An Martin Fourcade führt im Biathlon derzeit kein Weg vorbei.
WM-Gold in der Mixed-Staffel, im Sprint und in der Verfolgung, dazu frühzeitig die fünfte große Kristallkugel fixiert. Der Franzose ist drauf und dran, den Jackpot zu knacken und auch sämtliche Einzeldisziplinen für sich zu entscheiden.
Sprint- und Verfolgungs-Kugel hat er bereits in der Tasche, im Massenstart ist er der Konkurrenz enteilt. Bleibt das Einzel. Und genau hier hat ein Österreicher die große Chance, dem 27-jährigen Superstar gehörig die Suppe zu versalzen.
Vor dem letzten „20er“ der Saison, jenem bei der WM in Oslo, ist nämlich nicht Fourcade, sondern Simon Eder mit zehn Punkten Vorsprung Träger des Roten Trikots. „Ich bin neben ihm der Einzige mit einem Trikot“, erklärt der 33-Jährige im Gespräch mit LAOLA1, „ich freue mich, es im Rennen zu tragen.“
Eder hat eine offene Rechnung mit Oslo und Fourcade
Für Eder schließt sich damit ein Kreis, denn an exakt selber Stelle schien er vor nunmehr sechs Jahren wie der sichere Sieger des Verfolgungs-Weltcups, ehe ihm ausgerechnet Fourcade mit einem Sieg am Holmenkollen (Eder wurde nur 24.) die Kristallkugel aus den Händen riss und seinerzeit erstmals Kristall sein Eigen nennen durfte.
„Wenn man so will, ist das eine offene Rechnung“, freut sich der ÖSV-Loipenjäger auf die Chance zur Revanche. „Ich habe der Kugel lange nachgetrauert“, macht er keinen Hehl daraus, dass es damals ein schwerer Schlag für ihn war.
Umso glücklicher ist er nun, eine zweite Chance zu bekommen und gleichzeitig zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Denn obwohl der Saalfeldener schon dreimal Edelmetall von Großereignissen mit nach Hause brachte, wartet er noch immer auf seine erste Einzel-Medaille.
Eder spielt alle Eventualitäten durch
„Natürlich denkt man immer wieder mal daran“, betont er, dass er nur zu gern mit Übergepäck abreisen würde. Dabei spielt er alle Varianten durch, die einen „Nuller“, sprich: ein fehlerfreies Rennen, aber auch einen negativen Ausgang („wie ich es vergeige“) beinhalten.
Wichtig sei, für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. „Dazu gehört nun mal auch, sich mit negativen Abläufen auseinanderzusetzen.“ Daher schafft er es auch, Rückschläge wie den verpatzten WM-Sprint (Platz 27) schnell abzuhaken.
„Der ist gehörig in die Hose gegangen“, hält er nichts von Schönrederei. Eder gibt aber zu, zu jener Gruppe zu gehören, die anfangs gerne in Selbstmitleid verfallen, wenn es nicht läuft. „Da muss ich aufpassen“, verrät er, verweist aber auf starken Rückhalt in der Familie.

Gerade Freundin Kati, mit der er Töchterchen Marlene hat, sei diesbezüglich sehr wichtig und würde ihn schnell aus seiner Lethargie holen. „Sie kann das ganz gut“, lacht Eder, der der verpassten Chance „nicht nachtrauern“ will und sich lieber auf die drei Chancen konzentriert, die ihm die Titelkämpfe im Mekka des nordischen Skisports noch bieten.
Wie der Vater, so der Sohn?
Er will sich zwar nicht auf eine Medaille fixieren, weil der Druck sonst zu groß wäre, angesichts der Form von Fourcade ist ihm aber bewusst, dass er wohl aufs Stockerl kommen muss, um sich die Kristallkugel zu sichern.
„Fast unmenschlich“ seien schließlich die Leistungen des Franzosen, der seit Jahren die Szene beherrscht und von Erfolg zu Erfolg eilt. Gerade in der Wintersportart mit der wohl größten Dichte könne man dies gar nicht hoch genug einschätzen.
Unschlagbar ist aber auch Fourcade nicht, deshalb glaubt Eder an seine Chance, diesem den „Grand Slam“ zu vermasseln. Zumal sich auch aus einem anderen Grund der Kreis schließen würde. Vor 30 Jahren gewann sein Vater und Trainer Alfred WM-Bronze im Einzel. Und das ausgerechnet am Holmenkollen.
Christoph Nister