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Caps-Coach Dave Barr und seine ersten Playoffs

Höchster Respekt vor Viertelfinal-Gegner KAC. Das könnte Vorteil für Caps sein:

Caps-Coach Dave Barr und seine ersten Playoffs Foto: © GEPA

Erstes Jahr in Europa und direkt in den Playoffs der win2day ICE Hockey League.

Dave Barr ist bei weitem nicht der erste Head Coach der Vienna Capitals, der den Grunddurchgang übersteht. Es bedarf schon eines genaueren Blickes darauf, was der 61-jährige Kanadier mit den Wienern geschafft hat.

Denn vor Beginn der Saison hatte so gut wie niemand die Caps auf der Rechnung. Dies lag einerseits an den Abgängen zahlreicher Leistungsträger zur direkten Liga-Konkurrenz, andererseits auch an Vorbereitungs-Niederlagen wie dem 0:10 gegen die Straubing Tigers oder dem abgebrochenen 1:5 gegen den HK Nitra aus der Slowakei.

Es herrschte Chaos in Wien-Kagran, denn Barr selbst ersetzte erst Anfang August den durchaus erfolgreichen Dave Cameron. Schon sein erster Auftritt zeigte allerdings, dass den Verantwortlichen mit dem ehemaligen NHL-Spieler durchaus ein Coup gelungen sein könnte. Im Nachhinein lässt sich sagen: Es ist ihnen ein Coup gelungen.

Chaos weichte Euphorie, auch wenn der Saisonstart mit dem zwischenzeitlich letzten Platz erwartungsgemäß in die Hose ging. Mit Fortdauer der Regular Season fanden die Donaustädter jedoch zu ihrem System, die Nachverpflichtungen James Sheppard und Nicolai Meyer stellten sich als absolute "Difference Maker" heraus.

Und letzten Endes steht nach 48 absolvierten Spielen im Grunddurchgang eine fast idente Bilanz wie in der Vorsaison. Es wurde zwar ein Sieg weniger gefahren, dafür kassierten die Capitals auch zwei Niederlagen weniger. 80 Punkte bedeuten wie im letzten Jahr Platz vier und das Heimrecht für das Playoff-Viertelfinale.

Frühestes Playoff-Duell zwischen den Vienna Capitals und dem KAC

In diesem gibt es ausgerechnet den Schlager gegen den KAC. Ein Novum, denn so früh standen sich beide Mannschaften in den Playoffs noch nie gegenüber. Vier Mal war das bisher der Fall, vier Mal ging es im Finale um die "Karl Nedwed Trophy".

Es war praktisch in Stein gemeißelt, dass die Hauptstädter auf den Sieger des Pre-Playoff-Duells KAC gegen HC Bozen treffen würden. Zu groß war letzten Endes der Respekt der Teams mit Pick-Recht - allen voran beim VSV, der im Grunddurchgang zwei heftige Klatschen gegen den Lokalrivalen hinnehmen musste.

Groß war der Respekt gegenüber den Klagenfurtern auch bei Barr: "Sie sind ein sehr gutes Team, sehr gut organisiert. Sie geben dir nicht viel Zeit, fordern dich, ein schnelles Spiel zu spielen und spielen selbst aggressiv."

"Du musst die richtigen 'Plays' machen, denn sie schlagen sich nicht selbst", meinte Barr bei einem Medientermin weiter. Das bewies der Meister im Kampf um das Viertelfinal-Ticket mit dem Vizemeister. Nach einem Overtime-Krimi in Klagenfurt wurde in Bozen ein 7:0-Kantersieg eingefahren und somit wichtiges Selbstvertrauen getankt.

Barr: "Wir müssen für diese Herausforderung bereit sein"

Selbstvertrauen, welches die "Rotjacken" bis vor zwei Wochen nur aus dem Duden kannten. Denn nach fünf Niederlagen in Folge, über 200 Minuten ohne erzieltem Tor und dem großen Bangen um die Playoff-Teilnahme war der Rekordmeister schlichtweg am Boden.

"Wir wissen, dass wir gegen ein starkes Team spielen, Das ist großartig."

Binnen weniger Tage haben die Kärntner wieder Vertrauen in ihr eigenes Spiel gefasst, profitierten zudem von der Rückkehr von Leistungsträgern wie Nick Petersen und Thomas Koch. Barr war daher gewarnt: "Sie zwingen dich, schnelle Entscheidungen zu treffen, geben dir nicht viel Raum und Zeit. Wir müssen für diese Herausforderung bereit sein."

