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These: An den KAC und Salzburg kommt lange keiner ran

Der Meister ist schon klar, der Playoff-MVP auch. Und auch auf Jahre wird keiner an diese beiden Klubs herankommen. Oder? Die Ansichtssache zum ICE-Finale:

These: An den KAC und Salzburg kommt lange keiner ran Foto: © GEPA

In unserem neuen Format "Ansichtssache" versuchen wir, Meinungen, Stimmungen, Überreaktionen oder sonstige Ansichten jeglicher Art in eine These zu packen und zu analysieren.

Das kann mal provokant sein, mal eine oft gehörte Meinung. Mal sehr strittig, mal weniger. Mal eine Prognose, mal eine simple Einordnung.

Dieses Mal dreht sich bei uns alles um das Finale der win2day ICE Hockey League zwischen dem KAC und dem EC Red Bull Salzburg. Wer gewinnt das Finale? Wer wird MVP? Und was sagt das Finale dieser beiden Teams über die Kräfteverhältnisse in der Liga aus?

In Zukunft wollen wir auch User-Thesen debattieren. Diesmal waren unsere Redaktions-Kollegen aufgerufen, vier Ansagen zu liefern, die in weiterer Folge von den LAOLA1-Redakteuren Johannes Bauer und Maximilian Girschele eingeordnet wurden.

These 1: Spiel eins war ein Ausrutscher. Der KAC ist sportlich heuer das Maß aller Dinge und wird den Sack bereits in Spiel fünf zumachen.

Maximilian Girschele

Nein, wird er nicht.

Das würde nämlich bedeuten, dass Salzburg vier Playoff-Spiele am Stück verlieren würde - und das war zuletzt vor einer gefühlten Ewigkeit der Fall.

Aber es ist passend, dass ausgerechnet die Rotjacken das letzte Team sind, dem dies vor sieben Jahren gelungen ist.

Ich will gar nicht abstreiten, dass der KAC heuer das Maß aller Dinge ist. Der Meistertitel, und damit lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster, wird in wenigen Tagen zum 33. Mal in der Geschichte an den Wörthersee wandern.

Doch ich stoße mich daran, dass Salzburg in dieser Serie gänzlich unterlegen sein soll. Spiel eins ist der beste Beweis dafür. 

Es war von beiden Seiten sicher kein Spiel auf höchstem Niveau, doch der Dominator der letzten zwei Jahre hat Mentalität bewiesen und Grenzen verschoben. Sich nur 72 Stunden nach einem schwierigen Spiel sieben gegen den HC Bozen derart zu überwinden, ringt meinen Respekt ab.

Dass die Beine nur weitere 48 Stunden später etwas schwer sein würden, kam nicht aus dem Nichts. Auch Spiel drei in Klagenfurt könnte sich zu einer ähnlichen Angelegenheit entwickeln, die Offensiv-Maschinerie des KAC dürfte spätestens jetzt wieder frisch eingeölt sein.

Für Salzburg wird es darauf ankommen, mit allen möglichen Mitteln dagegenzuhalten. 

Kämpfen, Kratzen, Beißen - bitte nicht wörtlich nehmen - muss das Motto sein. Außerdem müssen Raffl, Nissner und Schneider zeigen, warum sie nicht nur Salzburgs, sondern auch Österreichs Top-Linie sind.

Gelingt dies, stehen die Zeichen auf einen zweiten Sieg gut. Ansonsten könnte die These zur Realität werden.

Johannes Bauer

Wer gegen Red Bull Salzburg wettet, macht den Liga-Sponsor in der Regel glücklicher als die eigene Geldbörse.

Der finanzielle Liga-Krösus mag der Außenseiter der Serie sein. Ich glaube auch, dass die lange Erholungspause des KAC samt einer sportlich überschaubaren Aufgabe im Halbfinale ein relevanter Faktor ist. Keine Geringschätzung gegen den tollen Playoff-Auftritt des HC Pustertal.

