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So knapp dran und doch nicht drin: AHL als Endstation

Zahlreiche deutschsprachige Spieler wollten sich zuletzt ihren NHL-Traum über die AHL erfüllen, blieben aber hängen. Eine Aufzählung von Bernd Freimüller.

So knapp dran und doch nicht drin: AHL als Endstation Foto: © GEPA

Leon Gawanke löste letzte Woche seinen Vertrag mit den San Jose Sharks auf und kehrt in die DEL zurück. Dabei gehörte Gawanke noch zu den deutschsprachigen Cracks, die ihrem NHL-Traum lange nachjagten - andere gaben weit früher auf oder bekamen keine Anschlussverträge vorgelegt. Ein Überblick:

Zu den Kriterien dieser Aufzählung:

Deutsche und österreichische Cracks, deren ganze oder überwiegende Überseekarriere in den letzten zehn Jahren stattfand (daher etwa kein Alexander Sulzer oder Dennis Endras).

Keine Doppelstaatsbürger (Sorry, Brooks Macek!)

Die Anzahl der AHL- oder ECHL-Spiele muss die der NHL-Partien übersteigen (daher kein Tom Kühnhackl oder Tobias Rieder)

Keine Spieler ohne NHL-Vertrag (Lukas Kälble oder Peter Schneider)

Reihung nach Anzahl der Minor-League Spiele (jeweils inklusive Playoffs)

Korbinian Holzer (D, 332 AHL-Spiele)

Der Gottvater der deutschen Minor Leaguer: Nach seinem Draft 2006 spielte er noch vier Saisonen in Deutschland, ehe er für zehn Jahre nach Übersee übersiedelte. Stein Stehvermögen wurde dann auch mit 211 NHL-Spielen für Toronto, Anaheim und Nashville belohnt, ohne je zu einem Stammspieler zu werden. Seine anschließenden Europa-Stationen waren Yekaterinenburg und Mannheim.

Leon Gawanke (D, 255 AHL)

Zwar erst 24, aber Gawanke zeigte im Warten auf seine NHL-Chance durchaus Geduld. Erst der Entry-Level-Deal in Winnipeg, die ihn auch aus der QMJHL gedraftet hatten, dann noch Jahres-Verträge in Winnipeg und San Jose. Der Trade zu den Sharks ließe ihn noch auf NHL-Einsätze hoffen, trotz wie immer guter AHL-Scorerzahlen wurde nichts daraus. Defensiv- und kleinere Eislaufschwächen standen dem Defender offenbar im Weg, jetzt soll er die Saison der Adler Mannheim noch ins Positive drehen.

Konrad Abeltshauser (D, 127 AHL/31 ECHL)

Der hünenhafte Defender spielte sein Junioreneishockey in der QMJHL, von wo ihn die immer sehr deutschlastigen San Jose Sharks 2010 drafteten. Seinen Entry-Level-Deal saß er ebenfalls noch in Halifax als auch bei den Sharks-AHL- und ECHL-Affiliates ab. Es folgte ein Trade nach St. Louis und ein Ein-Jahres-Vertrag, der aber nach 20 AHL-Partien mit einer Vertragsauflösung endete, danach spielte er bis heute in München.

Manuel Wiederer (F, 130 AHL)

Ebenfalls aus der "Q" und ebenfalls von den Sharks gedraftet. Alle drei Jahre seines NHL-ELDs verbrachte er in der AHL. Danach folgten für den Winger ein Corona-Jahr bei seinem Stammverein Deggendorf sowie drei Saisonen bei den Eisbären.

Markus Eisenschmid (F, 124 AHL)

Der erste ungedraftete Crack in dieser Aufzählung. Nach zwei Saisonen in der WHL folgte ein AHL-Vertrag mit St. John's, die Montreal Canadiens wandelten diesen dann in einen Zwei-Jahres-NHL-Kontrakt um. In den drei Jahren in der Canadiens-Organisation reichte es aber zu keinem NHL-Einsatz bei sehr überschaubaren AHL-Statistiken. Mannheim und München lauteten danach die (finanzkräftigen) DEL-Teams.

Matthias Plachta (F, 76 AHL)

Der schussstarke Winger übersiedelte gemeinsam mit Niklas Treutle 2015 zu den Coyotes. Nach 46 Spielen für das Farmteam in Springfield tradete ihn Arizona nach Pittsburgh, dort sollte es aber auch nur für weitere Spiele in der AHL reichen. Im darauffolgenden Sommer war Schluss, seitdem spielt und scort er in Mannheim.

Lean Bergmann (F, 63 AHL)

Nach einer guten Saison in Iserlohn 2019 als Free Agent von den Sharks unter Vertrag genommen. Seinen 63 AHL-Spielen standen immerhin 13 NHL-Partien (ohne Tor) gegenüber. Nach zwei Jahren einigten sich beide Seiten auf eine Vertragsauflösung, die Adler Mannheim, Iserlohn Roosters und Eisbären Berlin waren dann drei DEL-Stationen in ebenso vielen Saisonen.

