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Eisige Transfer-Entscheidungen: So ticken die ICE-Spieler

Die ICE-Saison nähert sich langsam, aber sicher dem Ende. Das Transferkarussell dagegen beginnt sich wieder zu drehen. Was dabei in den Spieler-Köpfen vorgeht.

Eisige Transfer-Entscheidungen: So ticken die ICE-Spieler Foto: © GEPA

Vertragsverlängerungen oder neue Spieler - der Eishockeytransfermarkt kommt jetzt wieder ins Rollen, noch dazu, wo die ersten Teams ihre Saison bald beenden werden.

So verschieden die Vereinsplanungen oft ausfallen, so unterschiedlich sind auch die Denkweisen der einzelnen Spieler, die keineswegs eine homogene Masse bilden.

Das liebe Geld

Penunze, Moneten, Zaster – egal unter welchem Namen: Geld regiert die Welt und kein Arbeitnehmer wird sich gegen eine Gehaltserhöhung verwehren.

Und bei Spielern kommt noch etwas dazu: Sie müssen nicht knieschlotternd im Chefbüro auftauchen und um eine Gehaltserhöhung bitten. Ihre Agenten übernehmen das für sie, obwohl diese – im Gegensatz zu Nordamerika – dann ihre Gebühren von den Clubs erhalten.

Aber auch mit Zwischenhändlern ist die Bandbreite groß: Viele Spieler sind schon zufrieden, wenn sie einen kleinen Anstieg am Gehaltszettel erhalten. Vielleicht deckt das nicht einmal die Inflation ab, aber sie sehen darin einfach eine Anerkennung.

Andere wiederum wollen ein besonders gutes Jahr abgegolten haben, ein solches führt natürlich auch dazu, dass sie andere Angebote erwarten können.

Ein kleiner Prozentsatz gibt auch ihren Agenten vor: "Unter diesem Preis auf keinen Fall." Wenn dieser nicht marktgerecht ist, kann das Warten auch lange dauern, sogar über den Saisonbeginn hinaus. Meist orientieren sich die Cracks jedoch daran, was ihre Berater als adäquat ansehen, doch es kommt öfters als man denkt vor, dass ein Agent ohne Wissen des Spielers Mondpreise aufruft und diese dann reduzieren muss, um nicht ganz ohne Angebote dazustehen.

Ohne Geld ka' Musi und welcher Arbeitnehmer würde nicht bei einer kategorischen Gehaltserhöhung wechseln. Bleiben diese aber aus, kommen andere weiche Faktoren zum Einsatz.

Langfristige Sicherheit

Es gibt Spieler, die gerne so früh wie möglich wissen wollen, wo sie in der nächsten – oder noch besser den nächsten Saisonen – spielen werden. Ein solcher war etwa David Fischer, der jetzige KAC-Assistant Coach. Er einigte sich immer früh mit dem KAC, hielt gar nicht groß Ausschau nach Fabelangeboten.

Mehrjährige Verträge sind vor allem für ältere Spieler ein Segen, beißen die Teams aber oft in den Hintern. Das war bei den Vienna Capitals mit dem Drei-Jahres-Deal für Ben Gratton der Fall, auch der VSV wird im Nachhinein sicher festgestellt haben, dass Zwei-Jahres-Verträge wie für Mark Katic nicht unbedingt eine gute Idee waren.

Die Idee hinter längeren Deals? Der Wert pro Jahr sinkt ab – statt einem Jahr um 80.000 dann halt zwei Jahre um 65.000. Wie gesagt, für ältere Spieler ideal, aber als Verein würden mir hier oft die Knie schlottern. Vor allem bei Spielern im Segment 33+ (selbst wenn sie bis jetzt im Tipptopp-Zustand waren), kann der Sprung über die berühmte Klippe abrupt erfolgen. Ein Zwei-Jahre-Deal kann dann ein brauchbares und ein schwaches Jahr enthalten.

Kurzfristige Sicherheit

Warum vor allem Legionäre jetzt noch gerne ihre Zukunft geklärt haben wollen – ihr Rückflug steigt relativ zeitnah nach Saisonende und die Frage ist, ob sie ihren ganzen Hausstand auflösen müssen oder nicht. Kommt ein Spieler nämlich in der nächsten Saison wieder, mottet er einige Einrichtungsgegenstände und Klamotten über den Sommer ein.

Entweder ist sein Apartment ohnehin für zwölf Monate bezahlt oder das Team verfügt über eine Rumpelkammer für solche Fälle. Wechselt er dagegen ins Ausland oder nach Hause, muss er seine Zelte komplett abbrechen. Ein frühzeitiges Engagement kann daher Stress beim Rückflug und Übergepäck ersparen.

