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Wo steckt die nächste österreichische Darts-Generation?

In den vergangenen Jahren ging es für die Österreicher in der PDC eher bergab. Woran liegt das?

Wo steckt die nächste österreichische Darts-Generation? Foto: © getty

Was bringt die Zukunft des Österreichischen Darts?

Auf höchster Ebene, der PDC, gab es schon bessere Zeiten. Mit Mensur Suljovic und Rusty-Jake Rodriguez haben zurzeit zwei Österreicher die Tourcard. Das waren vor einigen Jahren noch mehr. 

2018 spielten gar vier Österreicher gleichzeitig auf der PDC-Tour. Die Erfolge - in erster Linie natürlich durch Suljovic - waren ebenso größer. "The Gentle" gewann als erster und einziger Österreicher ein Major-Turnier (Champions League), obendrein gab es das legendäre World-Matchplay-Finale gegen Gary Anderson

Nicht nur aufgrund sportlicher Gründe fiel die einstige Nummer fünf der Welt auf Rang 62 zurück. Dahinter liegt mit Rusty-Jake Rodriguez (25 Jahre) nur noch ein weiterer Österreicher auf Platz 121. Wo steckt eigentlich die nächste österreichische Darts-Generation? 

Darüber sprach LAOLA1 mit Dietmar Schuhman, dem Präsidenten des österreichischen Darts-Verbands, sowie Thomas Siedl (Präsident) und Roland Brandstetter (Übungsleiter und PR) vom größten Darts-Klub Österreichs, DC Darts-Control. 

Wer kümmert sich eigentlich darum, neue Dartspieler hervorzubringen?

Zumindest diese Frage kann einfach beantwortet werden: Explizit kümmert sich nämlich nicht die PDC, sondern Dartsvereine und der Verband darum.

Allerdings nicht in Zusammenarbeit mit der PDC, wie Schuhmann erklärt: "Es gibt de facto keine Zusammenarbeit mit der PDC. Was jetzt im Schwerpunkt gar nicht so sehr daran liegt, dass wir nicht wollten oder könnten, sondern dass seitens der PDC weder ein Interesse noch eine Notwendigkeit daran besteht."

Der ÖDV ist Mitglied der WDF, der 'konkurrierenden Organisation' der PDC. Man entsendet Spieler und Nationalteams zu WDF-Turnieren. Ist es also überhaupt ein Ziel des ÖDV, Spieler in die PDC zu bringen? 

Schuhmann verneint die Frage zumindest nicht: "Die PDC ist ein klassisches Unternehmen, das mit Dartsveranstaltungen Profit erwirtschaftet. Sie versammelt mit viel Geld die besten Spieler. Aber wir profitieren natürlich von der medialen Aufmerksamkeit". Klubs wie Darts-Control haben direkt auch keine Vorteile dadurch, Spieler in die PDC zu bringen. Ablösesummen oder Ähnliches gibt es nicht.  

Die Österreicher in der PDC

Name Zeitraum
Mensur Suljovic 2010-aktuell
Rusty-Jake Rodriguez 2020-2023, 2024-aktuell
Rowby-John Rodriguez 2014-2024
Zoran Lerchbacher 2014-2015, 2018-2019, 2021-2022
Harald Leitinger 2020-2021
Maik Langendorf 2017-2018

Hat man den Darts-Hype verschlafen?

War 2018 einer der größten Darts-Stars: Mensur Suljovic.
Foto: © getty

Die Medien-Aufmerksamkeit ist für Verband und Klubs hingegen ein großer Faktor, die war rund um Suljovics Peak (2017-2019) wohl am größten. Wie man diese Phase nutzte? Zu aller erst kam eine Vielzahl neuer Spieler. Die Darts-Community wurde "beflügelt". Das sei aber nicht das Ende der Fahnenstange: 

"Ein wenig ist die Berichterstattung dann schon zurückgegangen. Aber was wir erreicht haben, war die Sportanerkennung. Die Erfolge von Suljovic bei der PDC haben auch für eine Sensibilisierung in Österreich gesorgt", erklärt Schuhmann.

