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NHL-Destinationen von Rossi im Check - Teil 1

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller verrät, wo Marco Rossi am besten hinpasst:

NHL-Destinationen von Rossi im Check - Teil 1 Foto: © GEPA

Das Warten hat ein Ende: In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch wird Marco Rossi seine NHL-Destination wissen. Natürlich lehnt sich der 19-jährige Vorarlberger nicht aus dem Fenster, wen er bevorzugen würde, aber eine genauere Untersuchung der Teams mit den Top-10-Picks ergibt doch einige Organisationen, wo er besser hinpassen würde als anderswo.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf acht Teams – wie steht die Organisation derzeit da und wie tief sind sie auf der Center-Position besetzt?

Natürlich könnte Rossi sein NHL-Debüt auch auf dem Flügel feiern (das passiert jungen Spielern oft), aber jede Organisation sucht spielstarke Mittelstürmer und dort wird er den Großteil seiner NHL-Karriere auch verbringen.

Grundsätzlich ziehen die Teams den "Best Player Available" - den besten Spieler ohne Rücksicht auf die Position. So klingen zumindest die Lippenbekenntnisse, nur: Bei den hohen Picks mischt oft auch der GM mit und bei gleichwertigen Spielern entscheiden oft auch Mängel oder Tiefen auf gewissen Positionen.

Nicht gelistet: Die New York Rangers, die so gut wie sicher Alexis Lafreniere ziehen werden. Die Ottawa Senators verfügen gleich über zwei Picks in den ersten zehn Positionen.

Die Parameter: Wie tief sind die Teams centermäßig besetzt? Welche Youngsters warten in der Pipeline? Und ist die Organisation gut geführt oder eher eine Skandalnudel?

So sähe für mich eine eventuelle Wunschliste an Rossis statt aus, von der am wenigsten wünschenswerten Organisation bis zum Maßanzug gereiht.

8. New Jersey Devils (Pick #7)

Allgemeine Situation

Vor zwei Jahren sah die Zukunft noch rosig aus, seit damals ging nicht mehr viel. GM Tom Fitzgerald - löste während der Saison Ray Shero ab - muss den Kader etwas umgestalten, hat dabei aber die Riesenverträge von Travis Zajac (5,75 Mio.), P. K. Subban (9 Mio.) und Goalie Cory Schneider (6 Mio.) am Hals. Der eine oder andere UFA und der richtige Pick beim Draft könnte die Devils wieder zurück in die Playoffs führen.

Die Center Position

Der 21-jährige Schweizer Nico Hischier ist der Top-Linien-Center, im Vergleich zu Amtskollegen bei anderen Teams kann er aber vielleicht nicht ganz mithalten.

Der Nummer-1-Pick des letzten Sommers, Jack Hughes, hatte eine enttäuschende Saison, musste auf den Flügel gehen, könnte aber spätestens wenn der Vertrag von Travis Zajac im nächsten Sommer ausläuft, wieder in die Mitte zurückkehren. Der Tscheche Pavel Zacha hat sich als sehr solider Drittlinien-Center etabliert. Michael McLeod (22) ist der typische Bottom-6-Pivot mit limitiertem Offensivpotential.

Center Prospects

Janne Kuokkanen (22) kam in einem Deal aus Carolina, sein NHL-Potential ist aber fraglich. Sonst gibt es kaum herausragende Center Prospects auf New Jerseys Reserve List.

Ein Fit für Rossi?

Mit Hischier und Hughes verwendeten die Devils zwei Nummer-1-Picks für Center. Hischier ist in der NHL bereits etabliert, ein Franchise Player wird er wohl eher nicht. Hughes hätte man das zutrauen können, er muss aber gegenüber der letzten Saison zulegen. Beide werden noch lange Zeit im Devils-Lineup stehen, die beiden Top-Center-Positionen sollten daher vergeben sein, auch wenn Hughes Flügel spielen kann. Eher nicht zu glauben, dass die Devils wieder einen Mittelstürmer draften. Würden da nicht eher potentielle Flügel-Sniper wie Cole Perfetti (kann auch Center spielen) oder Alexander Holtz passen? Allerdings: BPA – "Best Player Available" und das könnte in ihren Augen an der siebten Position schon Rossi sein, der dann in eine solide Organisation mit einem sehr guten Talentepool kommen würde.