Dorf oder Großstadt

Leksand oder Berlin? Schwenningen oder Moskau? Das sind nicht unbedingt die Alternativen für Spieler, aber spiegeln die extreme Bandbreite der Arbeitsorte wider. Vor allem kanadische Spieler kommen oft aus fürchterlichen Nestern, sind also kleine Orte gewohnt. Spieler mit einer Frau und zwei Kindern etwa verbringen ohnehin alle Abende zuhause, ein großes Unterhaltungsangebot hat für sie keine Relevanz. Kleinstädte haben auch den Vorteil, dass sich der Verkehr in Grenzen hält und ein Verfahren kaum möglich ist, was vor allem vor dem Aufkommen der Navis oft ein Thema war.

Für jüngere Spieler kann es aber durchaus von Wert sein, freie Abende nicht immer in den gleichen zwei Schuppen verbringen zu müssen, egal ob mit Anhang oder ohne. Wie mir ein Wien-Legionär einmal sagte: "Ich weiß, es ist kindisch, aber meine Freundin braucht es halt unbedingt, dass sie zu Fuß zum nächsten Starbucks gehen kann." Dieser ist in Wien von den Spielerwohnungen um die Halle etwa 300 Meter entfernt.

Wer wie Sam Harvey ein halbes Jahr in Rauma verbrachte – wie immer in Finnland grau in grau und kaum etwas zu tun – kann sich schon erklären, warum er mit seiner Frau das sonnendurchflutete Bozen mit vielen Restaurants bevorzugt, die Angebote waren schon im Sommer fast deckungsgleich. Auch ein in die DEL gewechselter Spieler bekannte: "I'm finned out."

Weitere weiche Faktoren

Ist die Wohnung nur so-so oder ein Prunkstück? Liegt sie nahe der Halle oder – auch wunderbar – an einem See? Hat der Hund genügend Auslauf? Sind Haustiere überhaupt zugelassen?

Verfügt das Auto über eine Automatik oder muss erst die Getriebeschaltung erlernt werden?

Nachwuchs wird erwartet – ist ein zusätzliches Zimmer überhaupt vorhanden? Überhaupt Nachwuchs: Der kann sehr viel verändern. Man rückt wieder gerne näher an die Eltern, etwa wegen Hilfe in den ersten Monaten oder wegen Babysittings. Wenn das nicht der Fall ist, hilft schon Flughafennähe für Stippvisiten sehr weiter.

In Deutschland kommt es aufgrund der Steuergesetze im Gegensatz auch zu Kuriositäten: Ein Spieler kann von einer Saison auf die andere mit einer saftigen Gehaltserhöhung zufriedengestellt werden, ohne dass es die Organisation arg belastet. Der Grund dafür ist der Sprung in eine niedrige Steuerklasse nach einer Heirat…

Pflegeleichte Spieler können im Eventualfall auch damit rechnen, dass ihr Wunsch nach einem neuen Vertrag eher erhört wird. Ich habe vor kurzem mit einem Sport-Manager eines slowakischen Teams über einen ehemaligen Legionär telefoniert. Seine erste Aussage: "Das Wichtigste: Er war zweimal im Büro – am ersten und am letzten Tag der Saison, sonst hat er nichts gebraucht." Was für ein Unterschied zu Cracks, die mit Wünschen nach Staubsaugersäcken bis zu Flughafentransporten für die Familien dauernd auf der Dacke stehen…

Apropos Slowakei: Dort werden mittlerweile auch schon obszöne Gehälter gezahlt und die Kosten des täglichen Lebens sind gleichzeitig vernachlässigbar – vor allem im Osten kommt ein Menü auf etwa sechs Euro. Die hohen Gehälter gelten noch mehr für die tschechische Extraliga, dagegen stehen aber häufige und lange Trainings-Sessions. Das sieht in der ICE und DEL ganz anders aus.

Kein Faktor

Eine schöne Halle mit einem tollen Wellnessbereich, ein gemütliches Zuhause, eine Stadt mit netten Restaurants – all diese Faktoren können bei ungefähr gleichen Angeboten den Ausschlag geben. Eines aber nicht: Ein besonderer Bezug zum Verein und dessen Geschichte.

Auch wenn Fans das gerne glauben und Presseaussendungen das auch so vorgeben ("Der Spieler hat schon in Übersee viel Gutes über unser Team gehört und schon immer hier spielen wollen") – solche Fälle gibt es so gut wie gar nicht, einzig ein langer Aufenthalt kann den Spieler näher an einen Verein heranwachsen lassen.

Und so gut die Atmosphäre etwa in Schweizer oder deutschen Hallen gegenüber der oft trostlosen in Nordamerika auch ankommt – ob hinter dem Tor eine blaue oder roten Wand steht und singt, ist für den Spieler eher nicht relevant.

Aber immerhin spielen das die Spieler auch nicht vor: Einer der Vorteile des Eishockeys gegenüber dem Fußball besteht darin, dass die Spezies der "Wappenküsser" hier noch nicht bekannt ist…


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