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"Unendliche Liste von Fehlern": FIA im Kritik-Hagel

Das Wirrwarr um die Punktevergabe beim Titelgewinn von Verstappen ist negativer Höhepunkt eines Potpourri aus Eklats, Pannen und Fehlern rund um die FIA

Foto: © getty

"Um ehrlich zu sein, es stört mich nicht, dass es ein bisschen verwirrend war, ich finde es eigentlich ziemlich lustig". So lässt sich der frischgebackene Doppelweltmeister Max Verstappen nach seinem kuriosen WM-Gewinn zitieren.

Doch dass der Automobil-Weltverband FIA dem Red-Bull-Piloten mit einer für viele verblüffenden Punktevergabe seinen Weltmeister-Moment raubte, reihte sich nahtlos in eine Serie unwürdiger Pannen und Fehler ein. Als Verstappen erfuhr, dass er wegen der Anwendung einer komplizierten Regel tatsächlich schon Champion ist, war längst eine massive Kritikwelle losgebrochen.

Ferrari-Chef wittert Verschwörung

"Es gibt eine unendliche Liste von Kontroversen und Fehlern", sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto in einer digitalen Medienrunde nach dem GP in Suzuka deutlich: "Ich möchte nicht so weit gehen und sagen, dass alles zum Wohle von Red Bull getan wird, aber es gibt Ungereimtheiten und Fehler bei den Entscheidungen. Unser Sport muss besser werden."

Die FIA hinterlässt dieser Tage einmal mehr einen konfusen Eindruck. Einmal mehr stolperte die Formel 1 in Japan über ihr viel zu kompliziertes Regelwerk, in dem nicht mal mehr die Profis durchblicken. Erst durch eine Erklärung des Streckensprechers, wich die kollektive Ratlosigkeit bei den meisten der Erkenntnis, dass trotz des verkürzten Rennens volle Punkte vergeben wurden und Verstappen nicht mehr einzuholen ist. 

Auch im Fan-Lager stiftete das Chaos rund um die Punktevergabe Ärger. Viele Zuseher echauffierten sich online über die Art und Weise des Ablauf der Geschehnisse und sahen sich um den absoluten Saison-Höhepunkt betrogen.

Gasly-Skandal rundet Bild ab

Auch die Beinahe-Katastrophe um Pierre Gasly hinterlässt nach dem Suzuka Grand Prix bei vielen einen unguten Beigeschmack. Wie es dazu kommen konnte, dass in Suzuka ein Bergungsfahrzeug bei wenig Sicht ganz nah am Kurs fuhr, während noch Autos unterwegs waren, soll nun eine Untersuchung klären. "Ich bin froh, dass ich heute gesund nach Hause gehe. Unter solchen Umständen mit ganz schlechter Sicht sollten niemals Streckenarbeiter oder Fahrzeuge auf dem Kurs sein", twitterte der französische Fahrer Pierre Gasly.

Fragwürdige Situationen mit Streckenposten oder Bergungsfahrzeugen an sensiblen Orten passierten trotz aller Initiativen für mehr Sicherheit auch zuletzt noch immer wieder. Bei den Fahrer-Meetings wurden die Gefahren mehrfach angesprochen, die Piloten erwarten mehr von der FIA im Kampf gegen die Risiken.

Ungerechtigkeit bei Strafenvergabe?

Und dann ist da noch die Inkonsequenz bei Regelentscheidungen. Während beim Großen Preis von Singapur auch Stunden nach dem Rennen der Sieger noch nicht feststand und der Mexikaner Sergio Perez um seinen Erfolg zittern musste, weil er zu viel Platz zum Safety Car gelassen hatte, dauerte es bei einem Entscheid gegen Charles Leclerc in Japan nur wenige Augenblicke.

Ausschließlich wegen der unmittelbar ausgesprochenen Fünf-Sekunden-Strafe gegen Leclerc für das verbotene Verlassen der Strecke und dem damit verbundenen Rückfall auf Rang 3 wurde Verstappen in Japan überhaupt schon Weltmeister. "Sehr überrascht und sehr enttäuscht" zeigte sich Binotto von diesem Verhalten der FIA nach "ein paar Sekunden" des Überlegens.

Es ist dieses Durcheinander, das Fehlen einer klaren Linie, das Rennställe und Beobachter stört. Hinzu kommt auch noch Trägheit, wie beim seit Monaten erwarteten Untersuchungsbericht über die Ausgaben der zehn Teams in der vergangenen Saison. Schon im März sollte ursprünglich geklärt sein, ob Teams 2021 die Kostengrenze von 148,6 Millionen US-Dollar überschritten haben. Immer wieder wurde der Bericht verschoben, zuletzt von der vergangenen auf diese Woche.

Red Bull soll angeblich deutlich über dem erlaubten Budget liegen, auch Aston Martin soll es laut Medienberichten leicht überschritten haben. Dass elf Monate nach dem Saisonende noch immer keine Klarheit herrscht, ob jemand die Regeln gebrochen hat, mutet grotesk an und nährt sogar Verschwörungstheorien.

Alle Jahre wieder

Zumal die FIA auch kaum rückwirkend bestrafen kann. Wenn Verstappen nach dem Gewinn seines zweiten WM-Titels plötzlich wieder um den ersten bangen muss, könnte das niemand verstehen.

Schon als sich Verstappen eben jene Weltmeisterschaft auf der Strecke sicherte, gab es eine große Kontroverse. Im November 2021 traf der damalige FIA-Rennleiter Michael Masi Entscheidungen, die Verstappen einen Vorteil verschafften, um Mercedes-Star Lewis Hamilton kurz vor Schluss noch zu bezwingen. Masi wurde nach monatelanger Debatte abgesetzt.

Eine Untersuchung kam zu dem Schluss, dass "ein menschlicher Fehler" gemacht wurde. In einem Sport, der nach dem Image von Perfektion strebt, kamen solche Eingeständnisse zuletzt erstaunlich oft vor.

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