Nach dem Davis Cup geht es für Dominic Thiem wieder um sein täglich Brot auf der ATP-Tour.
Motivationsmangel war bislang zwar noch nie ein Problem für den 22-jährigen Niederösterreicher, in diesen Tagen darf er sich aber aber trotz der anstrengenden letzten Wochen über einen zusätzlichen Motivationsschub freuen.
Am Montag spuckte ihn der ATP-Computer erstmals als Nummer 13 der Welt aus. Auf die Top Ten fehlen dem rot-weiß-roten Shooting-Star nur mehr 285 Punkte.
"Sicher denkt man dran. Jeder lügt, der sagt, er denkt nicht dran", will Thiem gar nicht verleugnen, wie wichtig es ihm wäre, als dritter Österreicher nach Thomas Muster und Jürgen Melzer diesen Sprung in die Weltelite zu schaffen.
Top-Turniere werden immer wichtiger
Doch bekanntlich wird die Luft an der Spitze immer dünner. Um in den oberen Weltranglisten-Regionen Plätze gutzumachen, ist ein gutes Abschneiden bei den Top-Turnieren mittlerweile unabdingbar. "Ich muss endlich anfangen, auch bei den 1000ern gute Ergebnisse einzufahren. Das ist mir bislang nicht oder nur teilweise gelungen", weiß Thiem.
Punkte von Thiem bei Grand-Slam-Turnieren
Datum | Turnier | Runde | Punkte |
---|---|---|---|
| Australian Open |
| 90 |
| US Open |
| 90 |
| Wimbledon |
| 45 |
| French Open |
| 45 |
Da trifft es sich gut, dass in den nächsten Wochen mit Indian Wells und Miami die ersten beiden ATP-1000-Turniere in dieser Saison auf dem Programm stehen.
Vor allem in Kalifornien kann Thiem nach seiner Erstrunden-Niederlage gegen James Duckworth im Vorjahr voll punkten. Am Sonntag bekommt er es nach seinem Freilos in Runde eins in Runde zwei mit dem Sieger des Qualifikanten-Duells Pierre-Hugues Herbert (FRA) gegen Jozef Kovalik (SVK) zu tun.
1000er-Turniere haben besonderen Stellenwert
Doch warum sind die ehemaligen Masters-Events überhaupt so wichtig für die Spitzenspieler?
Das liegt nicht nur darin begründet, dass es hier für den einzelnen Profi bis zu 1.000 Weltranglisten-Punkte zu holen gibt. Schließlich macht auch Kleinvieh Mist. Mit seinen vier 250er Titeln hat Thiem ebenfalls 1.000 Zähler für sich verbuchen können.
Punkte von Thiem bei ATP-1000-Turnieren
Datum | Turnier | Runde | Punkte |
---|---|---|---|
| Miami | Viertelfinale | 180 |
| Rom | Achtelfinale | 90 |
| Paris |
| 45 |
| Shanghai |
| 45 |
| Cincinnati |
| 10 |
| Canada |
| 10 |
| Indian Wells |
| 10 |
In die Wertung für das ATP-Ranking kann jeder Spieler aber nur insgesamt 18 Turniere einbringen.
Frühe Niederlagen bei Grand-Slam- und 1000er Veranstaltungen wiegen zudem doppelt und dreifach schwer, da man diese trotz eines eventuell besseren Ergebnisses bei einem anderen Event nicht mehr aus diesen 18 Turnieren verdrängen kann. Jedes Antreten in den höchsten Kategorien ist geblockt.
Startzwang bei den Top-Events
Um die Situation noch pikanter zu machen, gibt es einen Startzwang. Ist ein Spieler für die Major- oder 1000er-Turniere durch sein Ranking im Starterfeld, hat er die Verpflichtung an diesen als "Mandatory" bezeichneten Events teilzunehmen. Nur bei einer ärztlichen Entschuldigung kann ein "Nuller" verhindert werden.
Dadurch erklärt sich auch, warum die meisten Weltklasse-Spieler nur sehr wenige kleinere ATP-Turniere auf 500er- und 250er-Ebene bestreiten.
Neben den vier Grand Slams und den acht verpflichtenden 1000er-Turnieren (Monte Carlo hat als 1000er nach der letzten Turnier-Kalender-Reform einen Sonderstatus ohne Startzwang) können die Asse nämlich nur mehr sechs weitere Turniere in die Wertung miteinbringen.
Punkte von Thiem bei ATP-500-, ATP 250- und Challenger-Turnieren
Datum | Turnier | Runde | Punkte |
---|---|---|---|
| Acapulco | Sieg | 500 |
| Rio de Janeiro | Halbfinale | 180 |
| Buenos Aires | Sieg | 250 |
| Gstaad | Sieg | 250 |
| Umag | Sieg | 250 |
| Nizza | Sieg | 250 |
| Brisbane | Halbfinale | 90 |
Viele Turnier-Starts von Thiem
Dies macht sich derzeit besonders bei Thiem bemerkbar, der in den letzten 52 Wochen - für einen Spitzenspieler ungewöhnlich - die große Zahl von 31 Turnieren bestritt.
