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Konrad nach Sieg: "Mit Brechstange versucht"

Für den Radprofi geht ein langersehnter Traum in Erfüllung.

Konrad nach Sieg: Foto: © GEPA

Etappen-Zweiter bei der Tour de France und beim Giro d'Italia, zweimal in den Top-Ten der Gesamtwertung des Giro, Gesamt-Dritter bei der Tour de Suisse, zweifacher österreichischer Meister. Wohl kein österreichischer Radsportler war oft so nah am langersehnten "großen" Sieg auf der World-Tour dran wie der Niederösterreicher Patrick Konrad.

Am Dienstag belohnte er sich auf der 16. Etappe der 108. Tour de France schließlich mit dem längst überfälligen Erfolg

"Der erste Sieg auf der World Tour und das beim größten Radrennen der Welt, ich bin wirklich sprachlos", so Konrad im ersten Interview nach dem Rennen auf Eurosport. "Der Sieg ist für meine Familie, meine Freunde und mein Team Bora - für alle, die an mich geglaubt haben. Ich glaube, der Erfolg ist im richtigen Moment gekommen. Ich bin richtig stolz, das ist wie ein Befreiungsschlag."

Aller guten Dinge sind 4!

Exakt 90 Jahre nachdem Österreichs Rad-Pionier Max Bulla 1931 einen seiner drei Etappenerfolge feierte, schlug auch für Konrad die große Stunde. Dass zu Beginn der Etappe Ax-3 Domaines, wo Georg Totschnig 2005 den letzten Rot-weiß-roten Erfolg bei der Frankreich-Rundfahrt verbuchen konnte, beinahe durchfahren wurde, war für den 29-Jährigen wohl ein gutes Omen.

Schon mehrmals versuchte er im Laufe der diesjährigen Tour sein Glück in einer Fluchtgruppe, mehr als Rang zwei vergangene Woche wollte aber einfach nicht herausspringen. Auch weil oftmals die Zusammenarbeit mit den Fluchtgefährten nicht nach Wunsch des Sohnes von Vienna-City-Marathon-Veranstalter und Ex-Leichtathlet Wolfgang Konrad funktionierte.

"Ich war schon dreimal in einer Ausreißergruppe, diesmal wollte ich es aber bis zum Finish durchziehen", erklärte Konrad. "Ich habe mir schon nach dem zweiten Platz gedacht, wenn ich noch einmal in diese Situation komme, bin ich der Erste, der angreift. Ich bin glücklich, dass es funktioniert hat, wie ich mir das ausgemalt habe. 500 m vor dem Ziel habe ich dann an den Sieg geglaubt", gibt Konrad einen Einblick in seine Gefühlswelt während des Rennens.

"Das Glück erzwungen"

Foto: © GEPA

Obwohl er länger als seine langjährigen Weggefährten Lukas Pöstlberger (Giro-Etappensieg), Gregor Mühlberger und Felix Großschartner auf den ersten Sieg im Ausland warten musste, ging der Glaube daran nie verloren. "Ich werde es weiter probieren", hatte er noch nach Rang zwei am Samstag vollmundig angekündigt.

Am Dienstag belohnte er sich schließlich mit dem ganz großen Wurf.

"Ich habe gewusst, ich habe die Beine, die Form und das Talent, dass ich so etwas gewinnen kann. Heute habe ich quasi das Glück etwas gezwungen und habe es mit der Brechstange versucht, als ich auf der zweiten Bergwertung das Loch zur Spitzengruppe zugefahren bin. Ich war ruhig und habe mir gesagt: 'Patrick, du bist heute der, der gewinnt. Es geht gar nicht anders.' Ich habe es geschafft, eine Tour-de-France-Etappe gewonnen."

Lob für die starke Vorstellung gab es auch vom Sportlichen Leiter von Konrads bora-Team, Enrico Poitschke, der nach dem zweiten Etappensieg des Teams schon "von einer fantastischen Tour" sprach.

Damit wurde der verletzungsbedingte Ausstieg von Top-Star Peter Sagan kollektiv aufgefangen. Außerdem liegt mit dem Niederländer Wilco Kelderman der Mann fürs Gesamtklassement als Sechster weiter im absoluten Spitzenfeld.

Enttäuschung bei Verfolgern

Weniger glücklich waren Konrads Verfolger im Ziel, die es auf den letzten 40 Kilometern im Verbund nicht schafften, den Niederösterreicher doch noch einzufangen.

Der zweitplatzierte Italiener Sonny Colbrelli resümierte: "Der zweite Platz gibt mir nicht viel. Ich wäre gerne ganz vorne gewesen. Ich habe mein Bestes gegeben, aber wir sind nicht mehr herangekommen. Patrick war stärker."

Dank des Sieges wird Konrad auf der am Mittwoch stattfindenden "Königsetappe" in den Pyrenäen eine ganz besondere Ehre zuteil. Er wird die 17. Etappe mit der roten Startnummer - das Zeichen für den angriffslustigsten Fahrer des Vortages - auf dem Rücken bestreiten.

Das sollte dem dritten österreichischen Etappensieger bei der bedeutendsten Rad-Rundfahrt der Welt aber nur weiter Auftrieb geben, wenn am Mittwoch vor dem extrem schwierigen Schlussanstieg zwei weitere Berge der höchsten Kategorie zu bewältigen sind. Konrad werden diese nicht aus der Bahn werfen, vielmehr gilt der Fokus schon dem nächsten Ziel: dem Straßenrennen bei Olympia in Tokio.

Auch dort ist Konrad jetzt alles zuzutrauen, Beine, Form und Talent hat er ja.


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