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Wenn die Mama meint: "Lass es bleiben!"

Muttertag bei Beate Schrott und ihrer Mama mit Blumen, Frühstück und tiefen Einblicken.

Wenn die Mama meint:

Muttertag.

Das bedeutet Blumen, ein paar Bussis und Gedichte.

„Gedicht? Nein!“, schüttelt Beate Schrott mit leicht irritiertem Gesichtsausdruck den Kopf.

Na gut, mit 28 Jahren ist Österreichs erfolgreichste Hürdensprinterin diesem Muttertags-Ritual dann doch schon entwachsen.

Hinterhertrauern tut im Hause Schrott den wohlgeschliffenen Versen ohnehin niemand so wirklich. Auch die Mama nicht. „Das hat mit der Volksschule aufgehört und darüber bin ich auch ganz froh, weil es für die Kinder doch immer ein wenig Stress bedeutete. Und Stress brauche ich am Muttertag nun wirklich nicht“, schmunzelt Doris Schrott.

Abgesehen von Blumen und Bussis freut sich die 59-Jährige in erster Linie auf die gemeinsame Zeit mit ihren drei Kindern. Zelebriert werden die Feierlichkeiten für gewöhnlich am Frühstückstisch. „Wenn Beate da ist, dann deckt sie meistens den Tisch. Ich erinnere mich, einmal hat sie ihn sogar wunderschön mit Rosenblüten verziert.“

Seitdem die Olympia-Finalistin zu Trainingszwecken nach Arnheim übersiedelt ist, ist die gemeinsame Zeit noch wertvoller geworden. Da ist es wie ein Glücksfall, dass Beate nach einem sechswöchigen Trainingsblock in Florida just zum Muttertag einen Zwischenstopp in Österreich einlegt.

„Betzi“ und die schreiende Katze

Doch das Zeitfenster daheim, in dem Beate auch die Streicheleinheiten für Hund und Katze nachholen muss („Die Katze schreit mich förmlich an“), ist begrenzt, weshalb es ins Bild passt, dass Mutter und Tochter den Tag gemeinsam verbringen. Zwar im Auto, aber gemeinsam, denn nach dem Frühstück nehmen die beiden die zehnstündige Autofahrt in die Niederlande auf sich.

Mama Doris fährt ihre Tochter zurück zu ihrer Trainingsgruppe. „Ich mag es nicht, wenn die Betzi so lange alleine Auto fährt.“

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Wenn das Beste womöglich das Karriereende ist

Beate will im Olympia-Jahr endlich wieder voll durchstarten. Die Betonung liegt auf „endlich“.

Seit der Überraschung von London schlitterte Österreichs Rekordhalterin über die 100m Hürden (12,82 Sekunden) gefühlt von einer Verletzung in die nächste. Und wenn sie einmal fit war, machten ihr wie im Vorjahr Stürze bzw. Stürze auf der Nebenbahn einen Strich durch die Rechnung.

Eine harte Zeit.

Auch für Doris, die im Laufe der Jahre immer mehr zur besten Freundin ihre Tochter wurde. „Gerade, wenn du geglaubt hast, dass es endlich wieder bergauf gehen würde, kam der nächste Dämpfer“, litt sie mit. „Es kam dann allmählich zu dem Punkt, an dem du dich fragst, ob das überhaupt noch dafür steht.“

"Ich glaube, dass ich noch mehr draufhabe als die 12,80. Dass ich noch nicht alles gezeigt habe."

Beate Schrott

Eine Frage, die Doris auch ihrer Tochter stellte.

Beate: „Sie hat mich daran erinnert, dass ich Dinge machen soll, weil sie mir wirklich Spaß machen. Deshalb hat sie mir in den schwierigen Phasen der letzten Jahre auch geraten, es bleiben zu lassen.“

Ein Rat, welcher bei der EM-Dritten einen Nachdenkprozess auslöste. „Beim Gedanken daran, wirklich aufzuhören, hat sich in mir alles gesträubt. Da habe ich dann gemerkt, dass der Sport nach wie vor meine große Leidenschaft ist und das, was ich wirklich will“, beschreibt Beate eine für sie wichtige Erkenntnis. Eine, die ihr neue Motivation und Kraft gab.

„Wer soll an mich glauben, wenn das nicht einmal ich tun würde? An mich zu glauben, bin ich mir einfach selbst schuldig“, erinnert sie an ihr Rennen in London, welches ihr gezeigt hat, dass in der Leichtathletik mit ein bisschen Vertrauen in sich selbst vieles möglich ist.

Mutter Doris war bei der bislang größten Sternstunde ihrer Tochter live im Stadion gewesen. „Ich erinnere mich, dass ich nach dem Erreichen des Halbfinals, was ihr großes Ziel war, eigentlich schon sehr entspannt gewesen bin“, schildert die ehemalige Mehrkämpferin.

Ihr Gemütszustand änderte sich jedoch schlagartig, als sie vor dem Halbfinale mittels eines Guckers das Gesicht ihrer Tochter erspähte. „Als ich diese feste Entschlossenheit bei ihr gesehen habe, habe ich zu zittern begonnen wie noch nie in meinem Leben. Und was dann geschah, war einfach nur gewaltig“, versucht sie den zweiten Halbfinal-Platz in 12,83 Sekunden in Worte zu fassen.

Zwischen Wasserski und Voltigieren

Medizin fertig studiert, spielt Klavier und stand in einem Olympia-Finale.

Dieses – wenn man so will – „Zwischenresümee“ kann sich mehr als nur sehen lassen. Das Lob, sie habe bei ihrer Tochter offenbar etwas richtig gemacht, winkt Doris jedoch ab. „Das hängt nicht von mir als Mutter, sondern vom Kind ab.“

Wichtig sei als Elternteil gewesen, keinen falschen Ehrgeiz zu entwickeln. „Du kannst ihnen nur Angebote machen, tun müssen sie es dann selbst.“

Beate wuchs als mittleres Kind mit zwei Brüdern auf. Als gelernte Sportlehrerin legte ihre Mutter Wert darauf, dass ihre drei Kleinen eine möglichst breite sportliche Ausbildung genossen, weshalb sie einige Jahre turnten. Aus freien Stücken, versteht sich.

„Das war das Einzige, was ich wollte“, meint sie, um nach kurzer Nachdenkpause zu ergänzen: „Und dass sie in einer Sportart Fuß fassen, damit sie sich später nicht über Fortgehen oder Rauchen definieren müssen.“

Dass Beate letztlich ausgerechnet in der Sportart ihrer Mutter landete, sei mehr oder weniger Zufall gewesen. Geht es nach den Aktivitäten, die sie in jungen Jahren durchprobierte, könnte sie heute genauso gut Basketballerin, Voltigiererin, Wasserskifahrerin oder auch Kite-Surferin sein.

Doch die wahre Leidenschaft setzte sich letztlich durch. Einer, bei der Beate heuer noch einen drauf setzen will: „Ich glaube, dass ich noch mehr draufhabe als die 12,80. Dass ich noch nicht alles gezeigt habe.“

Am liebsten würde sie dies bei der EM in Amsterdam oder noch besser bei den Spielen in Rio beweisen.

Das Ticket für Brasilien haben Mutter und Tochter schon in der Tasche. Beate löste ihres im Vorjahr mit der Limit-Erbringung und Doris wird im Zuge der „Danke Mama“-Kampagne von Procter & Gamble eingeladen.

Fast so gut wie Blumen und Bussis. Aber nur fast.

 

Reinhold Pühringer


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