Novak Djokovic hat beispielsweise gerade einmal 17 Events gespielt. Die übrigen Top-10-Spieler liegen zwischen 19 und 23.
Da Thiem im Vorjahr für das 1000er in Madrid nicht qualifziert war, darf er vorläufig wenigstens sieben kleinere Events in seine Wertung aufnehmen, diesen Platz füllt er allerdings mit seinen fünf Turniersiegen in Acapulco (500), Buenos Aires, Gstaad, Umag und Nizza (jeweils 250) schnell auf.
Nicht gewertete Turniere von Thiem
Datum | Turnier | Runde | Punkte |
---|---|---|---|
| St. Petersburg | Halbfinale | 90 |
| Kitzbühel | Halbfinale | 90 |
| Basel | Achtelfinale | 45 |
| München | Viertelfinale | 45 |
| Nottingham | Achtelfinale | 20 |
| Monte Carlo |
| 10 |
| Irving (Challenger) | Achtelfinale | 10 |
| Sydney | Achtelfinale | 0 |
| Wien |
| 0 |
| Peking |
| 0 |
| Halle |
| 0 |
| Stuttgart |
| 0 |
| Barcelona |
| 0 |
Hinzu kommen noch das Halbfinale von Rio (180) und jenes zu Jahresbeginn in Brisbane (90). Starke Ergebnisse wie die letzjährigen Halbfinal-Einzüge in St. Petersburg und Kitzbühel fallen ihm bereits raus.
Um sein Punktekonto abseits der 1000er Ebene aufzustocken, müsste Thiem dementsprechend mehr als 100 Punkte machen. Und selbst dann wäre der Nettogewinn gering, da ja der 90er von Brisbane wieder abgezogen werden müsste.
Viele Möglichkeiten in Indian Wells
Gänzlich anders verhält es sich nun aber in Indian Wells: Aus dem Vorjahr hat Thiem nur zehn Punkte aus Runde eins zu verteidigen. Zieht er ins Achtelfinale ein, darf er sich in eineinhalb Wochen 80 Nettozähler gutschreiben.
Bei einem Viertelfinale wären es 170 und bei einem eventuellen Halbfinale 350. Letzteres könnte sich bereits für die Top 10 ausgehen, wie ein Blick auf die bereinigte Weltrangliste ohne den Vorjahrespunkten von Indian Wells zeigt.
Die im Falle einer Auftaktniederlage zu erwartenden zehn Punkte sind bei den in Indian Wells startenden Spielern bereits dazu gerechnet.
Weltrangliste nach Abzug der Vorjahrespunkte von Indian Wells
Platz | Spieler | Land | Punkte |
---|---|---|---|
1. | Novak Djokovic | SRB | 15.550 |
2. | Andy Murray | GBR | 8.335 |
3. | Roger Federer | SUI | 7.695 |
4. | Stan Wawrinka | SUI | 6.325 |
5. | Rafael Nadal | ESP | 4.640 |
6. | Kei Nishikori | JPN | 3.900 |
7. | Tomas Berdych | CZE | 3.730 |
8. | David Ferrer | ESP | 3.460 |
9. | Jo-Wilfried Tsonga | FRA | 2.960 |
10. | Richard Gasquet | FRA | 2.715 |
11. | Marin Cilic | CRO | 2.555 |
12. | John Isner | USA | 2.505 |
13. | Dominic Thiem | AUT | 2.430 |
14. | Milos Raonic | CAN | 2.060 |
15. | Kevin Anderson | RSA | 2.020 |
Punkte und Preisgeld in Indian Wells
Runde | Punkte | Preisgeld |
---|---|---|
Sieg | 1.000 | 1.028.300 Dollar |
Finale | 600 | 501.815 Dollar |
Halbfinale | 360 | 251.500 Dollar |
Viertelfinale | 180 | 128.215 Dollar |
Achtelfinale | 90 | 67.590 Dollar |
| 45 | 36.170 Dollar |
| 25 | 19.530 Dollar |
| 10 | 11.970 Dollar |
Dadurch erklärt sich auch, warum ein gutes Abschneiden von Dominic Thiem in den kommenden Wochen in Indian Wells und Miami so außerordentlich wichtig für den weiteren Saisonverlauf wäre.
Hier gemachte oder verlorene Punkte wirken sich langfristig auf sein ATP-Ranking aus. Daran können auch spätere Erfolge bei kleineren Turnieren nur bedingt etwas ändern.
Christian Frühwald