrichter oder mangelndes Spielglück. Stets fokussiert auf seine Aufgabe als Coach. Freundlich, outgoing, selbstbewusst ohne überheblich zu sein. Stets wissbegierig, saugt Informationen auf und gibt selbst gerne welche weiter. Wohl einer der besten Kommunikatoren in der Trainerszene.

Wir sind uns auch nach seinem Abschied aus Österreich immer wieder über den Weg gelaufen, vor allem bei den Weltmeisterschaften, die ich als Scout von Atlanta besucht habe. Er war immer für ein Gespräch zu haben. In Übersee haben wir uns meist bei den Drafts getroffen, als er inoffiziell für die Carolina Hurricanes gearbeitet. Die haben damals (2006) auch seinen Sohn Justin gedraftet. Justin, ein williger, aber nicht übermäßig begabter Defender,  hat es zwar in die NLA und ins deutsche Nationalteam geschafft, für die NHL war er aber nie ein Thema.

Ralph ist ein Mann, mit dem man Gespräche sofort wieder aufnehmen kann, selbst wenn man ihn lange Zeit nicht gesehen hat. Als ich in Wien gearbeitet habe, war er gerade Coach in Edmonton. Als wir damals Lockout-Verteidiger gesucht haben, hat er mir geholfen, Kontakt zu seinen Defendern Jeff Petry und Corey Potter herzustellen, letzterer ist dann auch gekommen. Das Ganze erfolgte so komplikationslos, als ob er den ganzen Tag schon auf meinen Anruf gewartet hätte.


Bernd Freimüller

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