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Dave Barrs hinterlassene Lücke gleicht einem schwarzen Loch

Der Abschied des Kanadiers aus Wien schmerzt. Die Fußstapfen für seinen Nachfolger sind groß:

Dave Barrs hinterlassene Lücke gleicht einem schwarzen Loch Foto: © GEPA

Es ist ein herber Verlust, den die Vienna Capitals am Mittwochvormittag verlautbaren mussten.

Dave Barr verlässt auf eigenen Wunsch die Bundeshauptstadt und kehrt nach Nordamerika zurück, um wieder mehr Zeit mit seiner Frau und Familie verbringen zu können.

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Private Gründe veranlassen den Kanadier zu diesem nachvollziehbaren Schritt. Und nicht etwa ein kolportierter Wechsel nach Salzburg, diese Gerüchte schmetterte Barr selbst noch im Laufe des Grunddurchgangs ab.

Liebe auf den ersten Blick

Im Sommer 2021 war es Liebe auf den ersten Blick, als der Kanadier seine ersten Schritte in Europa, Wien und die Hallen der Capitals setzte.

Beim ersten offiziellen Mannschaftstraining vor 500 anwesenden Fans war Barr von der Stimmung regelrecht geflasht.

Da machte es damals auch nichts aus, dass seine Spieler manch eine Anweisung gar nicht hörten.

Das Wiener Publikum schloss den früheren NHL-Spieler in Windeseile ins Herz und ließ ihn nicht mehr los – bis heute.

Barr holte das absolute Maximum heraus

In den letzten beiden Spielzeiten lief es nicht immer wie gewünscht für die Capitals. Es gab viele Höhe-, aber mindestens genauso viele Tiefpunkte.

Der Start in seine Ära war turbulent und von Niederlagen geprägt, doch Barr gab sich stets optimistisch, strich die stetige Entwicklung der Mannschaft hervor. Das änderte sich auch nicht, als man zwischenzeitlich nur den letzten Liga-Platz belegte.

Äußerten die Zuseher auf den Rängen ihren Unmut, richtete sich der praktisch nie gegen den Coach – heutzutage fast schon unüblich. Viel mehr mussten die Cracks ihren Kopf hinhalten, sich in solchen Fällen auch eine Standpauke des Trainers anhören.

Es gab gewiss nicht viele Situationen, in denen Barr in Rage geriet. War es einmal der Fall, sprach der 62-Jährige die Dinge klar und deutlich an. So wie in dieser Saison nach der 1:3-Pleite gegen Olimpija Ljubljana.

Trotzdem schafften es die Capitals in beiden Jahren ins Playoff-Halbfinale der win2day ICE Hockey League – entgegen der Erwartungen vieler Außenstehender.

Hauptverantwortlich dafür zeichnet der Kanadier, der das Maximum aus dem verfügbaren Spielermaterial herausholte.

Förderer der Jugend

Barr identifizierte sich zudem auf Anhieb mit dem eingeschlagenen Wiener Weg, verhalf vielen Eigenbauspielern zu ihrem Debüt auf Profi-Niveau.

Er scheute nicht davor zurück, die jungen Cracks ins kalte Wasser zu werfen. Ganz im Gegenteil: Er setzte unaufhörlich auf alle ihm zur Verfügung stehenden Spieler, diese zahlten das Vertrauen mit guten Leistungen zurück.

Besonders die Youngsters waren es, deren Leistungen in den abgelaufenen Playoffs von ihm fast gebetsmühlenartig hervorgehoben wurden.

Zurecht, denn Antal, Preiser und Co. schufteten und rackerten ohne Ende, gaben keinen Puck verloren. Sie machten ihrem Gegner das Leben ungeheuerlich schwer.

Es ist Barrs Verdienst, dass etliche junge Wiener den nächsten Schritt in ihren Karrieren gemacht haben. Sie standen immer wieder nach offiziellem Trainingsende noch mit ihrem Coach am Eis, legten Extra-Einheiten ein.

Die Begeisterung über den Umgang mit dem eigenen Nachwuchs war auch General Manager Franz Kalla anzumerken.

Neuer Trainer muss Wiener Weg fortsetzen

Der nun gefordert ist, einen geeigneten und gleichwertigen Ersatzmann zu finden. Denn die Lücke, die Dave Barr auf der Trainerbank hinterlässt, gleicht in den Stunden danach einem schwarzen Loch.

Was der neue Head Coach mitbringen muss? Im Wesentlichen den Elan, den Wiener Weg entschlossen fortzusetzen.

Die Talente stellen das wahre Rückgrat der Mannschaft dar. Vielleicht machen sie auf dem Scoresheet nicht immer den Unterschied aus. Auf dem Eis aber sehr wohl. Das war in vielen Spielen zu erkennen.

Natürlich geht es auch darum, etablierten Akteuren stets neue Details vermitteln zu können, um ihr Spiel weiter zu verbessern. Darauf legte Barr gleichermaßen viel Wert wie auf die Entwicklung des Eigenbaus.

Erfahren oder grün hinter den Ohren: Welchen Typ braucht es?

Welche Art von Trainer es dafür braucht, ist nicht eindeutig zu beantworten.

Wieder jemand wie Barr, der einen ungeheuer großen Erfahrungsschatz mitbrachte?

Oder tut es auch jemand, der wie Philipp Lukas die Black Wings Linz in seinem ersten Jahr als Profi-Trainer sogleich ins Viertelfinale führte und konsequent auf Österreicher setzte?

Dem Wiener Fan schießt in diesem Atemzug womöglich der Name Phil Horsky in den Kopf, kommt der 40-jährige Assistant Coach des HC Pustertal doch aus Wien und war jahrelang für den Caps-Nachwuchs verantwortlich.

Sein Name dürfte in der Gerüchteküche ebenso fallen wie jener von Ex-Pioneers-Coach Marc Habscheid, dessen Hauptaufgabe in Vorarlberg es war, die Jugend zu fördern.

Spannend wird die Trainersuche also allemal, die Fußstapfen sind jedoch groß.

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