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Khachanov - kein "Step-by-Step"-Typ

Viel haben die Viertelfinal-Kontrahenten in Paris aber nicht gemein.

Khachanov - kein Foto: © getty

Zum bereits vierten Mal in Folge kann Dominic Thiem am Mittwoch (ab circa 17:30 Uhr im LIVE-Ticker) bei den French Open ins Halbfinale einziehen.

Was für den 25-jährigen Niederösterreicher mittlerweile beinahe schon Routine ist, ist für seinen Viertelfinal-Kontrahenten eine gänzlich neue Erfahrung: Karen Khachanov steht in Roland Garros erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier unter den letzten Acht.

Dass der 23-jährige Russe trotz seiner ruhigen Persönlichkeit kein Vertreter der Step-by-Step-Politik wie Thiem ist, hat er allerdings schon beim letzten Mal bewiesen, als die drei Variablen Khachanov-Thiem-Paris aufeinandertrafen.

Im vergangenen Jahr stürmte der damals nur eingefleischten Tennis-Fans bekannte Moskauer beim Hallen-Turnier in Paris-Bercy mit beeindruckenden Siegen über unter anderem Thiem, Alex Zverev und Novak Djokovic zu seinem ersten ATP-1000-Titel und forderte damit mit einem lauten Paukenschlag seinen Platz in der Weltelite des Tennis-Sports ein.

Khachanov erstmals in den Top 10

Diesen macht ihm mittlerweile niemand mehr streitig: Derzeit ist er noch die Nummer elf der Welt, durch den Achtelfinal-Erfolg in Paris über Juan Martin Del Potro steht sein erstmaliger Sprung in die Top 10 allerdings bereits fest.

Zumindest auf Position neun wird Khachanov am kommenden Montag im ATP-Ranking aufscheinen - einen größeren Sprung nach vorne will naturgemäß Thiem im zweiten Aufeinandertreffen der beiden verhindern.

Thiem weiß, was ihn erwartet

Der Schützling von Nicolas Massu weiß, was ihn am Mittwoch erwartet. Neben dem schon erwähnten Spiel in Paris-Bercy trafen die beiden zudem bei einem Einladungs-Turnier in Abu Dhabi am Ende der Vorbereitung auf die aktuelle Saison aufeinander. Auch bei diesem Hartplatz-Duell blieb der 1,98 Meter große Russe, der vor allem dank seiner Service-Stärke gefürchtet ist, ohne Satzverlust.

Thiem kennt Khachanov zudem von vielen gemeinsamen Trainings-Sessions. Auch eine gemeinsame Trainer-Vergangenheit verbindet die beiden: Khachanov spielte von 2014 bis Ende 2017 in Barcelona in der Tennis-Akademie von Galo Blanco, der nach dem Ende dieser Zusammenarbeit Touring-Coach von Thiem wurde.

Der Niederösterreicher freut sich jedenfalls schon auf die nahende Paris-Revanche: "Sein Aufschlag ist extrem stark, seine Vorhand megagefährlich. Das wird ein cooles Match morgen."

Im vergangenen Herbst habe Khachanov in Paris-Bercy "unglaublich gespielt. Er steht jetzt auf elf und wird nach dem Turnier in die ersten Zehn einziehen. Jeder, der so weit vorne steht, spielt unglaubliches Tennis."

Viel Lob für Khachanov von Del Potro

Ein Liedchen davon kann Juan Martin Del Potro singen. Der Argentinier, neben dem charismatischen Landsmann Marat Safin das große Vorbild des Russen, musste sich einem überragenden Khachanov im Achtelfinale in vier Sätzen geschlagen geben.

"Er ist körperlich in einer sehr guten Verfassung", sagt Del Potro. "Er kann dem Ball richtig viel Power mitgeben. Unter diesen Bedingungen gibt es nur sehr wenige Spieler, die den Ball so hart spielen können. Khachanov ist einer dieser Spieler."

Mit 15 Jahren zum Ivanisevic-Coach

Dass hinter seinem Können nicht nur viel Talent, sondern auch eine Menge harter Arbeit dahintersteckt, zeigt ein kurzer Blick auf den bisherigen Lebenslauf.

Der aus einer Mediziner-Familie stammende Rechtshänder griff schon im Alter von drei Jahren erstmals zum Schläger und verdiente sich fortan bei Spartak Moskau seine erste Sporen.

Nachdem das außergewöhnliche Talent Khachanovs nicht mehr zu verbergen war, zog er schon mit 15 Jahren von Moskau nach Split, wo er sich vom ehemaligen Goran-Ivanisevic-Coach Vedran Martic weiter formen ließ.

Eineinhalb Jahre später wagte er wie sein Vorbild Safin den Sprung nach Spanien zu Blanco, dem er laut eigener Aussage viel zu verdanken hat: "Galo hat mir gezeigt, wie hart ich arbeiten muss. Er hat alles verbessert, auch meine mentale Stärke." Mittlerweile trainiert Khachanov übrigens wieder bei Martic.

Khachanov lässt sich nicht in die Karten blicken

Dementsprechend fokussiert ist er dann auch, wenn man ihn auf seine Zielsetzung anspricht: "Ich will Nummer eins werden und Grand-Slam-Turniere gewinnen", so Khachanov, der auch abseits des Courts zu glänzen vermag: Neben seiner Profi-Karriere absolviert er ein Fernstudium in Sportwissenschaften an einer Moskauer Universität.

Ob sich der kluge Kopf schon einen Matchplan für das Duell mit Thiem ausgedacht hat? "Ehrlicherweise habe ich noch gar nicht so viel darüber nachgedacht", lässt sich Khachanov noch nicht in die Karten blicken.

"Ich werde natürlich mein Bestes gegen ihn geben. Er hat es in Paris in den letzten drei Jahren jeweils zumindest bis ins Halbfinale geschafft. Dominic ist einer der besten Sandplatz-Spieler der Welt. Aber ich werde mit Kampf dagegenhalten."

Werdender Vater

Für Khachanov ist es vorläufig das letzte Turnier, bei dem er auf die Unterstützung seiner Frau Veronika Shkliaeva, die er vor drei Jahren mit gerade einmal 19 Lenzen vor den Traualtar führte, zurückgreifen kann. Sie erwartet in Bälde das erste gemeinsame Kind der beiden.

"Es ist nicht wirklich stressig für sie", so Khachanov. "Trotzdem wird Paris wahrscheinlich vorläufig das letzte Turnier sein, weil sie nicht mehr reisen kann. Wir erwarten das Kind im September."

Kennengelernt haben sich die beiden übrigens schon mit gerade einmal acht Jahren, als der damals schon stürmische Khachanov seine zukünftige Ehefrau mit dem Gepäckswagen niederfuhr. "Was für ein Idiot!" soll die kleine Veronika damals gegenüber ihrer Mutter über ihren zukünftigen Ehemann gesagt haben.

Der "Step-by-Step"-Typ war Khachanov eben noch nie.

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