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Thiem und der Nobody aus Palermo

Der unglaubliche Werdegang des Millionärs-Sohns vom angeblichen Wettebetrüger zum Paris-Helden:

Thiem und der Nobody aus Palermo Foto: © getty

Es ist eines jener Tennis-Märchen, die gerade in Paris immer wieder einmal geschrieben werden. Marco Cecchinato hatte vor Beginn der French Open in vier Events noch kein Grand-Slam-Einzel gewonnen und nun steht der Weltranglisten-72. sensationell im Halbfinale.

Der 25-jährige Italiener hat einen derartigen Lauf, dass ihn auch der nächste Gegner Dominic Thiem am Freitag nicht mehr schreckt.

"Ich habe ihn schon einmal geschlagen, warum nicht?", meinte ein überglücklicher Cecchinato.



Dabei wäre Cecchinato, der ein Tattoo mit der Glücksnummer "13" am Arm hat, beinahe schon in der ersten Runde ausgeschieden. 0:2-Sätze lag er gegen den Rumänen Marius Copil zurück, ehe er noch 10:8 im fünften Satz gewann.

"Mein Leben hat sich verändert"

Danach beendete er den Glückslauf eines Lucky Losers mit dem gleichen Vornamen, Marco Trungelliti (ARG). Jener Marco, der schon aus Paris abgereist war, dann aber mit dem Auto von Barcelona nach Paris gereist war, um doch im Hauptbewerb zu spielen, ist nun nicht mehr die Story des Turniers.

Denn danach begann der gebürtige Mann aus Palermo seinen unerwarteten Run erst so richtig: Viersatz-Sieg über den als Nummer 10 gesetzten Spanier Pablo Carreno Busta, im Achtelfinale erneut in vier Sätzen gegen die Nummer 8, David Goffin aus Belgien, weiter, und nun hat er auch noch Superstar Novak Djokovic (SRB-20) mit 13:11 im Tiebreak des vierten Satzes bezwungen.

WAS FEHLT THIEM NOCH ZUM SUPERSTAR?

Ist Dominic Thiem zu fad, um ein echter Superstar auf der ATP-Tour zu werden? Und was fehlt ihm spielerisch noch? LAOLA1 on Air - der Sport-Podcast hat mit Dominic und Wolfgang Thiem gesprochen und geht in einer von Moderator Bernhard Kastler geführten Diskussionsrunde mit Kurier-Tennis-Journalist Harald Ottawa und LAOLA1-Experte Christian Frühwald diesen Fragen nach. Viel Spaß beim Reinhören!

"Ich glaube, mein Leben hat sich verändert. Also nach Roland Garros brauche ich etwas Pause, um das alles zu realisieren", meinte Cecchinato, der sich von Platz 72 in die Top 30 verbessern wird, lachend. Auf die Bemerkung, dass er nun in Wimbledon sogar gesetzt sein wird, meinte er humorvoll: "Das ist gut für meinen Gegner."

Klassisches "one-slam-wonder"?

Der Siegeszug des Marco Cecchinato erinnerte auch an frühere Nobodys, die danach allerdings nie wieder so weit kamen und als "one-slam-wonders" in die Geschichte eingingen. Der Niederländer Martin Verkerk, ebenfalls mit einhändiger Rückhand, war so einer: 2003 stieß er damals bis ins Pariser Endspiel vor, sorgte dann aber nie wieder für so viel Furore.

Ein ähnlicher Fall war zwei Jahre später der Argentinier Mariano Puerta, der ebenfalls bei den French Open das Endspiel erreichte. Danach fiel er aber bei einem Dopingtest durch und wurde gesperrt.

Ein anderer, der wie Phoenix aus der Asche dann sogar zum Turniersieg stürmte, machte sich hingegen in Roland Garros zur Legende: Gustavo "Guga" Kuerten holte als Nummer 66 der Welt den Titel und sollte 2000 und 2001 noch zwei weitere nachlegen.

Der Brasilianer ist bei den Parisern, wenn er als Gast auftaucht, immer noch enorm beliebt. Es wird sich weisen, in welche Kategorie man Cecchinato einst einordnen wird. Den bisherigen Siegeslauf kann ihm, unabhängig vom Ausgang am Freitag im Halbfinale gegen Thiem, aber keiner mehr nehmen.

Sperre wegen angeblicher Matchabsprache

Über ein dunkles, nie ganz aufgeklärtes Kapitel seiner Karriere möchte Cecchinato aber in Paris nicht sprechen:

Vor etwas über zwei Jahren wurde er vom italienischen Verband wegen einer angeblichen Matchabsprache zunächst für 18 Monate gesperrt, von einem anderen Gericht wurde es dann auf 12 Monate reduziert und dann wegen Verfahrensfehlern bzw. versäumter Fristen überhaupt aufgehoben.

Cecchinato stammt aus wohlhabendem Hause in Palermo, sein Vater ist Boss eines großen öffentliches Spitals.

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