news

Olympische Spiele im Zeichen der Krise

Polit-Krise, Zika, Rezession, Infrastruktur-Probleme: Rio hat vor den Spielen gehörig zu kämpfen.

Olympische Spiele im Zeichen der Krise

Zika, Rezession, politisches Chaos.

Rios Olympia-Premiere steht bisher unter keinem guten Stern. Aber es regiert der Optimismus.

"Die größten Herausforderungen bei der Organisation dieses Megaevents sind überwunden", erklärte Rios Bürgermeister Eduardo Paes bei der zehnten und letzten Visite des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Fast im Wochentakt hat Paes zuletzt ein neues Stadion eröffnet. Zu 98 Prozent sei alles fertig, betonen die Organisatoren der ersten Olympischen Spiele in Südamerika.

Und IOC-Vertreter Christophe Dubi unterstrich: "Es gibt keinerlei Besorgnis." Doch noch ist vom Olympiafieber in Rio de Janeiro nichts zu spüren. Und es ist noch nicht mal klar, wer die Spiele als Präsident eröffnen wird.

Der wiederkehrende Ruf nach Nachhaltigkeit

Paes' großes Vorbild ist Barcelona 1992. Wie damals will er mit heiteren Spielen, mit großartigen Bildern aus einer der schönsten Städte der Welt einen Touristenboom auslösen.

Er will "weiße Elefanten" verhindern, also Stadien, die nach Olympia verfallen. Eine Arena wird später zu einer Schule umgebaut.

Das oberste Gebot lautet: Nachhaltige, kostenbewusste Spiele, kein Gigantismus. Daher gibt es auch kein "richtiges" Olympiastadion, denn Eröffnungs- und Schlussfeier finden im Fußballtempel Maracana statt.


Es brodelt

Doch es ist nicht Olympia, das die Menschen derzeit bewegt. Die Wirtschaftsleistung ist 2015 um 3,8 Prozent eingebrochen, es droht die tiefste Rezession seit den 1930er Jahren.

Das einst gefeierte Boomland hat 9,6 Millionen Arbeitslose, regiert wird kaum noch, da es einen erbitterten Kampf gibt um die Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff gibt.

Mitte Mai entscheidet der Senat, ob Rousseff zunächst für 180 Tage suspendiert werden soll. Dann würde Vizepräsident Michel Temer die Spiele eröffnen.

Hinzu kommt ein milliardenschwerer Korruptionsskandal, in den über 50 Politiker verwickelt sind. Das Land ist tief gespalten, die Rio-Organisatoren sind wegen der miesen Lage zum radikalen Sparen gezwungen - so wird es tausende Freiwillige weniger geben und die Sportler müssen Abstriche beim Komfort machen. Zudem wird kräftig bei Eröffnung- und Schlussfeier gespart werden.

Brennpunkt Infrastruktur

Größtes Sorgenkind ist die neue Metro-Linie nach Barra, wo sich der Olympiapark befindet. Es ist das wichtigste Infrastrukturprojekt, das rund ein Viertel der Gesamtkosten ausmacht, aber womöglich nicht rechtzeitig komplett fertig wird.

Ursprünglich sollte die Linie 8,5 Milliarden Reais kosten, nun könnten es über 10 Milliarden (2,5 Mrd. Euro) werden. Als Notlösung könnte es einen eingeschränkten Verkehr der Metro geben. Im schlimmsten Fall müssen die Touristen mit Pendelbussen zum 40 Kilometer vom Zentrum entfernt liegenden Olympiapark anreisen.

Zuletzt stürzten bei starkem Wellengang fünfzig Meter eines für Olympia gebauten Küstenradweges in Rio ein. Der entlang der Avenida Oscar Niemeyer gebaute Weg ist 3,9 km lang und hat über 10 Millionen Euro gekostet. Insgesamt hat Rio bereits 435 km an Radwegen, bis zu den Spielen sollen es 450 km sein.

Ökologische Katastrophe

Doch kann die Macht der Bilder, zum Beispiel der Cristo, der auf die Ruderer in der großen Lagune Rodrigo de Freitas herunterblickt, die Probleme übertünchen?

In der Lagune kommt es immer wieder zu Fischsterben - aber noch dramatischer ist die Wasserqualität im Segelrevier, der malerischen, vom Zuckerhut eingerahmten Guanabara-Bucht. Fäkalien, Abwässer, multiresistente Keime - Wassertests fielen bisher katastrophal aus.

Und die Debatte um das mysteriöse Zika-Virus hält so manchen Olympia-Fan von einer Reise nach Rio ab. Allerdings sind die das Virus übertragenden Moskitos im südamerikanischen Winter weit weniger aktiv und Rio nicht so stark betroffen wie der Nordosten.

Von 7,4 Millionen Tickets für Olympische und Paralympische Spiele sind nach Angaben eines Sprechers bisher erst 62 Prozent verkauft. Viele Sportarten interessieren hier nicht. Die große Hoffnung: Da die Fußballgruppen nun ausgelost sind, soll der Verkauf anziehen.

Viel hängt an der Selecao

Die Stimmung wird auch vom Erfolg der Brasilianer abhängen, doch die Medaillenhoffnungen halten sich in Grenzen.

Ausgerechnet der einzige Schwimm-Olympiasieger, Cesar Cielo, verpasste überraschend die Qualifikation. Brasiliens beste Sprinterin, Ana Claudia Lemos, gab einen positiven Dopingtest ab. Als Pflicht gilt Olympia-Gold im Fußball. Neymar hat dafür nun die Freigabe vom FC Barcelona bekommen.

Bei den Olympischen Spielen 2012 in London landete Brasilien mit 3 Gold-, 5 Silber- und 9 Bronzemedaillen nur auf dem 22. Platz. Aber: Die Organisatoren setzen auf die traditionelle Begeisterungsfähigkeit und Lebensfreude der Brasilianer, auf dass es am Ende heißt: "tudo bem" - "alles gut".

Kommentare