Während die meisten Menschen nie eine Skisprungschanze fachgemäß verwenden oder in voller American-Football-Montur in 120 Kilogramm Muskeln rennen werden, ist das beim Tischtennis anders.
Es gibt wenige Sportarten, die dann doch jedes Kind ausprobiert hat. Tischtennis-Tische befinden sich in jeder Schule, in den meisten Freizeiteinrichtungen oder in Parks. Der Tischtennis-Weltverband hat sogar mehr Mitgliedsländer als die Vereinten Nationen; ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie groß und bekannt diese Sportart ist.
Und Österreich mischt mit. So auch bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft 2025, die von 17. bis 25. Mai stattfindet. 2003 in Paris holte Werner Schlager den Weltmeistertitel im Männer-Tischtennis. Es war der erste Titel für Österreich seit Richard Bergmann im Jahr 1937. Der in Wien geborene Sohn polnisch-italienischer Juden spielte bereits ab 1939 für England.
Sport und Politik spielen im Hinblick auf Tischtennis einen bemerkenswerten Doppelpass; einen derartigen kennt man eher vom Fußball, aber ein Tischtennisspiel in Japan führte zur Annäherung zwischen den USA und China. Was "Ping Pong-Demokratie" ist und wieso das auch mit Forrest Gump zu tun hat, lest ihr HIER >>>
Dass gerade Tischtennis in China zum Nationalsport wurde, ist kein Zufall, ist er doch schnell erlernbar: Es braucht keine Skipisten, Sporthallen oder Schwimmbecken, um ihn auszuüben. Noch dazu kann man selbst im hohen Alter noch um die elf Punkte pro Satz kämpfen.
Der letzte WM-Titel bei den Frauen, der nicht an China ging, wurde 1995 vergeben.
Schlager ist eben der letzte Mann, der dem Reich der Mitte einen Weltmeistertitel entreißen konnte. 2004 war er "most famous foreign sportsman" in China – vor Tiger Woods und Michael Schumacher. Man mag den Sport dort eben: Olympisch ist Tischtennis seit 1988. Nur fünf von 42 Goldmedaillen gingen nicht nach China.
Wie Schlager zum Sport kam und wo Österreich aktuell steht und auch stehen kann, erklärt er bei 'Wir leben Sport'.
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LAOLA1: Wie immer fangen wir mit der Frage an, die mein letzter Gast, Marathon-Läuferin Julia Mayer, hinterlassen hat: Was treibt dich an und welche Ziele hast du? Und: Ist es einfacher, eine Medaille zu gewinnen als bei Olympia?
Werner Schlager: Begonnen habe ich, weil ich Zeit mit meinem Vater verbringen wollte. Wenn er einen anderen Sport gemacht hätte, wäre es etwas anderes geworden, also ist es nicht von mir ausgegangen. Man muss sich schon auch zwingen, jeden Tag an der Platte zu stehen. Die größte Motivation dabei ist der eigene Fortschritt. Zur zweiten Frage: Tischtennis hat mehr Mitgliedsverbände, als es Länder gibt. Da sind wir schon stolz darauf, aber die Konkurrenz ist sehr hoch, weswegen es auch schwierig ist, eine Olympia-Medaille zu machen. Speziell auch deshalb, weil die Asiaten sehr stark und noch dazu viele sind.
LAOLA1: Wann reißt Österreich wieder etwas?
Schlager: Schwer zu sagen. Damit man wirklich Weltmeister wird, muss sehr viel zusammenspielen, darum ist es müßig, in die Glaskugel zu schauen. Normalerweise gibt es zwei Handvoll Menschen, die Potenzial auf den Titel haben. Dann entscheidet auch die Auslosung. Wir sind in der Weltrangliste weit hinten und darum glaube ich, dass wir von Medaillen bei den Männern weit entfernt sind.
Zu meiner Zeit waren von den Top zwölf acht original aus China. Darunter Österreich, Frankreich, Deutschland, Belgien und Italien. Das hat sich in den 90er-Jahren quasi eingebürgert.
LAOLA1: Wer sind die Stars?
Schlager: Nummer eins ist immer ein Chinese. In Österreich haben Andreas Levenko und Liu Yuan zweimal in Folge den Staatsmeistertitel geholt. Es gibt immer zwei, drei Leute, die sich gegenseitig pushen. Unsere Beste in Europa ist Sofia Polcanova, sie wurde zweimal hintereinander Einzel-Europameisterin, das habe ich nicht geschafft.
LAOLA1: Wie aussagekräftig ist der EM-Titel?
Schlager: Er ist aussagekräftiger als man sich denken mag. Viele Europäerinnen sind ja "importiert". Sie waren gut in China und konnten dann in andere Länder gehen, weil sie die Freigabe erhalten haben. Zu meiner Zeit waren von den Top zwölf acht original aus China. Darunter Österreich, Frankreich, Deutschland, Belgien und Italien. Das hat sich in den 90er-Jahren quasi eingebürgert.
LAOLA1: Wo wer herkommt, ist ja am Ende auch egal. Faktisch ist es so, dass China einfach fast immer gewinnt. Warum?
Schlager: Sie machen einiges anders. Unter Mao Tse-Dung hat sich China geöffnet, und wer Forrest Gump gesehen hat, hat gesehen, wie er in China spielt. Man nutzt das auch propagandistisch und will zeigen, dass man die Kapitalisten schlagen kann. Darum hat man lange monetäre und menschliche Ressourcen darin reingesteckt.