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Playoff-Duelle: Wer ist wo verwundbar?

Faktoren, die man vor dem ICE-Viertelfinale kennen sollte. LAOLA1-Scout analysiert.

Playoff-Duelle: Wer ist wo verwundbar? Foto: © GEPA

Es geht ans Eingemachte – die ICE-Playoffs starten.

Erstmals in der Geschichte der Liga stehen vier internationale Teams in den Viertelfinali. Ausgerechnet der HC Bozen - bislang als einziges internationales Team (doppelter) Champion - verpasste die Qualifikation in den Pre-Playoffs gegen den KAC.

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller wirft einen Blick auf die vier Serien:

 

ICE-Viertelfinale, Spiel 1: u.a. Capitals-KAC, Salzburg-Znojmo, VSV-Ljubljana ab 19:15 Uhr im LIVE-Ticker>>>

Red Bull Salzburg – HC Znojmo

Hochgerüste Rote Bullen

Seit Pierre-Page-Zeiten wurde ein Red-Bull-Kader nicht so hochgerüstet wie jener in dieser Saison, Coach Matt McIlvane bekam alle Wünsche erfüllt. Der Meistertitel muss her, selbst ein Spieler wie Jakub Borzecki, der eigentlich der Organisations-Philosophie gemäß für die DEL aufgebaut werden soll, musste da zur Trading Deadline ins Gras beißen. Ausreden gibt es keine und solche wird man gegen den Grunddurchgangs-Siebenten auch nicht brauchen. Die Roten Bullen können den Titel nicht gewinnen, sie können ihn eigentlich nur verlieren.

Platz für alle Scorer?

Platz für alle Scorer?

Peter Schneider, Ty Loney, Thomas Raffl und jetzt auch Brian Lebler – ist Platz genug für all diese Scorer? Im Lineup sicher, aber sie sind doch Spieler, die ungefähr den gleichen Raum einnehmen. Nun, im Powerplay agiert Schneider nach einigen anderen Positionen (auch im Nationalteam oder bei seinen Auslands-Gastspielen) wieder von den linken Halfwall, Loney entlang der Torlinie, Raffl und Lebler wären dann aufzuteilende Net-Front-Player.

Der Salzburger Kader quillt vor Qualität und Quantität nur so über, welches Team in der Liga sonst kann etwa zwischen zwei ausgezeichneten Legionärs-Goalies auswählen? Einzige Gefahr: Gibt es zu viele Häuptlinge und keine Indianer?

Die Adler und ihre Stretchpässe

Kein anderes Team in der Liga greift so auf weite Stretchpässe oder gar Zuspiele über das ganze Eis via den Endbanden zurück wie die Adler. Spieler wie Topscorer Radek Prokes, Filip Ahl und vor allem Anthony Luciani (im eigenen Drittel nur Transitpassagier) setzen sich bei der ersten Gelegenheit aus der Defensivzone ab, spekulieren auf weite Pässe und daraus resultierende Breaks. Wenn das nicht aufgeht, entstehende nummerische Unterlegenheiten in der eigenen Zone. Ein so aggressiv spielendes Team wie Salzburg könnte sich da einmal überrumpeln lassen, aber in der Serie sollten sie unter dem Strich weit mehr Turnovers erzwingen.

Adler-Goalie Pavel Kantor ist kein ICE-Spitzenmann, in der Znojmo-Goalie-Galerie aber sicher nicht der schlechteste. Das Torverhältnis des Grunddurchgangs (nur Villach erzielte mehr Tore, nur die drei Tabellenletzten erhielten mehr) ist viel mehr dieser Hochseil-Spielweise geschuldet, die auch Coach Glen Hanlon nicht ändern konnte.

Villacher SV – Olimpija Ljubljana

Villacher Torfabrik

180 Treffer in der Regular Season, mehr als der souveräne Tabellenführer aus Salzburg. Offensive war an der Drau nie ein Problem, vor allem in der zweiten Saisonhälfte scorten die Adler nach Belieben. Sechs Cracks kamen auf eine zweistellige Trefferanzahl, das schaffte sonst nur Salzburg und weist darauf hin, wie groß die Scoring-Breite ist. Selbst wenn der eine oder andere Schütze austrocknet, sollten die Villacher nicht an einem Mangel an Offensive scheitern.

Torhüter-Probleme auf beiden Seiten?

Andreas Bernard konstatierte nach seinem Rausschmiss: "In den letzten Jahren hat in Villach kein Goalie gut ausgesehen." Das wurde ihm als Nachtreten angerechnet, ganz unrecht hatte er nicht, auch wenn er halt oft hölzern und unbeweglich agierte. Nachfolger Tomi Karhunen muss die Serie sicher nicht im Alleingang gewinnen, es könnten schon solid-durchschnittliche Leistungen reichen.

Ljubljana hatte zuletzt auch nicht gerade überragende Goalie-Leistungen zu bieten: Zan Us, der zu Saisonbeginn überraschend gut agierte, war nach einer langen Verletzung nicht mehr derselbe. Stellvertreter Paavo Hölsä ist ein Torhüter mit Durchschnittsgröße, der durch nach oftmaliges Nach-Vor-Sacken in sich zusammenschrumpft und daher hoch zu bezwingen ist. Auch wenn Karhunen nicht mehr der Spitzenmann früherer Tage ist, könnte er ein weiteres Plus für Villach sein.

Emotionsteam Ljubjlana?