Einen Unterschied mache es indes nicht, ob "wir im Viertelfinale oder später gegen den Meister spielen", so der bekennende Liverpool-Fan. "Wir dürfen nicht übermütig in die Serie reingehen. Sie hatten das gesamte Jahr über mit Verletzungen zu kämpfen, einer ihrer besten Stürmer (Nick Petersen, Anm.) war fast ein halbes Jahr lang out."

"Wir wissen daher, dass wir gegen ein starkes Team spielen. Das ist großartig", freute sich Barr auf die harte Viertelfinal-Aufgabe. "Wir müssen auf unserem höchsten Level spielen. Es ist nicht so, dass wir gegen jemanden spielen, der nur Durchschnitt ist und können den Fuß vom Gas nehmen. Wir müssen genau sein, unser System durchziehen."

Caps mit Heimvorteil: "Hoffe, dass es sehr laut wird, denn die Spieler reagieren darauf"

Ein großer Faktor könnte der Heimvorteil werden, wie Barr auf LAOLA1-Nachfrage bestätigte. Die Caps holten im Grunddurchgang die meisten Heimsiege nach regulärer Spielzeit, dürfen in den Playoffs erstmals seit zwei Jahren auf eine volle Halle hoffen. "Mittlerweile besteht die Möglichkeit auf eine ausverkaufte Arena", merkte Barr an.

"Ich hoffe, dass es sehr laut wird, denn die Spieler reagieren darauf", erklärte der Capitals-Trainer, "der lieber zuhause als in Klagenfurt" in die Playoff-Serie startet. Nachsatz: "Das müssen wir auch zu unserem Vorteil machen."

Einen eventuellen Nachteil, dass der KAC mehr im Rhythmus stehe, wollte Barr nicht erkennen. "Ich glaube nicht, dass es der Fall ist. Sie hatten jetzt ebenfalls ein paar Tage Pause. Es kommt darauf an, was du daraus machst. Das Abschlusstraining (am Dienstag, Anm.) muss daher eines auf Wettkampf-Niveau sein, damit die Jungs für das erste Spiel voll bereit sind."

Der langzeitverletzte Brody Sutter könnte in den Playoffs zurückkehren

Brody Sutter kann für die nötige Physis sorgen
Foto: © GEPA

"So gut wie fit", sind die Cracks jedenfalls, sagte der 61-Jährige. "Es gibt hier und da kleinere Wehwechen, aber nichts, was die Jungs am Training gehindert hat. Jeder fühlt sich gut. Wir versuchen, so hart und schnell wie nur möglich im Training zu sein, wollen gleichzeitig aber keine Verletzung riskieren."

Mit Brody Sutter bahnt sich zudem das Comeback eines Topscorers an. 20 Punkte erzielte der wuchtige Angreifer in 23 Spielen, ehe ihn eine Unterkörperverletzung seit Anfang Dezember außer Gefecht setzte. "Er ist für das erste Spiel nicht bereit, steht aber jeden Tag auf dem Eis. Er trainiert schon gut mit", meinte Barr.

"Ab Spiel drei können wir wohl mit ihm rechnen, wir müssen aber schauen. Wir haben einen Zeitpunkt für sein Comeback, den wir anpeilen", fügte der Kanadier an. Mit dem 1,95 Meter großen Flügelstürmer würden die Wiener nochmal eine neue Offensiv-Komponente für die "fünfte Jahreszeit" erhalten, die ihnen gut zu Gesicht stünde.

Barr setzt zumindest auf ein Playoff-Ritual

Neben Größe und Härte zählen auch Rituale zu den Playoffs. "Wer rasiert, verliert", heißt es da oft. Dem bärtigen Motto scheint auch der frühere NHL-Stürmer treu geblieben zu sein: "Ich lasse mir jetzt den Bart wachsen. Die Spieler auch. Manche schaffen das aber noch nicht", lachte Barr.

"Es ist eine gute Sache für Spieler. Als Spieler war ich sehr abergläubisch, aber das hört mit dem Alter auf", so Barr, der prompt ein Beispiel lieferte: "Ich habe einmal einen blauen Anzug getragen, dann haben wir gewonnen. Dann habe ich ihn nochmal getragen und wir haben verloren."

Etwas abergläubisch darf der sympathische Kanadier dann doch sein. Tommy Samuelsson ist als bislang einziger Caps-Trainer in seinem Debüt-Jahr im Viertelfinale ausgeschieden. Und: Erreichten die Capitals den vierten Platz im Grunddurchgang, sind sie in vier Anläufen stets ins Halbfinale aufgestiegen.


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