Aber Salzburg hat die individuelle Qualität, jederzeit ein Spiel auf seine Seite ziehen zu können. Und die Physis, auch eine härtere Halbfinal-Serie noch aus den Knochen zu schütteln. Die auch ein Beweis der mentalen Kapazitäten war.

Die wenig verwunderliche "Durchhänger-Partie" danach hat sich Salzburg jetzt schon erlaubt. Das hätte ich ja eher im ersten Duell erwartet.

Von Spiel drei wird dabei viel abhängen, wie es weitergeht. Gibt es eine Abfuhr vergleichbarer Größenordnung von Sonntag, könnte das schon ein Dämpfer darstellen.

Ich bin mir aber sicher, dass Salzburg mindestens ein weiteres Aufeinandertreffen dieser Serie gewinnen wird.

Es wird dem keinen Abbruch tun, dass ich ebenso an einen Meister KAC glaube.

These 2: Der KAC zeigt es vor: Der "österreichische Weg" ist auch langfristig dazu geeignet, Salzburg Einhalt zu gebieten.

Johannes Bauer

Darauf gibt es ein klares "Jein" von mir.

Für einen Klub kann das funktionieren. Für die ganze Liga ist das kein Erfolgsrezept.

Die Leistungsdichte ist zu gering, ein Großteil der richtig guten Österreicher tummelt sich eben in Salzburg oder Klagenfurt. Das vorhandene Spieler-"Material" reicht gerade dazu aus, einen Verein neben Red Bull Salzburg auf diese Weise konkurrenzfähig zu halten.

Wer sonst noch aufzeigt, landet mittelfristig auch im Visier der beiden tonangebenden Klubs der heimischen Landschaft - oder heißt Brian Lebler. Und selbst der hatte ja schon sein kurzfristiges Stelldichein bei den "Bullen".

Der Kader des ÖEHV-Nationalteams unterstreicht diesen Status quo deutlich. Der letzte WM-Kader war ein "Best of Salzburg, KAC and Legionäre" - garniert mit Sensationsmann Henrik Neubauer und David Madlener. Über die Torhüter-Situation brauche ich aber keine weiteren Worte mehr zu verlieren.

Dass man als Österreicher bevorzugt zum KAC oder zu Salzburg geht, ist kein Wunder. Infrastruktur, Staff und auch Finanzen: Die Voraussetzungen sind in den beiden aktuellen Hochburgen einfach die Besten. Da kann die Konkurrenz irgendwann in gewissen Grenzen wieder aufholen.

Letzten Endes kommt aber nachwuchsseitig auch der meiste Output aus diesen beiden Städten. Womit Salzburg und Klagenfurt auch am meisten dafür tun, langfristig mit einem starken Österreicher-Rückgrat auftreten zu können. Dass das ein kleiner Bestandteil des Erfolgswegs ist, ist die gute Nachricht.

 

Maximilian Girschele

Das ist tatsächlich eine gute Nachricht, und zwar für unser Nationalteam.

Es darf dabei nicht unerwähnt bleiben, dass besonders Salzburg, aber auch Klagenfurt mittlerweile früh anfangen, in den Nachwuchsabteilungen der Konkurrenz zu wildern. Dieser gefällt dies natürlich nie, doch wenn die Gegebenheiten in den Städten der zwei Finalisten die besten sind, warum diese dann nicht ausnutzen?

Zurück zur These: Natürlich ist der "österreichische Weg" dazu geeignet. Aber: Es braucht einen starken Stamm an heimischen Cracks, um überhaupt erfolgreich zu sein. Das haben die 99ers erkannt, die Klagenfurt und Salzburg in dieser Hinsicht doch schwächen werden.

Auch Bozen, Pustertal oder Fehervar sind nur deshalb so erfolgreich, weil sie ein Gros des italienischen und ungarischen Nationalteams stellen. Asiago etwa konnte auch im zweiten Jahr nicht mithalten, da der Stamm an einheimischen Spielern letztendlich zu schwach ist.

