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Seattle Kraken: Das ist der NHL-Debütant

Die 32. Franchise der NHL feiert in der Nacht auf MIttwoch ihre Premiere.

Seattle Kraken: Das ist der NHL-Debütant Foto: © getty

Wenn in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die NHL in ihre neue Saison geht, feiert auch die neueste Franchise der besten Eishockey-Liga der Welt ihre Feuertaufe: Seattle Kraken.

Das Team aus dem US-Bundesstaat Washington vervollständigt die Liga, die mit nun 32 Teams in vier Divisions zu je acht Mannschaften an den Start geht.

Doch wer steckt hinter der Franchise, was kann man vom Team erwarten und wie sieht der Vergleich mit den Vegas Golden Knights aus, die 2017 als Expansion Team starteten? LAOLA1 klärt auf.

Idealer Nährboden für neues Team

Der Nährboden für das neue Team ist ein denkbar guter. Seattle gilt als Stadt, die mit ihren Teams leidenschaftlich mitfiebert. Für die Seattle Sounders aus der Major League Soccer pilgerten im Jahr 2019 durchschnittlich rund 40.000 Zuseher ins Lumen Field, das ehemalige CenturyLink Field. Das sind Zahlen, von denen man hierzulande nur träumen kann.

Lediglich Atlanta United lockte 2019 als amtierender MLS-Cup-Champion mehr Fans zu den Heimspielen. Die Seattle Seahawks aus der National Football League sind für ihren begeisterungsfährigen Anhang bekannt. Der "12th Man" wird vor jedem Heimspiel mit einer Flaggenzeremonie zelebriert.

Die Seattle Mariners aus der Major League Baseball hinken der Sport-Konkurrenz aus der eigenen Stadt ein wenig hinterher. Bei 20 Jahren ohne Playoff-Einzug, der längsten Serie in den vier großen US-Sportarten, aber auch kein großes Wunder.

Für die letzten Spiele um den Playoff-Einzug in der kürzlich beendeten Regular Season lockten die Mariners aber immerhin mehr als 44.000 Zuseher in den T-Mobile Park. Zwar schafften es die als Underdog in die Saison gestarteten Mariners nicht in die Post-Season, der Anhang in der "Emerald City" erwies sich aber einmal mehr als begeisterungsfähig.

Erster Stanley-Cup-Sieger der USA aus Seattle

Eishockey hat in Seattle jedenfalls eine lange Tradition. Aufzeichnungen über die Seattle Metropolitans lassen sich bis ins Jahr 1915 zurückverfolgen. Die Metropolitans konnten 1917 als erstes Team aus den USA den Stanley Cup gewinnen. Vor der Etablierung der NHL wurde Lord Stanleys Schüssel in unterschiedlichsten Bewerben ausgespielt.

Die Metropolitans stellten 1924 den Spielbetrieb ein, ihnen folgten erst 1944 die Seattle Totems, die 30 Jahre in der Western Hockey League ihr Glück versuchten, bevor die Liga 1975 aufgelöst wurde.

Ein Jahr zuvor hätten die Totems aus der WHL in die NHL umsatteln sollen, der Wechsel kam aber aus einer Vielzahl an Gründen letztendlich nicht zustande. Seitdem versuchten unzählige Gruppen aus Seattle ein NHL-Team in die Stadt an der US-Westküste zu lotsen, bis 2018 ohne Erfolg. Im Vorfeld des letztendlich erfolgreichen Versuchs, ein Expansion Team zu erhalten, begann die Stadt mit dem Umbau der Key Arena, ein wichtiger Schritt im Streben nach einem Team.

Unter anderem wegen der veralteten Arena zogen die Seattle SuperSonics aus der NBA im Jahr 2008 nach Oklahoma City. Die modernisierte Halle fasst für Eishockey-Spiele rund 17.000 Zuseher und trägt mittlerweile den Namen "Climate Pledge Arena". Die NBA spitzt ob der neu geschaffenen Rahmenbedingungen auch bereits leise auf eine Rückkehr nach Seattle.

Während das Profi-Eishockey für fast 50 Jahre brach lag, hielt das Junior-Team Seattle Thunderbirds in der unter dem Banner der Canadian Hockey League formierten WHL die Flagge der Stadt hoch.

Das sind die Hintermänner

Trainer Dave Hakstol (links) mit GM Ron Francis (rechts)
Foto: © getty

Der für ein US-Team ungewöhnliche Spitzname Kraken macht für deutschsprechende Personen sofort Sinn. Hinter dem Kraken steckt eine legendäre Figur der nordischen Mythlogie. Diese stellt einen gigantischen Oktopus dar.

Für die Stadt am Puget Sound, der mit dem Pazifik verbunden ist, macht der Name Sinn. Anders als in Las Vegas hat man sich damit eine Namensdiskussion erspart. Schließlich spielen die Golden Knights im "Silver State" Nevada. Der Satz "Release The Kraken" von Liam Neesen im Film Clash of the Titans aus dem Jahr 2010 wird im Bezug auf das neueste NHL-Team mit Sicherheit noch ad nauseam ausgegraben.

Hinter dem neuesten NHL-Team steht eine Gruppe, die sich "Seattle Hockey Partners" nennt. Teil dieser sind unter anderem der als Kraken-CEO fungierende Tod Leiweke, Geschäftsmann David Bonderman (Teilinhaber der Boston Celtics) und Produzent Jerry Bruckheimer, der unter anderem an Filmen wie Top Gun, der "Fluch der Karibik"-Serie und den unzähligen CSI-Fernsehserien federführend beteiligt ist.

