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Leichtathletik: Russland droht Rauswurf

Skandal um Doping in russischer Leichtathletik spitzt sich zu. Weltverband beruft Krisensitzung ein.

Leichtathletik: Russland droht Rauswurf

Im größten Doping-Skandal der Leichtathletik-Geschichte hat die Führung des Weltverbandes (IAAF) für Freitagabend eine erste Krisensitzung angesetzt.

Möglicherweise fällt schon dann eine Entscheidung über den Ausschluss der russischen Athleten aus der IAAF und von den Olympischen Spielen 2016. Der russische Verband hatte für Donnerstagabend eine Erklärung angekündigt.

IAAF-Präsident Sebastian Coe hat seine eigene Tendenz in dieser Woche schon einmal anklingen lassen. Er halte die Einbeziehung der Russen im Zweifel für besser als ihre Ausgrenzung, sagte Coe.

Der öffentliche Druck auf das 27-köpfige Council der IAAF ist aber gewaltig, da nicht zuletzt die Ermittlungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in ihrem Bericht empfohlen hat, die Russen vorerst aus dem Weltverband auszuschließen.

US-amerikanischer Zeigefinger

Genau dafür sprach sich jetzt auch der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur aus. "Russischen Athleten sollte nicht mehr erlaubt werden, auf der großen Bühne zu starten.

Denn das, was jetzt herausgekommen ist, verletzt die Rechte aller sauberen Athleten", sagte USADA-Chef Travis Tygart der Deutschen Presse-Agentur.

Der Mann, dessen Organisation 2012 in einem Bericht das systematische Doping der Radsport-Legende Lance Armstrong aufgedeckt hat, forderte außerdem: "Die betroffenen Athleten und ihre Trainer müssen bestraft und ihre Preisgelder sowie Medaillen zurückgegeben werden. Der russische Verband, die Kontroll-Labore und die Nationale Anti-Doping-Agentur müssen zur Verantwortung gezogen werden."

Reedie vorsichtig

WADA-Chef Craig Reedie formulierte das etwas zurückhaltender. Aber auch er sagte dem Londoner "Evening Standard": "Der Ball liegt jetzt weit in der russischen Spielhälfte. Ich denke, dass es einen Willen gibt, den Russen zu helfen. Aber sie müssen auch zeigen, dass sie reformieren wollen, was über Jahre in ihrem Land passiert ist."

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich am Mittwoch gegen eine mögliche "Kollektivstrafe" für die russischen Leichtathleten ausgesprochen. "Sportler, die nie etwas mit Doping zu tun hatten, sollten nicht die Verantwortung übernehmen müssen für andere, die die Regeln verletzten", sagte er bei einem Treffen mit Sportfunktionären in der Olympiastadt Sotschi.

Putin forderte eine weitere Untersuchung des Skandals durch einheimische Behörden. "Wenn unsere ausländischen Kollegen Zweifel haben, ist es notwendig, dass keine Fragen offen bleiben", sagte er laut einem Bericht der Agentur Interfax.

Mutko wehrt sich

Multifunktionär Witali Mutko wird in dem WADA-Report beschuldigt, selbst eine zentrale Figur des Dopingsystems zu sein.

Er solle persönlich angeordnet haben, "bestimmte Dopingproben zu manipulieren", heißt es. Der 56-jährige Sportminister, der auch im Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes (FIFA) sitzt und das Organisationskomitee für die Fußball-WM 2018 leitet, wettert seit der Veröffentlichung gegen den Report und hielt ihm auch diesmal vor, voller Widersprüche zu sein.

"Es ist lächerlich zu behaupten, dass wir Sportler reinwaschen - wenn wir gleichzeitig Milliarden in den Anti-Doping-Kampf stecken", meinte Mutko.

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