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"Österreich gehört zu den Besten der Welt"

Für Pakistan-Kapitän Qureshi ist Österreich eines der besten Tennis-Länder Europas.

Foto: © GEPA

Erstmals in der Verbandsgeschichte spielt Pakistan ein Auswärtsspiel im Davis Cup in Europa.

Damit steht fest, dass der Länderkampf zwischen Österreich und dem asiatischen 200-Millionen-Einwohner-Staat auf jeden Fall einen Platz in den Geschichtsbüchern bekommt.

Ein historischer Erfolg scheint im Vorfeld allerdings nicht zu befürchten zu sein: Die Gäste kommen mit keinem einzigen im ATP-Einzel-Ranking vertretenen Spieler nach Tulln an der Donau.

Nur Doppel-Spezialist Aisam-ul-Haq Qureshi ist als Nummer 56 der Doppel-Weltrangliste im ATP-Computer vertreten. Der mittlerweile 42-jährige Routinier fungiert zugleich – zum erst zweiten Mal - als pakistanischer Davis-Cup-Kapitän.

Sein Debüt verlief Anfang März mit dem überraschenden 3:2-Heimsieg über Litauen mehr als erfolgreich.

Im LAOLA1-Interview spricht der pakistianische Tennis-Pionier über den Stellenwert des weißen Sports in Pakistan, die krasse Außenseiter-Position in Tulln und erklärt, warum er Österreich zu den größten Tennis-Nationen Europas zählt und das pakistanische Tennis im Aufschwung sieht.

LAOLA1: Wie gefällt es Ihnen in Österreich bzw. in Tulln?

Qureshi: Es ist unglaublich schön hier. Soweit ich weiß, war von unserem Team mit Ausnahme von mir noch niemand jemals zuvor in Österreich. Pakistan spielt im Davis Cup normalerweise nur gegen asiatische Teams. Deshalb ist das für uns natürlich super aufregend. Als die Auslosung stattfand, hat Dominic Thiem gerade sein Comeback begonnen und unsere Spieler haben schon gesagt, dass sie gerne gegen Österreich und damit gegen Thiem spielen würden. Und dann haben wir euch wirklich bekommen. Ich selbst war nicht so glücklich damit, weil ich wusste, wie schwierig das gegen Österreich sein würde, besonders auf Sand – wenn auch ohne Thiem. Es ist ja ein bisschen schade, dass er nicht mitspielt. Es hätte mich für meine Burschen gefreut. Er ist ein echtes Vorbild und eine Inspiration – nicht nur in Österreich, sondern auch für andere Spieler. Wir sind trotzdem froh, hier zu sein.

LAOLA1: Sie sind schon 42 Jahre alt und im Doppel schon sehr lange in den Top 100 der Welt. Wie hält man sich so lange fit und in der Weltklasse?

Qureshi: Es ist definitv nicht leicht. Wenn man aber eine echte Leidenschaft und auch eine gewisse Verantwortung für den Sport und das eigene Land verspürt, dann macht es das leichter. Pakistan hat mehr als 200 Millionen Einwohner und ich bin seit vielen Jahren der einzige Spieler in den Top 100. Wenn man so eine Position einnehmen darf, lässt einen das noch härter und disziplinierter arbeiten. Ich will einfach meiner Verpflichtung nachkommen.

LAOLA1: Sie sind fast gleich alt wie ÖTV-Kapitän Jürgen Melzer und Sie kennen ihn von der gemeinsamen Profi-Zeit wahrscheinlich auch schon sehr lange. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Qureshi: Ja, natürlich. Er ist ein sehr guter Freund. Ich habe sowohl gegen als auch mit ihm gespielt. Gleich binnen zehn Sekunden, nachdem die Auslosung da war, habe ich eine Nachricht von Jürgen bekommen, dass er sich darauf freut, uns hier begrüßen zu dürfen. Ich schrieb ihm: „Ich hoffe, ihr spielt auf Rasen?!“ Auf diesem Belag haben wir im März sensationell Litauen mit 3:2 besiegt. Jürgen meinte: „Nein, nein, keine Chance. Wir gehen gegen euch kein Risiko ein.“ Ich wusste eh, dass ihr auf Sand, eurem besten Belag, spielen werdet. Aber irgendwo bin ich happy, dass sich Österreich, zumindest ein kleines bisschen, fürchtet, sodass ihr nicht auf Hardcourt in der Halle oder auf Rasen spielt.

Im Davis Cup passieren immer wieder Überraschungen. Die österreichischen Spieler verfügen auch nicht über soviel Davis-Cup-Erfahrung. Und Erfahrung ist im Davis Cup wichtig. Einige meiner Spieler haben schon öfter im Davis Cup gespielt als eure Leute.

Qureshi sieht eine kleine Chance

LAOLA1: Wie bewerten Sie die Ausgangsposition gegen Österreich?

Qureshi: Wir müssen unser Bestes geben, uns an die Situation hier anpassen und Österreich einen großen Kampf liefern. Österreich ist natürlich der Favorit, aber wir sind in den letzten zwölf bis 15 Jahren immer Underdog gewesen, wir sind das gewohnt. Für uns geht es darum, alles zu geben, mehr als 100 Prozent. Das ist ja das Schöne an unserem Team: Wenn es darum geht, für Pakistan zu spielen, bringen wir immer mehr als 100 Prozent Leistung.