Als General Manager des Teams fungiert Ex-NHL-Spieler Ron Francis, der von 2014 für vier Jahre für die Carolina Hurricanes als GM tätig war. Erster Kraken-Head-Coach ist Dave Hakstol. Der 53-Jährige war dreieinhalb Saisonen lang mit moderatem Erfolg Cheftrainer der Philadelphia Flyers, danach Assistent bei den Toronto Maple Leafs.

Der Vergleich als Bürde

Francis bezog seinen Posten im Juli 2019, ab diesem Moment war der Kanadier damit beschäftigt, ein Team auf die Beine zu stellen. Im Mai 2021 unterschrieb mit Center Luke Henman der erste Spieler einen Vertrag mit dem NHL-Neuling.

Zum Vergleich: Der erste Neuzugang der Golden Knights war mit Reid Duke ebenfalls ein Center. Der 25-Jährige hat bis heute keine Sekunde NHL-Eis gesehen. Ein Experiment wie den Russen Vadim Shipachyov hat sich Francis im Vergleich zu George McPhee auch nicht geleistet. Dieser stattete den damals 30-jährigen KHL-Star mit einem Zweijahres-Vertrag und einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 4,5 Millionen Dollar aus.

Der Angreifer absolvierte letztendlich nur drei Spiele, bevor er seine NHL-Karriere beendete, um die Flucht zurück zu SKA St. Petersburg anzutreten. Mittlerweile spielt der Russe bei Dynamo Moskau, von wo aus er die KHL regelrecht dominiert.

Rückblickend was das einer der wenigen Fehler, die McPhee begangen hat. Der heute 63-Jährige hat sich im Expansion Draft 2017 beinahe erpresserischer Methoden bedient und mit diversen Teams erlaubte Nebenabsprachen abgeschlossen, um deren beste Spieler im Gegenzug für Kompensation nicht auszuwählen.

Dennoch schaffte es der Kanadier eine schlagfertige Truppe auf die Beine zu stellen, die etliche Rekorde brach. Waren Expansion Teams, wie es auch in Seattle nun eines gibt, historisch gesehen meist über mehrere Jahre Prügelknaben, waren die Golden Knights von Anfang an konkurrenzfähig.

Diese Erwartungen auch dem Team aus Seattle umhängen zu wollen, wäre unfair. Die Debüt-Saison der Golden Knights war in vielerlei Hinsicht historisch, nicht nur in der NHL. Rückblickend lässt sich festhalten, dass es keine Eintagsfliege war, die sich bis ins Stanley-Cup-Finale kämpfte, Vegas erreichte in jeder der ersten vier Spielzeiten jeweils die Playoffs.

Konservativer Expansion Draft

Den Grundstein dafür legte Vegas im zuvor angesprochenen Expansion Draft, der es neu formierten Teams erlaubt, einen nicht geschützen Spieler pro NHL-Team auszuwählen. Beim Blick auf den Kraken-Expansion-Draft wird man den Eindruck nicht los, dass GM Francis etwas konservativ vorgegangen ist.

Mit Mark Giordano wählte das Team den langjährigen Kapitän der Calgary Flames als Anker für die Defensive. Problem: Der Kanadier ist mittlerweile 38 Jahre alt. Jamie Oleksiak mauserte sich in der Vorsaison in Dallas zu einem Top-4-Verteidiger. Im Angriff sticht neben Jordan Eberle noch Ex-Lightning-Stürmer Yanni Gourde heraus.

Mark Giordano wird der erste Kraken-Captain sein
Foto: © getty

Im Tor wählte das Team aus dem Nordwesten der USA unter anderem Chris Driedger von den Florida Panthers. Vitek Vanecek, von den Capitals ausgewählt, wird kein Spiel für Seattle bestreiten. Der Tscheche wurde eine Woche nach dem Expansion Draft für einen Zweitrunden-Pick zurück nach Washington D.C. geschickt.

Die Nummer eins im Kraken-Tor kam aber als Free Agent nach Seattle: Philipp Grubauer. Der 29-jährige Deutsche bekam einen Sechsjahres-Vertrag mit durchschnittlichen Jahresgehalt von 5,9 Millionen Dollar.

Ob der Rosenheimer ähnliche gute Leistungen wie in Colorado zeigen kann, bleibt abzuwarten. In Denver hatte er wohl die sattelfestere Defensive vor sich. Sechs Jahre gab es auch für Angreifer Jaden Schwartz, der für 5,5 Millionen Dollar Jahresdurchschnittsgehalt aus St. Louis übersiedelte.

Stand jetzt geht Seattle, laut CapFriendly, mit knapp 8,4 Millionen Dollar überschüssigem Cap Space in die Saison. GM Francis hat sich damit eine Basis geschaffen, in der er auch in den kommenden Jahren gestalten kann.

Die oberste Maxime für die heurige Saison kann wohl nur lauten, eine ordentliche Debüt-Saison zu spielen. Der Kader zählt sicherlich nicht zu den schwächsten der NHL, dafür sorgt man vor allem in Buffalo, allzu große Sprünge darf man sich aber nicht erwarten, schon gar nicht die Debüt-Saison der Golden Knights. Ein Playoff-Einzug wäre schon ein großer Erfolg für den NHL-Neuling aus Seattle.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch kann Seattle im Premieren-Spiel (4:00 Uhr MESZ) ausgerechnet gegen die Vegas Golden Knights ein Ausrufezeichen setzen.

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