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Rollenverteilung und weitere Erfolgsfaktoren

Neben (laut Spielplan erwartungsgemäß) Oberwart stehen St. Pölten und Klosterneuburg etwas überraschend an der BSL-Spitze. Auf der Suche nach den Gründen.

Rollenverteilung und weitere Erfolgsfaktoren Foto: © LAOLA1

Obwohl ich in der letzten Woche schon St. Pölten und Klosterneuburg zum Hauptthema gemacht habe, sind die beiden Klubs auch heute wieder dran. Diesmal allerdings mit ihren Herren.

Nach drei BSL-Runden sind SKN und Dukes neben Oberwart weiterhin ungeschlagen. Während die Gunners die Bottom-Three der vergangenen Saison dank ihrer Defense erwartungsgemäß (recht knapp) bezwingen konnten, waren die Streaks von St. Pölten und Klosterneuburg so nicht vorhersehbar.

Die Liga-Neulinge Michael Randolph (SKN, 28,7 Punkte pro Spiel) und Michael Weathers (Dukes, 22,0) führen die Scorerliste an – haben die beiden Teams also einfach die besten Spieler und ist das ihr Erfolgsgeheimnis? Nein, so einfach kann man es sich natürlich nicht machen.

Die Qualität der Spieler ist selbstverständlich eine Grundvoraussetzung für Erfolg, aber sehr selten reicht es, die besten Einzelspieler in seinen Reihen zu haben. Was aber tatsächlich wichtig ist, dass man auf zumindest einen Spieler zurückgreifen kann, der a) andere in Szene setzen kann bzw. zum Beispiel durch Penetrations so viel Gefahr ausstrahlt, dass seine Mitspieler leichtere Würfe bekommen und der b) gegen Ende der Shot-Clock aus „nichts“ noch viel machen kann. Diese Eigenschaften erfüllen Randolph und Weathers definitiv.

Mike Randolph Jr. trumpft bislang groß auf
Foto: © Copyright Pictorial/Michael Filippovits

Andere Faktoren sind mindestens ebenso entscheidend, können aus einem durchschnittlichen Team ein gutes oder aus einem guten ein sehr gutes machen. Ein Schlüssel ist auf jeden Fall die Rollenverteilung und damit, dass die Spieler diese Rollen auch tatsächlich kennen und annehmen. Ein absoluter Top-Mann diesbezüglich ist übrigens Deutschlands Weltmeister-Trainer Gordie Herbert, der in meinem Rookie-Jahr in Oberwart mein Coach war und der mit seiner Struktur die Grundlage dafür geliefert hat, dass ein „Holzgschnitzter“ wie ich auch seinen kleinen Teil zum (überraschenden) Platz eins vor den Playoffs beitragen konnte 😉

Ohne mich großartig mit taktischen Details zu beschäftigen, ist diese Rollenverteilung bei St. Pölten auch aus den Stats eindeutig ablesbar. Randolph, der in den bisherigen Spielen durchschnittlich fast 38 Minuten auf dem Parkett stand, und Matej Kavas nahmen bislang 22,7 von 32,7 Zweipunkte-Würfen (und folglich auch einen Großteil der Freiwürfe) der Mannschaft – eine bemerkenswerte Statistik, wie ich finde! Fast alle anderen Rotationsspieler (Angerbauer/Jagsch/Atasoy/Dukic/Tomaschek) werfen ungeachtet ihrer Position alle eklatant mehr Dreier als Zweier.

Mike Weathers besticht mit seinem athletischen Drive
Foto: © Copyright Pictorial/Michael Filippovits

Obwohl Calvin Poulina zumindest offensiv nicht unbedingt Legionärs-Qualität mitbringt, ist der SKN im Angriff bislang wirklich top. Die geringste Turnover-Anzahl der Liga ist dabei ebenso bis zu einem gewissen Grad auf die angesprochene Struktur und Rollenverteilung zurückzuführen: Wenn jeder weiß, was er machen soll und auch das macht, was er am besten kann, passiert zwangsläufig weniger „Blödsinn“. Unangenehme Defense von Roman Jagsch und Co. (7,7 Steals!) kennt man ja schon aus den vergangenen Saisonen.

In Klosterneuburg ist die Situation ähnlich: Wie St. Pölten verfügen die Dukes mit Weathers über einen starken Scorer auf der Shooting-Guard-Position, wenn auch Drive lastiger. Und auch Damir Zeleznik hat zwei Big Men, die viel von außen werfen, in der Starting Five. Insgesamt verfügen die Klosterneuburger bislang aber über weniger Shooting-Stärke, sie sind dafür defensiv extrem erfolgreich.

Zufällig habe ich vor einigen Tagen mit SKN-Coach Mike Coffin telefoniert und hier kommen wir zum vielleicht wichtigsten Erfolgsbaustein: Die heurige Truppe sei eine der am härtesten arbeitende, die er je gehabt hat. Es mache Team und Staff jeden Tag großen Spaß in die Halle zu gehen.

"Am Ende des Tages musst du ein guter Mensch sein."

Thomas Klepeisz

„Leadership“ ist ein weiteres Zauberwort: Der Coach, der Kapitän gehen voran, aber wichtig sind auch Standards, die sich in einem Team etabliert haben, ohne dass sie „von oben“ dauernd eingefordert werden müssen. Eindruck hat auf mich ein Interview mit Ulms Meister-Kapitän Thomas Klepeisz gemacht: „Am Ende des Tages musst du ein guter Mensch sein“, ist der Schlüsselsatz des Güssingers zum Thema Team-Chemie.

Apropos Klepeisz: Bei der Wahl zu Österreichs Sportler des Jahres landete er auf Rang 16, Jakob Pöltl vor allen Alpinen auf Platz sieben (und Gmunden im Team-Ranking an 14ter Stelle). Es wäre schön, wenn sich diese schöne Anerkennung auch in der ganzjährigen Berichterstattung bemerkbar machen würde!

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