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Nationalstadion? "Die Milliarde fehlt woanders"

Österreichs Sportinfrastruktur ist vielerorts nicht zeitgemäß. Das weiß auch Staatssekretärin Michaela Schmidt.

Nationalstadion?

Michaela Schmidt (SPÖ) hat als Sportstaatssekretärin nicht gerade wenig Aufgaben: Viele Sportverbände wollen entsprechende Infrastruktur, die die Politik zahlen muss - allerdings sind die Staatskassen knapp und das Geld sitzt alles andere als locker.

Diese Infrastruktur ist jedoch nicht nur dazu da, damit ein paar Leute Hand- oder Fußballspielen. Nur wenn die Kinder einerseits Vorbilder, andererseits Sportstätten vorfinden, können sie den Wert von Sport und Bewegung am eigenen Leib erfahren. Und das trägt dann zu einem fitteren Leben im Erwachsenenalter bei.

Über diese und mehr Themen spricht Schmidt im Podcast "Wir leben Sport" - HIER >>>

Was ihr im Hinblick auf Nationalstadion und Infrastruktur wichtig ist, ist hier aus dem Audioformat entnommen und aufgeschrieben.

Das Symbol der mangelhaften Infrastruktur: das Ernst-Happel-Stadion.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Sport braucht Vorbilder, dazu sind Sportstätten notwendig. Es gibt eine lange Liste, die der organisierte Sport gerne von der Politik abgearbeitet hätte, angefangen beim Nationalstadion bis zu Sporthallen. Was sagen Sie diesen in Zeiten knapper Mittel?

Michaela Schmidt: Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, ist tatsächlich die Hauptaufgabe der Sportpolitik. In Österreich sind in erster Linie Gemeinden und Länder dafür verantwortlich. Der Bund – in dem Fall das Sportministerium – ist dann verantwortlich, wenn es eine überregionale Bedeutung gibt. Nichtsdestotrotz arbeiten wir stark daran, dass wir die bestehende Sportinfrastruktur erheben. So können wir genau hinschauen, wo etwas fehlt. Es gibt zum Teil gar nicht zu wenige Sportstätten, wir nutzen sie nur oft sehr ineffektiv.  Da denke ich in erster Linie an die Schulinfrastruktur, die wir für Sportvereine viel mehr zur Verfügung stellen und nutzen müssen.

In dem Zusammenhang geht es beispielsweise um Öffnungszeiten. Diese Maßnahme ist leistbar und kostet nichts, wenn alle an einem Strang ziehen. Das wird in den nächsten zwei Jahren, in denen das Budget einfach stark begrenzt ist, besonders wichtig sein. Darüber hinaus müssen wir Neubauten auch intelligent bauen. Das heißt, dass Hallen so errichtet werden, dass sie für alle Sportarten genutzt werden können und nicht ein halber Meter Deckenhöhe für Volleyball oder in der Länge für Handball fehlt. Das ist in der Vergangenheit leider passiert. 

Der ehemalige Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler hat einige Dinge angestoßen.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Diesen Sportstättenkataster hat schon Ihr Vorgänger angekündigt.

Schmidt: Bisher ist es daran gescheitert, dass nicht alle Bundesländer mitgemacht haben. Diese Zustimmung haben wir vor einigen Wochen bekommen, damit können wir jetzt in die Umsetzung gehen.

LAOLA1: Deutschland hatte in den 1950ern einen sogenannten "Goldenen Plan", welche Sportstätten errichtet werden sollen. Haben Sie eine Vision?

Schmidt: Parallel zur Erhebung der Sportstätten werden wir auch mit den Verbänden darüber reden, wo Lücken sind. Was nicht überraschend sein wird, ist, dass wir ein massives Problem in der Schwimminfrastruktur haben. Da wird die Politik etwas liefern müssen. Gerade beim Schwimmen kommt es einfach dazu, dass mangelnde Schwimmkenntnisse einfach lebensgefährlich sind. Darum ist es prioritär, bis zu einem gewissen Alter schwimmen zu lernen, egal, wo man aufwächst oder ob die Eltern es können.

LAOLA1: In so gut wie jedem Ort gibt es einen Fußballplatz, Tennisplätze gibt es auch viele. Haben Sie eine Vorstellung, wie viele Sportarten ausgeübt werden können müssen – in einer Distanz, die jede:r eigenmächtig zurücklegen kann?

