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Die zahlreichen Probleme der Philadelphia Flyers

Die ehemalige Raffl-Franchise hat einen schweren Stand. Warum das so ist, erklärt LAOLA1-Experte Bernd Freimüller.

Die zahlreichen Probleme der Philadelphia Flyers Foto: © getty

Die Philadelphia Flyers waren immer ein NHL-Team, das sich am Radar der österreichischen Eishockeyfans befand. Grund dafür: Die acht Saisonen von Michael Raffl von 2013 bis 2021.

Wie geht es den Flyers heuer? Kurze Antwort: Gar nicht gut.

Schon die letzte Saison, die Raffl nach einem Playoff-Gastspiel in Washington bei den Dallas Stars verbrachte, verlief desaströs. Ganze 61 Punkte, einzig Seattle, Arizona und Montreal landeten hinter ihnen.

Auch heuer werden die Flyers (zum dritten Mal in Folge) keine Playoffs erleben. Zwar schlugen sie Dienstag die ebenfalls desolaten Columbus Blue Jackets mit 5:3, doch mit 29 Punkten aus 33 Spielen liegen sie an vorletzter Stelle der Eastern Conference.

Die Problemfelder sind gewaltig - und werden vor dem Spiel gegen die Toronto Maple Leafs (Do., ab 20:00 Uhr im LIVE-Stream>>>) von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller erläutert:

Langzeitausfälle

Center Sean Couturier ist mit einer Rückenverletzung seit Saisonbeginn out, kommt frühestens im Februar zurück.

Winger Cam Atkinson laboriert seit dem Camp an einer Nackenverletzung, wird bis Saisonende nicht mehr zurückkommen.

Defender Ryan Ellis wird wegen einer Rückenverletzung aus der letzten Saison heuer auch nicht spielen.

Winger Bobby Brink ist seit Saisonbeginn mit einer Hüftverletzung out, wird aber im Jänner zurückerwartet.

Das sind über 20 Millionen Dollar an Gehältern, die ohne Gegenwart am Eis in der Bilanz stehen. Vor allem Couturier und Atkinson sind Ausfälle, die die Offensive nicht auffangen kann.

Kevin Hayes und John Tortorella

Mit Couturier im Krankenbett wäre Kevin Hayes der logische Einser-Center. Doch nach einem Benching gegen San Jose verbannte ihn Coach John Tortorella zuletzt auch gegen New Jersey auf die Tribüne.  Davor und danach musste er mitunter auf den Flügel und rückte von einer Linie in die andere.

Hayes ist sicher nicht der schnellste Spieler und streut auch immer wieder Turnovers ein, doch ohne ihn werden die Flyers halt auch nicht stärker. Mit 30 Jahren wird sich sein Spiel auch nicht mehr ändern, mehr als eine bestenfalls mühevolle Zusammenarbeit zwischen ihm und Tortorella ist nicht mehr zu erwarten.  

Hayes steht jedenfalls noch bis 2026 unter Vertrag (pro Saison knapp sieben Millionen Dollar) und er verfügt auch über eine No-Trade-Clause, in der er zwölf Teams ausschließen kann.

Tortorella ersetzte im Juni Mike Yeo. Es gibt Spieler, die auf ihn schwören, andere wiederum kommen mit seiner Offenheit überhaupt nicht klar. Der mittlerweile 64-Jährige hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg und das wird er bei seiner vielleicht letzten NHL-Station (er setzte zuletzt auch eine Saison aus) auch nicht mehr ändern. In einer volatilen Lage wie der der Flyers ist er halt auch kein Mann, der die Wogen glätten kann.