Die Sportanerkennung war ein wichtiger Schritt, die auch mehr Förderungen ermögliche. Der ÖDV will "die Limbo-Stange auf ein Niveau setzen und da nicht mehr drunter fallen."

Wie sich Darts in Österreich weiterentwickelt

Es gebe laut Schuhmann zwar "diese absoluten Talente, die uns schon beschert wurden, aber nicht aus einem funktionierenden System kommen."

Der nächste Punkt sei demnach der Aufbau einer besseren Struktur: "Wir haben unsere Trainerlaufbahn mittlerweile entwickelt", betont der ÖDV-Präsident: "Darts ist immer noch eine der wenigen Sportarten, wenn nicht gar die einzige, wo Topspieler fragen, wozu sie Trainer brauchen."

Ein Paradebeispiel dafür, wo sich auch Österreich hin entwickeln will: Michael van Gerwen
Foto: © getty

Vorbild in der Entwicklung ist unter anderem die Niederlande.

Das Ziel: Ein System entwickeln, "wo die guten und richtig guten Spieler wie am Fließband ausgespuckt werden". Dazu komme Darts in Schulen als Unterrichtsfach, mehr Spieler in den Bereichen Jugend, Männern und ParaDarts." Die Endstation: Darts als Beruf fokussieren zu können.

"Die Basis stimmt einfach nicht"

Bevor das zu bewerkstelligen sei, müsse aber an der "Groundwork" gefeilt werden. Der Zuwachs an neuen Dartspielern ist absolut gegeben. Allen voran Darts-Control dient in Wien als erste Anlaufstelle für viele Darter.

Trotzdem gebe es ein gewaltiges Manko in Österreich: "Es wird von oben nach unten geworben. Es gibt niemanden, der dich auffängt - du hast auf Vereinsebene kaum Basis oder Angebot, um gefördert zu werden", unterstreicht Brandstetter die Unterschiede im Vergleich zu England, Deutschland oder den Niederlanden.

Das Problem mit dem Geld

"Dort entwachsen überall Academies, genau das brauchen wir auch. Nur so kann man Jugendspieler auch dazu bringen, dranzubleiben. Viele verlieren einfach die Lust, weil es keine Führung und aktive Jugendarbeit gibt", erklärt der Darts-Control-Übungsleiter. 

Um jene Auffangbecken - vom ÖDV als System bezeichnet - zu errichten, brauche es eines: Geld.

"Überall dort, wo das Geld hineinfließt, kann Großes entstehen. Und überall, wo auch Geld verdient wird, kann Wachstum entstehen - das fehlt in Österreich noch", betont Brandstetter und hofft: "Vielleicht kommt einmal so ein großer Anbieter, wie Target, Winmau oder Bulls, dazu und stellt es auf die Beine." Das Potenzial dafür wäre da. Aber: 

Gibt es überhaupt Spieler auf PDC-Niveau?

Die einfache Antwort darauf ist ja. Zumindest für Schuhmann gebe es "mindestens fünf, die aufgrund ihrer spielerischen Leistungen locker, leicht auf der Tour mithalten könnten."

Kämpft seit Jahren um die Tourcard: Staatsmeister Patrick Tringler
Foto: © GEPA

Patrick Tringler scheiterte zu Jahresanfang nur knapp am Erhalt der Tourcard. Brandstetter bezeichnet den 29-Jährigen als sehr ehrgeizig: "Fast schon verbissen, er will das wirklich und hat mittlerweile auch das Sponsoring dahinter."

Zoran Lerchbacher war jahrelang im Profi-Circuit unterwegs, konzentriert sich jetzt aber auf seine Familie und den Beruf. Rowby-John Rodriguez hat reichlich PDC-Erfahrung. Franko Giuliani, Markus Straub, Christian Gödl, Patrik Gosnak, Hannes Schnier und Marcel Schlüpfinger wären weitere Kandidaten. 