Schmidt: Das Ziel ist es, dass jedes Kind eine Sportart ausüben kann, unabhängig davon, wo es wohnt oder aus welchem sozialen Umfeld es kommt. Aber natürlich werden wir nicht alle 62 in Österreich in Verbänden organisierten Sportarten überall zur Verfügung stellen können. Eine gute, leicht zugängliche Mischung ist notwendig. Wer das früh lernt, dass Sport etwas Gutes ist, profitiert mehrfach: Etwa bei der Konzentration in der Schule, in der gesundheitlichen Prävention und letztlich auch bei der psychischen Gesundheit.

Oft wird in dem Zusammenhang diskutiert, ob wir zu viel für den Breitensport ausgeben, es zu viel Aufmerksamkeit für die tägliche Bewegungseinheit gibt und zu wenig für den Spitzensport. Dabei ist doch die beste Basis, dass hundert Prozent der Kinder in Kindergarten und Schule positive sportliche Erlebnisse haben. Und dann auch möglichst viele in einem Sportverein aktiv sind, aus dem die besonderen Talente auch Richtung Spitzensport gehen können. Jedenfalls ist eine gute Schnittstelle zwischen Schule und Verein wichtig. So war es zum Beispiel bei mir beim Faustball, zu dem ich auch über den Schulsport gekommen bin.

Michaela Schmidt geht es um viel mehr als Olympia-Medaillen.
Foto: © getty

LAOLA1: Berge müssen wir nicht bauen, aber das Nationalstadion ist nicht mehr zeitgemäß. Politisch wird ein Neubau oftmals dann in den Raum gestellt, wenn es einem passt. Im Raum stehen Neubaukosten in der Höhe von einer Milliarde Euro – Was sagen Sie den Sportfans in dem Zusammenhang?

Schmidt: Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf geeinigt, den Bau eines Nationalstadions zu prüfen. Gleichzeitig ist es so, dass Fußballspiele dort nur an vier, fünf, sechs Tagen im Jahr stattfinden würden. Es stellt sich die Frage, was an den restlichen 360 Tagen im Jahr mit dem Stadion geschieht. Dazu kommt, dass es nicht nur Errichtungs-, sondern auch jährliche Erhaltungskosten gibt. Im Idealfall steht so ein Stadion entweder für viele Sportarten zur Verfügung oder es rechnet sich als Veranstaltungsarena so, damit man die Fußballspiele bestreiten kann.

Wir werden Konzepte und internationale Beispiele dafür in den nächsten zwei Jahren prüfen. Es bräuchte eine langfristige, wirtschaftliche Tragfähigkeit. Man muss aber auch klar sagen: Die Gelder sind begrenzt und Politik bedeutet, Entscheidungen zu treffen. Wenn wir eine Milliarde Euro aus dem Budget für ein Nationalstadion ausgeben, geht das auf Kosten anderer Sportinfrastruktur. Diese Entscheidung müssen wir treffen. Meine Priorität auf Kinder und Jugendliche, auf Sportinfrastruktur für alle, habe ich dargelegt, da gibt es einfach Nachholbedarf gibt. Das bedeutet umgekehrt nicht, dass das Stadion nicht möglich ist, aber man muss die Wirtschaftlichkeit prüfen.

LAOLA1: Könnte man die Finanzierung mit Veranstaltern ermöglichen?

Schmidt: Genauso ist es ja auch derzeit. Das wird sich bei einem neuen Stadion nicht ändern und ist in anderen Städten auch so.

LAOLA1: Die Sportförderung durch die öffentliche Hand ist vielfältig und nicht so leicht zu durchschauen. Bürgermeister:innen oder Landeshauptleute können recht unabhängig Infrastruktur errichten. Wollen Sie sich das – auch im Sinne der Budgeteffizienz – genau ansehen und analysieren, wer wo wie viel Geld ausgibt und mehr Struktur rein zu bekommen?

Schmidt: Generell muss man wissen, dass Sportangelegenheiten in der Verantwortung von Ländern und Gemeinden sind und nicht wie andernorts eine Aufgabe des Bundes und von oben diktiert wird. Man kann das positiv sehen, weil es Sport in der ganzen Breite ermöglicht. Andere Staaten fördern nur einige, wenige Sportarten und investieren dort alles, um Olympia-Medaillen zu erreichen – diesen Ansatz teile ich nicht und wir verfolgen ihn auch hierzulande nicht. Wir sagen: Jede und jeder soll am Wohnort die entsprechende Infrastruktur haben, um aus ein paar Sportarten auswählen zu können.

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