Lukas Sedlak

Der 29-jährige Tscheche wäre sicher kein Difference Maker gewesen, aber dass er die Flyers von sich aus verließ, sagt halt auch einiges aus. Nach drei Jahren in der KHL bei Chelyabinsk unterschrieb er im Sommer für ein Jahr bei Colorado. Nach drei Spielen hatte die Avalanche aber keine Verwendung mehr für ihn. Die Flyers holten ihn per Waivers, Tortorella kannte und schätzte ihn noch aus Columbus.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Doch statt bei einem Stanley-Cup-Anwärter bei einem Nachzügler, dazu natürlich in einer weit geringeren Rolle als in der KHL und mit seiner Verlobten zuhause in Tschechien. Sedlak sagte: "Danke, es genügt", sein Vertrag ging per Unconditional Waivers zu Ende und er spielt nun beim tschechischen Spitzenreiter Pardubice.

Tony DeAngelo

Eine der umstrittensten Persönlichkeiten der Liga: Schon in seiner Juniorenzeit mit Problemen wegen angeblicher rassistischer Äußerungen. Danach bei den Rangers mit einigen Aussetzern und nach einer Schlägerei mit Goalie Alex Georgiev gefeuert.

Die Carolina Hurricanes bekamen ihn damit quasi ohne Gegenleistung, nach einer Saison dort unterschrieb er im Sommer bei den Flyers für zwei Jahre und zehn Millionen. Disziplinär fiel er nicht unangenehm auf, wurde aber wie Hayes auch schon gescratcht.

Dass er vor kurzem einige Spiele wegen des Todes seiner Großmutter verpasste, warf ihm keiner vor. Nur: Sein Gesamtpaket muss offensive Beiträge von der blauen Linie umfassen und 14 Punkte in 28 Spielen lesen sich zwar nicht schlecht, machen seine defensiven Unzulänglichkeiten aber auch nicht wett.

Die positiven Aspekte

Mit Noah Cates setzte sich – nach seinen ersten Spielen in der letzten Saison – ein 23-jähriger Center fest, der über große defensive Spielintelligenz verfügt.

Goalie Carter Hart hat sich in der NHL endgültig festgespielt und gibt seinem Team fast immer eine Chance, im Spiel zu bleiben. Fast tragikomisch: Über Jahrzehnte hielt die Goalieposition die Flyers von Triumphen ab, heute ist sie eine der wenigen Konstanten.

Winger Travis Konecny nimmt sich so gut wie keine Spiele frei, gibt alles was er hat und ist hinter Hayes auch der zweitbeste Teamscorer bei mehr Konstanz in allen Zonen. Er und Cates überstanden zuletzt auch den Tortorella-Linienmixer gut und seit heuer gehört Konceny auch zu den Penalty Killern.

Wie geht's für die Flyers weiter?

Eher erklingt die Liberty Bell wieder, als dass man in Philadelphia das Wort "Rebuild" in den Mund nimmt. Doch GM Chuck Fletcher – sein Job ist natürlich auch alles andere als sicher – muss sich vor der Trading Deadline mit Chairman Dave Scott von Besitzer "Comcast" natürlich über eine Vorgangsweise einigen. Tauscht man Leute mit auslaufenden Verträgen wie James van Riemsdyk oder Justin Braun gegen Picks? Versucht man Hayes, DeAngelo oder den lange enttäuschenden Defender Rasmus Ristolainen anzubringen (egal bei welchem Gegenwert)? Oder schiebt man große Änderungen wieder einmal auf die lange Bank?

Bis auf Van Riemsdyk stehen alle Großverdiener (Hayes alleine macht fast neun Prozent der Gesamtgehälter aus) noch über die Saison hinaus unter Vertrag. Augen zu und durch wird nach einer weiteren desolaten Spielzeit nicht funktionieren, doch für größere Transaktionen braucht Fletcher geeignete Tanzpartner in der Liga, die die voluminösen Verträge übernehmen wollen.

Einen kuriosen Rekord halten die Flyers heuer inmitten der Misere: Als einziges Team der Liga haben sie mehr Spiele nach 0:1-Rückständen gewonnen, als nach Führungstreffern…

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