7. Anaheim Ducks (Pick #6)

Allgemeine Situation

Das Ende des (soften) Rebuilds ist in Sicht. Das Team wurde schon während der heurigen Saison jünger und schneller. Allerdings: Der Talente-Pool gilt nicht als besonders tief.

Die Center-Position in der NHL

Ryan Getzlaf (35) und seine über acht Millionen Gehalt gehen in ihre letzte Saison. Noch ein Jahr älter und ebenfalls nur noch in der nächsten Saison unter Vertrag: Checking-Line Pivot David Backes. Gesetzt ist Adam Henrique (30) als Zweit-Linien-Center. Sam Steel hatte eine sehr gute Debüt-Saison – seine Hände würden ihm zu einem Top-6-Player machen, seine Beine und seine Physis könnten den Kings aber einen Strich durch die Rechnung machen. Im Powerplay ist er aber bereits ein wichtiger Faktor.

Auch der Schwede Rickard Rakell und Troy Terry, auf dessen Durchbruch man noch wartet, könnten in die Mitte rücken.

Center Prospects

Natürlich Trevor Zegras – ein Pin-Point-Passer vor dem Herren. Ich habe schon Plays von ihm gesehen, die unmöglich aufgehen können, es aber tun. Mit ihm und Steel haben die Ducks zwei hochtalentierte Playmaker, die nach dem Abgang (via Trade?) von Getzlaf auf Jahre hinaus gesetzt sein könnten. Der Schwede Isac Lundeström (San Diego) und Benoit-Olivier Groulx (vor seiner ersten AHL-Saison) projizieren eher als Viert-Linien-Center.

Ein Fit für Rossi?

Nicht unbedingt – Getzlaf spielt noch eine Saison, Henrique ist ebenfalls gesetzt. Und auch wenn Zegras nach dem Übergang aus seiner College-Karriere vielleicht noch Anlauf-Zeit braucht, könnten er und Steel auf Jahre hinaus gesetzt sein. Und Rossi ist ein ähnlicher Spielertyp wie die beiden. In den letzten vier Drafts zogen die Ducks in den ersten beiden Runden nur Stürmer – da könnten heuer die Defender Jamie Drysdale oder Jake Sanderson dran sein...

6. Buffalo Sabres (Pick #8)

Allgemeine Situation

Die Sabres stehen auf der Liste der schauderhaftesten NHL-Destination gemeinsam mit den Senators an der Spitze. Terry und Kim Pegula sind in den neun Jahren ihrer Eigentümerschaft von Heilsbringern zu Lachnummern verkommen. GMs kamen und gingen (nun ist Kevyn Adams an der Reihe), im April folgten dann auch noch 21 Entlassungen (Scouts, Coaches, GM Jason Botterill). Die Pegulas gelten mittlerweile als völlig irrationale Pfennigfuchser, die ihre Fahne gerne nach dem Wind hängen.

Ralph Krueger überstand den Massenexodus und soll in Zukunft gemeinsam mit Adams die Sabres wieder nach oben führen. Die Pegulas stehen derzeit auf ihn, doch wann wird auch er vom Saulus zum Paulus? Immerhin sieht das Talente-Reservoir nicht schlecht aus...

Die Center Position in der NHL

Jack Eichel und sein jährlicher 10-Millionen-Cap-Hit sind noch für sechs Saisonen gesetzt. Dazu kommt der mittlerweile 35-jährige Eric Staal, den Adams gerade im Tausch für Marcus Johansson aus Minnesota geholt hat. Dahinter spielte sich letzte Saison Curtis Lazar (25) fest. Dieses Trio sind die einzigen NHL-Center mit bestehenden Verträgen, Lazar könnte bei entsprechender Konkurrenz auch wieder ins Farmteam Rochester gehen.

Center Prospects

Dylan Cozens hat mit 19 Jahren nur zwei Optionen: Entweder zurück nach Lethbridge (wäre ein Rückschritt) oder direkt in die NHL, die AHL fällt für ihn flach. Sein Skills Package ist so gut, dass er sich in Zukunft hinter Eichel einfinden könnte – die Frage ist nur wann? Er wird sicher die Chance bekommen, sich in einer guten Rolle festzuspielen. Casey Mittelstedt (21) konnte diese Chance in der letzten Saison nicht nutzen, müsste aber bei einem erneuten Assignment nach Rochester durch die Waivers gehen. Bei ihm könnte der Daumen bald nach oben oder unten gehen. Dazu kommen noch Rasmus Asplund (22, nach gutem Beginn stark nachgelassen) und der Finne Arttu Routsalainen, dessen Leihe zu Ilves Tampere mit Beginn der NHL-Saison enden wird. Asplund ist eher ein Arbeiter ohne herausragende Stärken, Routsalainen ein kleingewachsener Scorer.

