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Neue Tischtennis-Bedingungen in Rio

Ein Tisch, der aus dem Dschungel kam, und tropische Verhältnisse als Störfaktoren.

Neue Tischtennis-Bedingungen in Rio

Das olympische Tischtennis-Turnier beginnt schon am Tag nach der Eröffnung der Spiele in Rio (6.8.). Auf die Athleten warten ungewöhnliche Umstände in Halle 3 des "Riocentro".

Entgegen des geltenden Standards, nach dem bei internationalen Veranstaltungen auf blauen Tischen und roten Böden gespielt wird, kommen grüne Tische auf hellgrünem Untergrund zur Anwendung.

Während sich die chinesischen Top-Favoriten längst darauf einstellen konnten, ist dieses Setup für die meisten anderen Nationen Neuland.

Wo ist der Ball?

Für den Laien mag dieser Umstand marginal erscheinen. Allerdings kommt die üblicherweise genutzte Kombination nicht von ungefähr.

Das 40 Millimeter kleine, weiße Spielgerät bewegt sich im Extremfall mit 180 km/h. Schlechter Kontrast zur Umgebung, zum Tisch und dieser beiden Komponenten zueinander ist ein Störfaktor für die Aktiven.

Auch für den Zuschauer hat sich die Kombination von Rot und Blau als am angenehmsten bewährt.

Experimente bei Großereignissen

In Rio de Janeiro legt man jedoch mehr Wert auf das durchgehende Branding der Spiele. Daher werden die früher häufiger genutzten, nun aber fast nur mehr im Breitensport zu findenden grünen Tische bevorzugt.

An und für sich nur eine kleine Umstellung. Die Problematik besteht in der Paarung mit dem ebenfalls grünen Untergrund.



"Alles, was irgendwie anders aussieht, als man gewöhnt ist, stört und irritiert etwas", gibt Daniel Habesohn bei LAOLA1 zu.

Österreichs gegenwärtige Nummer drei fährt als Ergänzung für den Team-Bewerb mit nach Brasilien. Er hatte im vergangenen Jahr mit den Augen zu kämpfen, trat einige Zeit mit optischer Sportbrille an den Tisch und unterzog sich Anfang 2016 einer Laser-Behandlung.

"Das Motto ist ja 'Regenwald', darum hat der Tisch auch Holzbeine, die an einen Baum erinnern. Es ist aber schlecht für uns, das hätte vorteilhafter ausgesucht werden können. Wir sind sehr gespannt, wie es bei schnellen Ballwechseln sein wird", erklärt der vor wenigen Tagen 30 Jahre alt gewordene Habesohn.

In London 2012 und bei der letzten Mannschafts-WM in Kuala Lumpur wurde ebenfalls mit andersartigen Böden experimentiert: "Es ist ein bisschen unverständlich, warum man immer bei so einem wichtigen Event die Bedingungen total verändert."

Seltenes Fabrikat

Dazu sind die Tische der japanischen Firma "San-Ei" auch abseits der Farbe als exotisch zu bezeichnen und in Europa kaum zu bekommen.

ÖTTV-Herren wie -Damen konnten bei ihrer getrennten Vorbereitung auf einzelne Exemplare zurückgreifen, die Böden waren aber nicht aufzutreiben. Entsprechend entschied man sich, ein paar Tage früher nach Südamerika zu reisen, um sich vor Ort vorzubereiten.

Der besondere Beigeschmack an der Sache: Für die Stars aus China stellen sich diese Probleme nicht. Schon seit einiger Zeit werden dort ganze Vorbereitungs-Turniere unter den Material-Voraussetzungen von Rio bestritten.

Nicht die erste Änderung in diesem Bereich, die so – trotz anderer Intention – zu einem unfreiwilligen Vorteil für die Dominatoren des Sports wird.

Test-Event ohne Teilnehmer

Für den Rest der Welt hätte sich vergangenen November die Möglichkeit geboten, an einer Art Generalprobe in der Olympia-Stadt teilzunehmen. Die österreichische Nationalmannschaft war jedoch, wie der Großteil der europäischen Delegationen, nicht vertreten.

Der Grund: Eine schlechte Termin-Ansetzung, die die meisten Top-Spieler mit der langen Anreise mitten in ihrer Vereins-Saison getroffen hätte.

Überhaupt werden nur selten internationale Tischtennis-Turniere in Südamerika abgehalten, für Daniel Habesohn ist es gar der erste Trip auf diesen Kontinent.

Unfreundliche Tropen-Verhältnisse

Und so kommt ein zweiter Faktor ins Spiel, der mangels Erfahrungswerten für ein wenig Unsicherheit sorgen könnte: Das Klima.

Denn auch Hallensportler haben unter hoher Hitze und Luftfeuchtigkeit zu leiden. Im Falle von Tischtennis-Spielern nicht nur aufgrund der Ansprüche an die körperliche Verfassung.


In der Qualifikation hat man schon gezeigt, was geht:


"Luftfeuchtigkeit ist einer der größten Störfaktoren, das merkt man auch in Asien, wo sie in der Regel sehr hoch ist. Das legt sich auf die empfindlichen Beläge, und der Ball rutscht drüber. Dann verliert man die Kontrolle darüber, wie beim Aquaplaning", sagt Habesohn.

Wenngleich in der südlichen Hemisphäre Winter herrscht: Bei den Spielen werden 30 Grad Außentemperatur keine Seltenheit sein. Kommt noch Regen dazu, wird es sehr problematisch.

Denn das beliebteste Gegenmittel ist eine Klimaanlage auf vollen Touren. Und ein Luftzug in der Halle kann die Flugbahn des federleichten Balls durchaus beeinflussen.

Schon in Athen 2004 bemängelte der damalige Weltmeister Werner Schlager ein solches Manko.

Schlimmer geht es nimmer

Eine Hoffnung bezüglich der Bedingungen formuliert Stefan Fegerl: Jene, dass es gar nicht mehr schlimmer gehen kann, als es 2016 schon war – bei der Team-WM in Kuala Lumpur.

"Es waren so ziemlich die schlechtesten Bedingungen, die es jemals bei so einem großen Event gegeben hat. Es war windig, feucht und schwer zu spielen, eine Katastrophe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es schlimmer wird als dort. Alles, was besser läuft, als in Kuala Lumpur, ist als positiv zu bezeichnen", so Österreichs Nummer eins in Rio.

Das wird auch für das Abschneiden gelten, war in Malaysia doch schon im Achtelfinale Schluss.

 

Johannes Bauer


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