LAOLA1: Ihre Spieler verfügen nicht einmal über ein ATP-Ranking. Was erwarten Sie sich von ihnen, wenn sie gegen Top 200-Spieler antreten müssen?

Qureshi: Ich bin erst zum zweiten Mal Davis-Cup-Kapitän. Ich weiß, was sie spielen können und was sie leisten können. Das erwarte ich mir von ihnen. Ob sie jetzt gewinnen oder verlieren ist sekundär. Sie sollen rausgehen und ihr bestes Tennis und ihr Potenzial zeigen. Mehr kann ich von ihnen nicht verlangen. Als Kapitän will ich das Beste aus ihnen rausholen. Und dann schauen wir mal. Im Davis Cup passieren immer wieder Überraschungen. Die österreichischen Spieler verfügen auch nicht über soviel Davis-Cup-Erfahrung. Und Erfahrung ist im Davis Cup wichtig. Einige meiner Spieler haben schon öfter im Davis Cup gespielt als eure Leute. Das können wir vielleicht zu unserem Vorteil nutzen und es für Österreich schwierig machen.

LAOLA1: Peilen die pakistanischen Spieler überhaupt eine Profi-Karriere an?

Qureshi: Ja, auf jeden Fall. Alle im Team wollen es einmal auf die ATP-Tour schaffen. Von Aqeel Khan abgesehen, der genauso alt ist wie ich. Aber auch er hat ja in der Vergangenheit Future- und Challenger-Turniere gespielt. Die Youngsters wollen in den nächsten Jahren auf der Future-Ebene Fuß fassen und Tennis-Profi werden. Dafür wünsche ich ihnen alles Gute und ich hoffe, dass wir sie dorthin führen können.

LAOLA1: Wie groß ist der Stellenwert von Tennis in Pakistan?

Qureshi: Ich versuche als Vorbild zu agieren – so gut ich das halt kann. Ich will mithelfen, das Tennis in Pakistan zu verbessern. In den letzten Jahren sind immer mehr Sponsoren auf diesen Sport aufmerksam geworden. Das ist ein gutes Zeichen. Es gibt in Pakistan einige gute Programme, die 14-18-jährigen Spielern helfen, besser zu werden, sodass sie vielleicht einmal eine Profi-Karriere starten können. Das ist sehr gut für das Land. Hoffentlich werden wir in der nahen Zukunft einige gute junge Spieler aus Pakistan auf die ATP-Tour führen können. Ich habe auch vor ein paar Monaten eine eigene private Initiative gestartet, wo ich Talente auf den richtigen Weg führen will, damit sie sowohl eine gute Ausbildung als auch gute Tennis-Trainings bekommen. Ich will meine Erfahrungen an die Jungen weitergeben.

LAOLA1: Auf welchen Belägen wird in Pakistan bevorzugt gespielt?

Qureshi: Ich bevorzuge den Rasen, aber international geht es immer mehr Richung Hardcourt. Auch in Pakistan werden immer mehr Hartplätze gebaut. Als ich mit dem Tennis begonnen habe, waren 80 Prozent der Plätze in Pakistan Rasenplätze. Heutzutage sind es wohl nur mehr 40 Prozent und 60 Prozent sind Hardcourts. Tennis wird auf der Tour in erster Linie auf Hartplatz und Sand gespielt und daran müssen wir uns natürlich auch in Pakistan orientieren. Dementsprechend ist mittlerweile Hartplatz der bevorzugte Belag in Pakistan.

LAOLA1: Wie bewerten Sie rückblickend den überraschenden 3:2-Sieg gegen Litauen?

Qureshi: Es war natürlich ein historischer Erfolg für uns. Die Formatänderung im Davis Cup hat es möglich gemacht, dass wir nun gegen europäische Teams spielen können und das ist für uns natürlich sehr aufregend. Mit Ausnahme von Neuseeland haben wir eben sonst in den letzten Jahren nur gegen asiatische Mannschaften gespielt. Ich kann mich noch an 2005 erinnern, als wir einmal in den Weltgruppen-Playoffs auf Chile getroffen sind. Ich bin sehr stolz auf diesen Sieg und es ist für uns eine tolle Sache, dass wir nun in Österreich spielen dürfen. Österreich ist eine Tennis-Nation und gehört zu den besten Ländern der Welt. Hoffentlich können wir am Freitag und Samstag eine gute Show abliefern.

LAOLA1: Was halten Sie von den österreichischen Spielern?

Qureshi: Ich verfolge sie schon seit einigen Jahren. Sie schlagen sich sehr gut auf der Tour. Rodionov ist ein guter Kämpfer. Es sind alles Top-200-Spieler, die sich schon nahe an die Top 100 vorgekämpft haben. Vor allem auf Sand ist das eine schwierige Aufgabe für uns. Und Erler/Miedler haben jetzt zwei Challenger-Turniere hintereinander gewonnen. Es ist ein richtig starkes Team. Österreich ist eine der besten Tennis-Nationen Europas. Allein schon wegen Dominic Thiem, der für alle – nicht nur in Österreich – ein großes Vorbild ist. Ich bin auch ein einhändiger Rückhand-Spieler und ich liebe es, ihm zuzusehen. Er ist eine Inspiration für jeden Tennis-Spieler und für jeden Österreicher im Besonderen. Seitdem Thiem auf der Tour ist, kommen auch immer mehr Österreicher auf der Tour nach. Ihr seid auf dem richtigen Weg.

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