Dominic Thiem schreibt in diesen Tagen mit seiner Teilnahme bei den ATP World Tour Finals ein Stück österreichische Sportgeschichte.
Wirklich bewusst, scheint dies aber nur wenigen heimischen Fans zu sein, wie sich sein Coach Günter Bresnik im LAOLA1-Gespräch wundert.
„Ich will niemanden missionieren, aber es wird in Österreich immer noch viel zu wenig registriert, dass er da dabei ist und was das eigentlich bedeutet“, meint der 55-Jährige, der den Fans einen Blick über die Landesgrenzen nahelegt.
Dominic Thiem ist erstmals beim Masters dabei. Das ATP-Portrait:
Im Ausland mehr Akzeptanz
„International findet dieser sportliche Erfolg wesentlich mehr Akzeptanz, als es in Österreich der Fall ist“, verteidigt Bresnik seinen Schützling, der vor wenigen Wochen für viele Tennis-Fans überraschenderweise nicht zum österreichischen „Sportler des Jahres“ gekürt worden ist. Diese Ehre wurde Ski-Ass Marcel Hirscher zuteil, der seinen fünften Gesamt-Weltcupsieg in Folge einfuhr.
„Das hat gar nichts mit der Sportlerwahl zu tun, die eh in Ordnung geht“, so Bresnik weiter. „In Österreich wird aber oft gesagt: ‘Wie gibt’s das, dass der da überhaupt mitspielt?‘ Da kann ich nur sagen: Er hat sich seine jetzige Position in den letzten 12 Monaten nicht nur verdient, sondern auch hart erarbeitet.“
„Die Leute haben zu wenig Sportkultur“
Dank vier Turniersiegen (Acapulco, Stuttgart, Nizza, Buenos Aires), dem Einzug ins French-Open-Halbfinale und Siegen über in London wegen Verletzungen fehlenden Superstars Rafael Nadal und Roger Federer schaffte Thiem im ATP Ranking heuer nicht nur den Sprung auf Platz sieben, aufgrund seiner Leistungen wurde er von seinen Spielerkollegen auch zum „Most Improved Player of the Year“-Award nominiert.
"Die Leute tun sich mit einem normalen Umgang mit der Leistung schwer, weil sie zu wenig Sportkultur und zu wenig Kultur mit der Sportart im speziellen haben."
Selbiges gelang übrigens auch Bresnik in der Kategorie des „ATP Coach of the Year“. Internationale Anerkennungen auf die man durchaus stolz sein darf.
„Normal dauert es in Österreich immer ein bisschen länger, wenn einer beim Masters ist, sollte man aber schon einmal feststellen, dass er ganz gut Tennis spielen kann. Die Leute tun sich mit einem normalen Umgang mit der Leistung schwer, weil sie zu wenig Sportkultur und zu wenig Kultur mit der Sportart im speziellen haben. Deshalb können sie es nicht einschätzen.“
Bresnik gibt allerdings zu, dass es im Tennis aufgrund der hohen Dichte nicht immer einfach sei, gezielte Prognosen abgeben zu können.
„Ich tu mir ja selbst schwer damit. Für mich war das Masters das ganze Jahr kein Thema. Und plötzlich fährst du mit dem Boot auf der Themse herum, der Dominic hat eine eigene Umkleidekabine und der Chauffeur fragt uns, wo er auf dich warten soll. Das ist eigentlich komplett krank.“
„Ein bewegender Moment für Dominic“
Bresnik war als Betreuer von Doppel-Spezialist Nenad Zimonjic selbst schon zwei Mal beim World Tour Finale mit dabei. Trotzdem ist auch für den erfahrenen Trainer die Reise zu dem 7,5-Millionen-Dollar-Event etwas ganz Besonderes.
„Selbst beim 20. Mal ist es wohl immer noch beeindruckend. Für acht Leute ein Turnier in diesem Ausmaß zu machen ist unglaublich. Jeder hat eine eigene Umkleidekabine, einen eigenen Fahrer. Du fährst mit dem Boot zur Halle und kannst dadurch dem Straßenverkehr ausweichen. Im Hotel haben die Spieler sogar einen eigenen geräumigen Frühstücksraum. Es ist schon das ganze Jahr über super auf der Tour, aber hier wirst du noch einmal in einer ganz anderen Form verwöhnt.“
Vor allem die O2-Arena hat es Bresnik angetan. „Diese Halle ist einfach beeindruckend, wie ein Fußball-Stadion. Wenn die Halle bummvoll ist und du da einläufst, ist das sicher ein bewegender Moment für Dominic.“
Erstmals auf dem Platz steht Thiem am Sonntag um 15 Uhr. Sein Gegner? Kein Geringerer als Superstar Novak Djokovic, der Masters-Sieger der vergangenen vier Jahre!
Christian Frühwald