Ein Fit für Rossi?

Eichel ist klar als Nr. 1 gesetzt, dahinter könnten sich auch neben dem alternden Eric Staal Chancen für junge Center auftun. Cozens könnte sich schon heuer in den Vordergrund spielen, auch Mittelstedt ist noch nicht abgeschrieben. Und trotz des ehemaligen Feldkircher Meistermachers Ralph Krueger ist das eine Organisation, die einem jungen Prospect Gruseln bereiten muss..

5. Ottawa Senators (Picks #3 und #5)

Allgemeine Situation

Freiwillig geht keiner nach Ottawa, die Senators scheinen mittlerweile wohl auf allen No-Trade-Listen auf. Der Grund dafür: Eigentürmer Eugene Melnyk. Über Jahre eine äußerst skurrile Erscheinung mit unzähligen peinlichen Aktionen, zuletzt kamen auch noch finanzielle Einschnitte dazu. Die süßliche Story, dass Rossi quasi in der Stadt seines Junioren-Teams bleiben könnte, taugt in der Realität gar nicht. Allerdings: Der Talentpool ist nicht so schlecht und GM Pierre Dorion hat eine fast weiße Leinwand, auf der er in dieser Off-Season ein brandneues Lineup pinseln kann. Lediglich zehn (!) Spieler stehen unter Vertrag (da gehört mit Marian Gaborik schon ein Sportinvalide dazu) und er hat 20 Millionen Dollar zur Verfügung, bevor er den Salary Cap Floor überhaupt erreicht.

Die Center-Position in der NHL

Colin White ist sicher ein begabter Center – nur: Bei welcher anderen Organisation wäre er in der Top-Linie gesetzt? Im AHL-ähnlichen Lineup der Senators zu Saisonende fanden sich noch Chris Tierney (ein RFA), Nick Paul und Matt Peca wieder. Alle im Vergleich zur Konkurrenz ein bis zwei Reihen zu hoch angesiedelt, der verletzte Routinier Artem Anisimov ist auch eher ein Tiefenspieler. Im Gegensatz zu Peca könnte er einen neuen Vertrag bekommen.

Center Prospects

Die Senators verfügen durchaus über einige interessante Prospects, nicht so viele davon allerdings auf der Center-Position. Mit Josh Norris (21) steht allerdings ein Top-Pferd im Stall, er wurde letzte Saison auch zum Top-Rookie der AHL gewählt. Seine Beine und Hände machen ihn zu einem klaren Anwärter auf einen Stammplatz in der nächsten Saison, vielleicht sogar in einer 1-2-Kombination mit White. Logan Brown - ein Jahr älter als Norris - muss erst an Speed aufnehmen, bei knapp zwei Metern allerdings kein leichtes Unterfangen. Er droht beim Farmteam in Belleville picken zu bleiben. Shane Pinto (20) wird wohl noch im College bleiben. Alles gute Leute, aber keiner von ihnen eine NHL-Garantie bis auf Norris.

Ein Fit für Rossi?

Sportlich auf jeden Fall, nur White ist gesetzt. Mögliche Draftpicks wie Quinton Byfield, Tim Stützle oder eben Rossi haben Chancen auf viel Eiszeit, da die Senators sich zuletzt offensiv so fruchtbar wie die Wüste Gobi präsentierten. Von den zwei Picks sollte zumindest einer ein Center werden, aber wer hier nicht zum Zug kommt, sollte eher nicht trauern. Rossi bzw. seinem Agenten könnte es mit Melnyk sogar passieren, dass es zu Streitereien um die Boni kommt. Und sportlich könnten die Senators noch Jahre von irgendeiner Relevanz entfernt sein...

Wie die Reihung von LAOLA1-Scout Freimüller Richtung Rossis "NHL-Maßanzug" - sprich die vier wünschenswertesten Organisationen - aussieht, verraten wir in den Stunden vor dem Draft im 2. Teil.

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