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"Von manchen Arrivierten bin ich enttäuscht"

Der scheidende Projekt-Rio-Chef Peter Schröcksnadel erklärt, was im Sommersport möglich wäre.

Noch bevor die Olympischen Spiele in Rio am Sonntag zu Ende gehen, steht fest, dass Peter Schröcksnadel nicht mehr weiter Chef-Koordinator des Projektes Rio ist.

"Meine Mission ist erfüllt. Ich sorge nur noch für eine geordnete Übergabe", so der 75-Jährige.

Im Gespräch mit Medien-Vertretern spricht der Ski-Zamapano über die Erfahrungen seines Sommer-Intermezzos und zieht eine erste Olympia-Bilanz:

Frage: Herr Schröcksnadel, wie groß ist Ihre Freude angesichts der ersten österreichischen Olympia-Medaille seit 2008?

Peter Schröcksnadel: Das freut mich sehr, die Medaille signalisiert einen Fortschritt, aber drei Medaillen waren auch drin. Die Segelklassen, auf die wir gesetzt hätten (49er, 470er; Anm.), haben nichts gewonnen. Ich bin froh, aber nicht zufrieden.

Frage: Wenn Sie jetzt Bilanz ziehen müssten: Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit diesen Sommerspielen?

Schröcksnadel: Mit den Jungen - Hofmann, Graf, Lobnig, Unterwurzacher - bin ich es, aber nicht mit manchen Arrivierten, da fehlte mir der Biss, da bin ich enttäuscht. Das gilt für die Beachvolleyballer: Wie können die mit mehr Förderung (Doppler/Horst) weniger gut spielen als die anderen (Huber/Seidl)? Im Tischtennis war es anders, da waren die Sportler nervös.

Frage: Was ist das Grundproblem?

Du musst dir Killer erziehen, die im richtigen Moment da sind. Einen Psychologen braucht es dafür nicht, ich halte nichts von Psychologen. Ein Olympiasieger braucht keinen Psychologen, nur die im Mittelfeld haben einen.

Schröcksnadel über Psychologen

Schröcksnadel: Du musst dir Killer erziehen, die im richtigen Moment da sind. Einen Psychologen braucht es dafür nicht, ich halte nichts von Psychologen. Ein Olympiasieger braucht keinen Psychologen, nur die im Mittelfeld haben einen.

Frage: Wie könnte der Weg nach oben im Spitzensport aussehen?

Schröcksnadel: Du musst Zellen schaffen und um die herum etwas aufbauen. Eine Gruppe, nicht Einzelsportler unterstützen - so wie im Segeln oder im Schießen. Die Leute brauchen Konkurrenz, um besser zu werden.

Frage: Der Anspruch unserer Sportler reduziert sich oftmals darauf, nur dabeizusein.

Schröcksnadel: Das Limit allein reicht nicht für Medaillen. Vielleicht muss man das hinaufsetzen, denn Medaillen müssen unser Ziel sein.

Frage: Wäre es eine Idee, nur Sportler mit Finalchance mitzunehmen?

Schröcksnadel: Das wäre ein Ansatz - oder, wie im Schwimmen, zumindest das Semifinale.

Frage: Was halten Sie vom neuen Sportminister Hans Peter Doskozil, der erst ein halbes Jahr im Amt ist?

Schröcksnadel: Ein Macher, das zeigt sein Auftreten in der Flüchtlingsthematik.

Frage: Er will den Sport neu strukturieren, auch die Postenvergabe im Sport geriet zuletzt in die Kritik.

Schröcksnadel: Spitzensport darf nichts für Versorgungsposten sein. Schließlich geht es um ein Produkt, das ich verkaufen will.

Frage: Wenn man, wie Sie meinten, bereits über die Spiele in Rio hinausdenkt: Von wievielen Medaillen darf Österreich im Sommersport träumen?

Schröcksnadel: Sechs bis acht halte ich durchaus für möglich, warum nicht? Judo, Schießen, Segeln, Kanu, da gibt es viele Möglichkeiten. Man muss halt daran glauben.

Frage: Als Sie, ein Wintersportler, dieses Amt der Förderverteilung im Sommersport übernahmen - hätten Sie sich das Ganze leichter vorgestellt?

Schröcksnadel: Nein. Aber der Sommersport ist im Gegensatz zu uns zu sehr von der Politik abhängig.

Frage: Braucht man mehr Geld, um besser arbeiten zu können?

Schröcksnadel: Nein, davon ist genug da. Aber man muss es richtig verteilen, eine Lehmschicht abschöpfen, um wieder ohne Widerstände arbeiten zu können.

Frage: Was für einen Zeitraum stellen Sie sich vor?

Schröcksnadel: In vier bis sechs Jahren muss das funktionieren.

Frage: Olympische Spiele 2026 könnten die nächste Herausforderung sein, der Sportminister führte Innsbruck als möglichen Schauplatz an. Was denken Sie darüber?

Schröcksnadel: Warum nicht? Das wäre eine gute Idee! Man müsste es halt anders machen als bisher: Es kann nicht sein, dass Vertreter vom Veranstalterort (Innsbruck, Anm.) selbst zum Internationalen OIympischen Komitee gehen, dass muss offiziell über das Österreichische Olympische Komitee laufen.



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