Es liegt nicht nur an der Qualität

Warum es diese Spieler trotz ausreichender Qualität nicht auf die Tour "schaffen", hat laut Schuhmann andere Gründe: "Da geht es vielmehr ums eigentliche System der PDC. Die Tour ist zugeschnitten auf die Top-16."

Das beginnt schon bei den Turnier-Ansetzungen. Während die Majors übers Wochenende stattfinden, werden die Players-Championship-Turniere - das Tagesgeschäft der Spieler außerhalb der Top-16 - mittlerweile unter der Woche ausgetragen.

"Entweder du hast einen Arbeitgeber, der dich sponsert oder du bist arbeitslos", so Schuhmann. Man muss also alles auf eine Karte setzen, der Last wird nach jeder Niederlage schwerer. "Es gibt einen erheblichen finanziellen Druck auf die Spieler, der nicht hilfreich ist, um Top-Ergebnisse zu erzielen", bemängelt der ÖDV-Präsident.

"Man opfert komplette eigene Zukunft und das kann man sich nicht leisten, wenn keine eigene Familie hat, ist das alles völlig egal. Schlimmstenfalls musst du wieder ins Kinderzimmer ziehen."

ÖDV-Präsident Schuhmann über das System auf der PDC-Tour

Hinzu kommt das ständige Reisen, ein Gros der Zeit verbringen PDC-Spieler in Hotels, bevor es zu den Turnieren in Milton Keys, Leicester oder Wigan geht - nicht gerade attraktive Reiseorte.

Damit, so argumentiert der ÖDV-Präsident, schließt die PDC einen beachtlichen Teil an potenziellen Spielern aus: "Darts ist ja nicht Polo oder Tennis. Das heißt, das klassische Klientel der Darts-Spieler generiert sich aus der Arbeiterklasse." Viele der Tourcard-Anwärter aus Österreich sind 30 Jahre oder älter, haben bereits eine Familie. 

Der Lebensstil als PDC-Profi, so der ÖDV-Präsident, wäre nicht das, wonach die meisten streben: "Nämlich Sicherheit. Man opfert die komplette eigene Zukunft und das kann man sich nicht leisten. Wenn man keine eigene Familie hat, ist das alles völlig egal. Schlimmstenfalls musst du wieder ins Kinderzimmer ziehen."

"Die wenigsten, die eine gewisse Zeit mit dabei waren, kommen euphorisch zurück. Die meisten sind eher desillusioniert", meint Schuhmann. Auch Brandstetter gibt zu: "Die Tourcard zu haben, ist nicht einfach - das musst du wirklich wollen."

"Dann haben wir die Chance, dass wirklich fünf Leute in der PDC spielen"

Nicht nur das "Spieler-unfreundliche" System PDC ist an der geringen Zahl der österreichischen PDC-Spieler schuld. Die Qualität im "Profi-Darts" steigt von Jahr zu Jahr, nicht nur Suljovic hinkt hinterher. Um nicht nur mehr Österreicher in die PDC zu bekommen, sondern auch an die Erfolge aus den späten 10er-Jahren anzuknüpfen, müsse man laut Siedl eher langfristig denken: 

"Mittlerweile brilliert auch in Österreich die Jugend. Wenn sich jetzt eine funktionierende Basis aufbaut, dann können wir reden, was in zehn Jahren ist." Brandstetter pflichtet ihm bei: "Wenn wir es schaffen, dass wir jetzt mit unserer Arbeit in den nächsten paar Jahren erfolgreich sind. Dann würde ich sagen, in den nächsten 10 bis 15 Jahren, haben wir wieder eine ernstzunehmende Chance, dass wir fünf oder mehr Leute auf dem Profi-Circiut haben, die sogar um Titel mitspielen können."

Bis dahin muss sich die österreichische Dartslandschaft noch gedulden. Ein Suljovic-Erbe ist momentan nicht in Sicht, aber im Darts kann es schnell gehen. Das zeigte nicht erst zuletzt Luke Littler ... 


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