Dominik Bokk (F, 61 AHL)

Eine wechselvolle Karriere: Aus Schweden (Växjö) 2018 von den St. Louis Blues in der 1. Runde gedraftet, seine Rechte wechselten schon nach einer Saison zu Carolina - so etwas kommt eher selten vor. Auch in Schweden zog Bokk von Växjö nach Rögle und Djurgardens um, ein Mangel an Drive wurde hier immer wieder erwähnt. Bokk erhielt aber seinen Entry-Level-Deal schon in seinem Draftjahr, dieser begann aber aufgrund des zweijährigen "Slides" erst 2020.

Es sollte für 61-AHL-Spiele in den Corona-Saisonen von 2020 - 2022 reichen, danach ließ ihn Carolina vorzeitig nach Berlin ziehen. Jetzt steht der sicher talentierte Winger in seiner zweiten Saison in Frankfurt.

David Wolf (F, 59 AHL)

2014 von den Calgary Flames für ein Jahr unter Vertag genommen. 59 AHL-Spiele mit 20 Toren und 168 (!) Strafminuten, dazu kamen vier NHL-Partien, darunter sogar eine in den Playoffs. Nach diesem Jahr zog es ihn zurück nach Hamburg, danach spielte er bis heute in Mannheim.

Freddy Tiffels (F, 12 AHL/44 ECHL)

2015 von Pittsburgh aus der Western Michigan University gedraftet, wo er noch zwei Saisonen verbrachte. Sein Zwei-Jahres-Entry Level Deal von 2017 sollte nur eine Spielzeit und insgesamt 56 Spielen in den Pittsburgh-Farmteams in Wilkes-Barre und Wheeling Bestand haben. Nach der Vertragsauflösung hießen Tiffels´ Stationen Köln, München und Eisbären.

Niklas Treutle (G, 39 AHL)

Der einzige Torhüter in dieser Aufzählung: 2015 als Free Agent von den Arizona Coyotes nach Übersee gelockt. Es sollte für 39 AHL-Partien und zwei (Teil-)einsätzen in der NHL reichen. Nach einem Jahr in Krefeld spielt er bis heute in Nürnberg.

Maximilian Kammerer (F, 33 AHL)

2018 von den Washington Capitals als Free Agent unter Vertrag genommen, auch er sollte seinen Vertrag in Übersee nicht erfüllen: Nach einer Saison beim Farmteam in Hershey war nach einem von drei Jahren Schluss, seine Geburtsstadt Düsseldorf und Köln waren danach seine DEL-Stationen.

Thomas Raffl (F, 31 AHL)

Der einzige Österreicher in dieser Auflistung: Im Alter von 29 Jahren noch mit einer Übersee-Station und die war bei Unterschrift schon etwas anrüchig, war die IIHF-NHL-Transfer-Deadline doch schon längst verstrichen (die Transfersumme wurde dann auch umgehend überwiesen). In Manitoba kosteten ihn zwei Verletzungen aber viele Einsätze. Nach einem Jahr und 31 AHL-Spielen war Schluss, die Salzburger Roten Bullen nahmen ihn gerne wieder auf.

Marc Michaelis (F, 22 AHL)

Als College-Free-Agent 2020 von den Vancouver Canucks unter Vertrag genommen, dort auch mit 15 NHL-Einsätzen. Danach folgten in der nächsten Saison noch 22 Spiele für Toronto, allerdings "nur" bei den Marlies und einem AHL-Vertrag. Langnau und Zug lockten danach mit sicher besser dotierten Franken-Verträgen.

Kai Wissmann (D, 22 AHL)

Nach einer bärenstarken WM holten ihn die Boston Bruins 2022 über den großen Teich. Es sollte aber nur zu 31 Spielen für Providence und einigen Healthy Scratches reichen. Nach Auslaufen des Ein-Jahres-Vertrag kehrte Wissmann zu den Eisbären Berlin zurück.

Yasin Ehliz (F, 4 AHL)

Vier Jahre nach David Wolf versuchten es die Calgary Flames wieder mit einem Free Agent aus Deutschland: Das Engagement von Yasin Ehliz sollte aber nur vier punktelose AHL-Spiele Bestand haben. Nach der Vertragsauflösung im November sorgte sein Anschlussvertrag in München für etwas Aufregung, holten ihn die Flames doch aus einem gültigen Vertrag mit Nürnberg. Doch rechtlich war alles in Ordnung, Ehliz spielt heute noch bei den Roten Bullen.

Fazit: Lange Minor-League-Jahre tun sich nur die wenigsten deutschen Cracks an, spätestens nach Ablauf des Entry-Level-Deals ist dann wieder Schluss. Auch kein Wunder, heißen die aufnehmenden Teams doch meist München, Mannheim oder Berlin und da locken schöne Netto-Gehälter. Leon Gawanke kann sich natürlich auch über ein solches freuen, jagte davor aber fast fünf Jahre seinem NHL-Traum nach...

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