Nichts anderes ist in Wien, Innsbruck oder Villach der Fall. Heinrich, Peeters und Rauchenwald zählen natürlich zu den stärksten Spielern, die das österreichische Eishockey aktuell bieten kann. Doch sie sind ziemlich auf sich alleine gestellt und können ihre Vereine nicht ohne halbwegs gleichwertige Landsmänner zum Titel tragen.

VIDEO: Die Highlights der ersten beiden Finalspiele

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These 3: Die Trophäe für den Playoff-MVP wird auch heuer wieder an einen Torhüter gehen.

Maximilian Girschele

Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 50 Prozent.

Es gibt einige Gründe, warum Sebastian Dahm den Pokal in seine Vitrine stellen darf. Auch im erhöhten Alter von 37 Jahren ist der Däne der beste Torhüter der Liga und beweist dies Spiel für Spiel.

Aber ich will für jemanden eine Lanze brechen, der seine letzten Spiele im KAC-Dress absolviert: Lukas Haudum.

Haudum haut Max Girschele um
Foto: © GEPA

Der Blick auf die aktuelle Scorer-Wertung ist natürlich verlockend und kann auch mal die tatsächlichen Leistungen eines Spielers verschleiern, wenn dieser zwei Partien erwischt, in denen er groß punktet.

Beim 26-Jährigen ist dies aber nicht so. Obwohl der Angreifer heuer schon genügend Kritik einstecken musste, spielt er das beste Profi-Jahr seiner bisherigen Karriere. 

Besonders in den Playoffs ist Haudum ein ständiger Unruheherd, war schon an vier Game-winning-Goals direkt beteiligt und ist auch für Salzburg nur schwer zu halten, wenn er in Fahrt kommt. Haudum ist aktuell der beste Offensivspieler beim KAC, bekommt entsprechend viel Eiszeit und wird seinen Wert in den nächsten Spielen weiter unterstreichen.

Den 99ers ist mit seiner Verpflichtung ein Coup gelungen. Ich lege meine Hand aber nicht dafür ins Feuer, dass er seine Zelte im Sommer tatsächlich in Graz aufschlagen wird. Ähnliche Leistungen bei der Weltmeisterschaft könnten ihn ins Ausland locken, eine entsprechende Klausel wird bestimmt in seinem Vertrag verankert sein.

 

Johannes Bauer

Kann sein. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist höher als für alle anderen Spieler beider Klubs.

Einerseits, weil Sebastian Dahm und Atte Tolvanen zwei der besten Torhüter der Liga sind - sowohl in Sachen Save Percentage, als auch Gegentore finden sich beide Keeper in den Top fünf. Damit bringen sie selbstverständlich alles mit, um zum entscheidenden Faktor einer Playoff-Serie zu werden.

Andererseits, weil ein starkes Kollektiv ohne alles überragenden Einzelspieler immer dazu einlädt, bei der Suche nach einem hervorstechenden Einzelakteur mit dem Blick nach hinten zu schweifen. Und beide Titelaspiranten kommen über diesen Weg daher.

Muss aber nicht. Und da hat Kollege Girschele schon ein herrlich plakatives Gegenbeispiel gebracht. Thomas Raffl hält mit den Scorerzahlen Haudums übrigens mit.

Mario Huber, Troy Burke, Manuel Ganahl, Nick Petersen und Benjamin Nissner sind weitere Cracks, die im Playoff-Verlauf schon zehn Scorerpunkte verbuchten. In ein, zwei Finalspielen der entscheidende Faktor sein, und jeder von ihnen kann mit auf dieses MVP-Tablett kommen.

Es wird sehr darauf ankommen, wer das Scoring in den nächsten Finalspielen vorantreibt. Bleibt es insgesamt bei überschaubarem Output, wird der Goalie des Titelträgers tatsächlich (wieder) Playoff-MVP sein.

These 4: Seit 2007 hieß der Meister lediglich zweimal nicht Bozen, KAC oder Salzburg. Die heurige Saison hat bewiesen, dass es die anderen Teams auch in Zukunft schwer haben werden, ein Wörtchen um den Meistertitel mitzureden.