Die zweiten Saisonhälfte war für die Slowenen mit der überragenden ersten (lange Tabellenführer!) nicht mehr zu vergleichen, auch wenn zum Schluss nochmals Energien freigesetzt wurden. Olimpija ist ein Team, das bei gutem Spielverlauf Energien auflädt, bei schlechtem in sich zusammenfallen kann (ähnlich wie Znojmo, allerdings nicht so vogelwild). Der VSV wäre gut beraten, die Serie mit übertriebener Offensive nicht schon in den ersten Minuten des ersten Spiels erzwingen zu wollen.

Fehervar AV19 – HC Pustertal

Vergessen, aber spannend?

Mehr als die blanken Ergebnisse wird man in Österreich von dieser Serie wohl nicht mitbekommen, TV-Bilder würden mich bass erstaunen. Dabei könnte dies die spannendste und längste Auseinandersetzung im Viertelfinale werden. Fehervar war die ganze Saison über ein Spitzenteam, die Playoff-Teilnahme eigentlich nie gefährdet. Pustertal agierte nach dem Trainerwechsel wie ausgewechselt, wozu auch die neuen Legionäre Greg Carey und Max Gerlach beitrugen, die trotz gewisser Mängel (körperlich bzw. defensiv) so manch knappes Spiel entschieden. Der Heimvorteil in dieser reiseintensiven Serie, für die sich der Modus 2-2-1-1-1 geradezu angeboten hätte, könnte entscheidend sein.

Tomas Sholl als Differencemaker?

Knapp vor Ende der Regular Season schien es, als ob Vielspieler Tomas Sholl (durfte nur zweimal aussetzen) doch etwas nachlassen würde. Doch beim Schnittspiel der letzten Runde in Znojmo war er wieder in alter Form.

Sholl - nicht unbedingt ein Textbook-Goalie – präsentierte sich über die ganze Saison als ICE-Spitzenmann, könnte den unbestrittenen offensiven Vorteil von Fehervar wettmachen. Sein Gegenüber Rasmus Tirronen ist zwar ein leichtes Upgrade gegenüber den meisten seiner Vorgänger (Carruth vielleicht ausgenommen), er nimmt aber nach Paraden eine sehr lange Recovery-Zeit in Anspruch und ist um einiges weniger athletisch als Sholl.

Entscheiden die Einheimischen?

Die Legionäre könnten sich einigermaßen egalisieren - entscheiden dann die einheimischen Kräfte? Auch wenn sich die meisten Südtiroler als solide ICE-Tiefenspieler etablierten (Bardaro und Hannoun mehr als das), haben die Ungarn mit Leuten wie Hari, Erdely, Magosi, Terbocs oder Sarauer hier natürlich einen Vorteil. Und diese haben schon gelernt, einen durch Verletzungen oder Erkrankungen geschrumpften Kader über Wasser zu halten, etwas, was Pustertal bis jetzt noch nicht durchmachen musste.

Vienna Capitals – EC KAC

Ist der KAC wieder da?

Oft braucht ein Team nur einen Kickstart, um wieder in die Spur zu kommen. Das könnte in den Pre-Playoffs der ausgebliebene Pfiff in der vorletzten Minute gegen Nick Petersen gewesen sein, der aus einer (abermaligen) Shutout-Heimniederlage einen Overtime-Sieg machte, dem die Klagenfurter dann ein 7:0 gegen die Bozner folgen ließen. Das Glücksspiel des Pre-Playoffs könnte für den KAC auch ein Segen gewesen sein: Petersen und der ebenfalls lange verletzte Thomas Koch bekamen Spielpraxis, die beiden heben das Team schon auf eine ganz andere Stufe und bringen die Depth-Chart wieder in die richtige Ordnung.

Wie breit ist der Buckel von James Sheppard?

Die Capitals kommen in den Playoffs nur so weit, wohin sie James Sheppard trägt. Auch wenn er bei der Liga-MVP-Wahl vergessen wurde, ist er einer der absoluten Key-Player der Liga und ohne seine Nachverpflichtung hätten sich die Wiener die Top-6 (eh erst am letzten Wochenende fixiert) abschminken können. Das 33-jährige Schlachtross ist eine in der Liga seltene Mischung aus körperlicher Kraft und guten Händen, seine Puck Protection unter Druck ist außergewöhnlich. Auch der Erfolg des ersten Powerplay-Units ist vor allem ihm geschuldet, viele Strafen sollte sich der KAC – gemeinhin aber eine disziplinierte Truppe – nicht leisten, bei 5-5 sollte der KAC weniger Probleme haben.

Macht Sebastian Dahm den Unterschied?

Macht er den nicht fast immer? Ohne den 35-jährigen Dänen wäre so mancher knappe KAC-Sieg auch noch in die Hosen gegangen, 13 Heimniederlagen sind eh schon eine (negative) Hausnummer. Sein Gegenüber Bernhard Starkbaum (ihn erwarte ich am Mittwoch) spielt seine beste Saison seit seiner Rückkehr nach Österreich und das muss er auch: Mit 132 Toren sind die Caps alles andere als eine Torfabrik, der KAC (139) allerdings auch nicht. Nur: Dahm schenkt dir halt so gut wie nie leichte Tore, die Defender müssen nach Schüssen eigentlich nie den Kopf besorgt nach hinten drehen. Es könnte schon reichen, wenn ein Goalie in dieser wohl eher torarmen Serie konstant-solide agiert und dafür ist Dahm allemal gut.

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