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Vor 25 Jahren: Muster schreibt Sportgeschichte

Noch immer ist der Steirer der erfolgreichste Tennis-Spieler Österreichs.

Vor 25 Jahren: Muster schreibt Sportgeschichte Foto: © GEPA

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Auch ein Vierteljahrhundert nach seinem Triumph bei den French Open ist Thomas Muster noch immer der einzige Österreicher, der einen Einzel-Sieg bei einem der vier Tennis-Grand-Slam Turniere feierte.

Mit drei Grand-Slam-Finali ist Dominic Thiem zwar auf Musters Fersen, doch bislang steht der Steirer noch allein am rot-weiß-roten Tennis-Zenit.

Am Donnerstag jährt sich die Sternstunde des 52-Jährigen zum 25. Mal.

Das Jubiläum, das dieses Jahr auf Fronleichnam fällt, war bereits vor 25 Jahren ein Feiertag für Österreichs Sport.

"Spiel, Satz und Sieg Muster"

(Der Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Um 17.22 Uhr MESZ verkündet der Schiedsrichter an jenem 11. Juni 1995 "Spiel, Satz und Sieg Muster" und Thomas Muster ist das Husarenstück bei den French Open gelungen. Als erster Österreicher gewinnt der damals 27-Jährige ein Major-Turnier in der Weltsportart Tennis im Einzel.

Nach dem 7:5,6:2,6:4-Erfolg über den als Nummer sechs gesetzten US-Amerikaner Michael Chang ist allen Beteiligten bewusst: Hier wurde österreichische Sportgeschichte geschrieben. Für Muster ist es im Stade Roland Garros sein größter Sieg, es sollte bei am Ende 44 Turniertiteln sein einziger Grand-Slam-Triumph bleiben. Muster klettert am Montag danach in der Weltrangliste auf Platz drei.

1995 Meilenstein in Karriere

1995 Meilenstein in Karriere
Foto: © GEPA

Das Jahr 1995 bleibt aber auch aus anderen Gründen ein herausragendes in der Karriere des Leibnitzers: Insgesamt zwölf ATP-Titel holt Muster in diesem Jahr und schafft damit die Grundlage für den nächsten Meilenstein für Österreichs Sport.

Am 12. Februar 1996 erklimmt Muster, mitten in der auf Montag vertagten "Verlängerung" des Davis Cups in Johannesburg, für insgesamt sechs Wochen Platz eins im ATP-Ranking.

25 Jahre später ist man im Stade Roland Garros auf der Suche nach einer Spur von Thomas Muster erfolglos. Auf dem gesamten Areal gibt es im Gegensatz zu anderen Großturnieren keine "Palmares", also eine in Stein gemeißelte Siegerliste.

Die letzte Spur Musters wurde ausgerechnet Anfang Juni dieses Jahres abgerissen: Die legendäre "Stierkampf-Arena", der Court 1, wurde Opfer des Modernisierungsschubs der Anlage im Westen von Paris.

Am oberen Rand des kreisrunden Stadions befinden sich Ehren-Steinplatten mit den jeweiligen Siegern in den Jahren. Auf einer steht "1995 T. Muster S. Graf". Die Platten wurden aber nicht zerstört, sondern sind derzeit zwischengelagert und finden möglicherweise bald den Weg ins Tennis-Museum auf der Anlage.

Muster sind solche Details egal, den Moment des Triumphes hat er aber in lebhafter Erinnerung. "Es ist wie ein Film, der abläuft. Es ist wie im Zeitraffer von der Kindheit weg bis dorthin", erklärt der mittlerweile 52-jährige Steirer am Montagabend auf ServusTV. "Der Druck, der abfällt - es ist eine unbeschreibliche Situation, wenn so ein Traum in Erfüllung geht." Dabei sei er gar nie so ehrgeizig gewesen, wie er dargestellt worden sei, verrät Muster. "Man wird zu etwas gemacht."

Dominic Thiem als Nachfolger

Zu seinem Nachfolger ist längst Dominic Thiem auserkoren. Am vergangenen Sonntag hätte der Roland-Garros-Champion 2020 gekürt werden sollen, doch die Coronavirus-Pandemie hat den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Thiem wäre auch dieses Jahr erster Herausforderer des bisher schon zwölfmal an der Seine siegreichen Sandplatz-Königs Rafael Nadal gewesen. Der 26-jährige Weltranglisten-Dritte aus Lichtenwörth hat jedenfalls das Zeug dazu, den "Coupe des Mousquetaires" als zweiter rot-weiß-roter Spieler zu holen - möglicherweise noch in diesem Jahr, sollte Roland Garros tatsächlich im September/Oktober nachgetragen werden.

Muster: "Bin keiner, der in der Vergangenheit lebt"

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Foto: © GEPA

Unabhängig davon sind die sportlichen Heldentaten von Thomas Muster unvergessen. Für Muster selbst ist der Blick zurück eigentlich eher unüblich. "Das Leben geht weiter und ich bin keiner, der in der Vergangenheit lebt", meinte er einmal. Vor dem 25. Jahrestag tat er es dann aber doch.

Die Emotionen an jenem Tag 11. Juni waren groß. Aufgrund seiner tollen Sandplatz-Siegesserie und in Erinnerung an das verlorene Halbfinale gegen Andres Gomez 1990 hatte sich Muster selbst den größten Druck gemacht. "Im ersten Moment war ich sprachlos. Kein Mensch kann sich vorstellen, was sich hier für ein Druck in einem aufstaut", sagt Muster nach dem größten Triumph seiner Karriere und lässt sich tief in die Seele blicken: "Ich war wie eine Geisel, der Matchball wie die Befreiung. Es ist ein fantastisches Gefühl!"

Ein Gefühl, das er danach in Abgeschiedenheit im familiären Kreis und beim Fischen auskostet. Noch am gleichen Sonntagabend fliegt er nach Hause, von den heute üblichen Siegesposen mit der Trophäe am Tag darauf oder gar noch einer Pressekonferenz ist keine Rede. Die Medien- und Vermarktungsmaschinerie ist ein Vierteljahrhundert später um ein Vielfaches angewachsen.

Auf der Suche nach Nachfolgern des "Musterminators" innerhalb Österreichs sind einige Karrieren zerbrochen oder zumindest beeinträchtigt worden. Am nächsten kam dem Steirer zunächst 2010 Jürgen Melzer, als dieser erst im Halbfinale der French Open verliert. Nun ist Thiem mit vier Semifinali bzw. zwei Finali en suite allein in Paris seit 2016 in der Pole Position.

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