Johannes Bauer

Eigentlich konsternierend, sich das so schwarz auf weiß vor Augen zu führen. Mangelnde Spannung hätte ich in all diesen Jahren nie empfunden. Saison für Saison gesehen ist die Leistungsdichte eigentlich höher, als es das Meister-Bild vermuten ließe.

Aber in Salzburg, Klagenfurt und auch Bozen gibt es gewisse strukturelle Wettbewerbsvorteile. Und langfristig hat es noch kein Klub geschafft, in diese Sphären vorzudringen.

Mal sind die Vienna Capitals lästig. Hier und da muckt ein internationaler Klub auf, wie zuletzt Fehervar. Mal spielt Innsbruck eine stärkere Saison, mal der VSV.

Aber für Meister-Ansprüche muss eben mehr zusammenkommen.

Dass es das Wiener Eishockey in dieser Saison zerbröselt, die Entwicklung in Innsbruck und Villach mal ein Plateau erreicht hat, Fehervar seinen guten Grunddurchgang nicht in den Playoffs umsetzen konnte und die Black Wings Linz noch nicht restlos aus dem Dornröschenschlaf erwacht sind, ergibt diesmal eben ein überdeutliches Bild dieser langfristigen Kräfteunterschiede.

Ich bleibe aber guter Dinge, dass es immer wieder ein, zwei Klubs geben wird, die den ICE-Größen zumindest einen Check verpassen. Auch wenn es vorerst bei einzelnen Spielzeiten bleibt.

Der Titel wird auf absehbare Zeit immer über diese drei Klubs gehen, ein Wörtchen mitreden werden andere aber können.

Mal schauen, wo so manche Entwicklung hingeht. In Fehervar. Und bei den österreichischen Klubs. Inklusive der Graz99ers, die jetzt Kampfansagen machen >>>. Oder bei Olimpija Ljubljana, wo auch der Ehrgeiz erwacht>>>.

Fad wird es in der ICE nicht.

Maximilian Girschele

Mich hat dieser Umstand ebenfalls derart überrascht, dass ich erst mal unglaubwürdig gegenchecken musste, ob dies tatsächlich der Fall ist.

Was man nicht vergessen darf: Bozen ist erst 2014 in die Liga eingestiegen. Dass seitdem nur sechs unterschiedliche Vereine (Salzburg, Klagenfurt, Bozen, Wien, Znojmo und Fehervar) das Finale erreicht haben, ist eigentlich schockierend.

Ich erwarte, dass Graz eher früher als später um den Meistertitel spielen wird. Dann hätten wir potenziell ein siebentes Team. Für einen weiteren Kandidaten fehlt mir jedoch die Fantasie.

Ohne despektierlich sein zu wollen: Linz, Villach, Innsbruck, Feldkirch und seit heuer auch Wien sind vom Finale aktuell so weit entfernt wie Österreich von einem Viertelfinal-Einzug bei der Weltmeisterschaft. Daran wird sich so schnell auch nichts ändern.

Pustertal hat heuer Halbfinal-Luft geschnuppert, das muss erst einmal bestätigt werden. Ljubljana ist ebenfalls noch einige Schritte davon entfernt, konstant in den Playoffs vertreten zu sein. Und für Asiago wäre das Erreichen des Viertelfinales der größte Vereinserfolg.

Was alle miteinander vereint, ist das deutlich geringere Budget als jenes der großen Drei. Für den Erfolg braucht es mittel- bis langfristig einen oder mehrere Geldgeber. Das wurde von den Klubs in den letzten Jahren gebetsmühlenartig betont.

Wie schwierig die Suche nach einem Mäzen jedoch sein kann, zeigt sich nicht zuletzt in der Sportstadt Wien. Wie soll sich ein Investor dann erst für Asiago erwärmen?

Alle EBEL-/ICE-Meister seit der Liga-Neugründung 2003/04


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