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Grazer Giftküche

Die Lage beim SK Sturm spitzt sich spät aber doch zwischen allen Beteiligten zu.

Grazer Giftküche

Das Feigenblatt des vierten Tabellenplatzes ist letztes Wochenende vom SK Sturm abgefallen und die (Gefühls)Lage an der Mur spitzt sich spät aber doch jetzt zu.

Nachdem lange von den Verantwortlichen des SK Sturm die Parole zu hören war, man sei ja auf dem vierten Platz und deshalb sei mehr oder weniger fast alles gut, hat sich die Situation nach der erneuten Niederlage am Wochenende in der Südstadt gegen die Admira verschärft. Platz sechs heißt es jetzt, noch elf Punkte Vorsprung auf den Abstiegsplatz, fünf auf Platz neun und zugleich elf Punkte Rückstand auf Platz drei. Die Tabelle spiegelt jetzt auch das wider, was nach einer Negativ-Serie wie jener in schwarz-weiß schon früher der Fall gewesen wäre, würden nicht alle anderen Mannschaften genauso wankelmütig sein.

 

Offenbar hält die Achse und zwischen Foda und seinen vermeintlichen Chef Gerhard Goldbrich scheint kein Blatt Papier zu passen

Was sich von der Tribüne und den Fans schon länger abzeichnet, greift jetzt im gesamten Umfeld des Vereins Platz. Die altbekannte Grazer Giftküche beginnt wieder zu brodeln. Und alle Beteiligten tun das ihre dazu, um sie weiter aufzuheizen. Franco Foda begegnet den Transparenten gegen seine Person mit Ignoranz und verstärkt den Fanzorn mit seinen Statements nach den Spielen sogar noch. Der Sportdirektor, der zugleich auch der Manager für eh alles ist, unterstreicht und unterstützt diesen Duktus. Offenbar hält die Achse und zwischen Foda und seinen vermeintlichen Chef Gerhard Goldbrich scheint kein Blatt Papier zu passen.

Diese Achse verlängert sich in die großen steirischen Tageszeitungen. Dort wird moniert, die sportliche Talfahrt hätte mit dem Ausverkauf im Winter begonnen. Franco Foda müsste nun einfach mit weniger Qualität im Kader auskommen und er könne nur versuchen, die Mannschaft wieder aufzurichten sowie Durchhalteparolen auszugeben. Die Abgänge von Michael Madl, Anel Hadzic und Josip Tadic könnten nicht kompensiert werden. Nicht zuletzt bezüglich Letzterem verstummen die Wortmeldungen aus dem Vereinsumfeld allerdings nicht, Foda selbst hätte zu einem Verkauf geraten. Nichtsdestotrotz liest man in den Blättern von einem „Sparkurs“ der Vereinsführung, der den Rückfall im Frühjahr mehr oder weniger unausweichlich gemacht hätte.

Noch am Sonntag, einen Tag nach dem letzten Spiel, gab es in Graz einen Krisengipfel, den zwar niemand so nennen wollte, der aber nichts anderes war

Dass das den Präsidenten und seine Vorstandskollegen nunmehr ein bisschen unrund werden lässt, ist die Folge davon. Noch am Sonntag, einen Tag nach dem letzten Spiel, gab es in Graz einen Krisengipfel, den zwar niemand so nennen wollte, der aber nichts anderes war. Christian Jauk will von einem Qualitätsverlust nichts wissen und erstmals seit langem war in Graz der Satz zu hören: „Schönreden ist für die derzeitige Situation ein schlechtes Rezept.“ Offenbar ist diese Botschaft aber bis dato bei seiner sportlichen Führung und auch den „Begleitmedien“ nicht angekommen. Erstmals sei allerdings bei der Sitzung auch von möglichen Konsequenzen die Rede gewesen. Alte Fanlieblinge wie Kazimierz Sidorczuk, als Tormanntrainer im Unfrieden vom Verein geschieden, legen mit harscher Kritik an Gerhard Goldbrich via Interview noch nach, was die Zuspitzung der Gesamtsituation weiter verstärkt.

Jauk selbst gießt auch Öl ins Feuer und schimpft gegen die Spieler, die nur Verhandlungs-Weltmeister seien, auf dem Platz diesen Anspruch aber nicht rechtfertigen würden. Auch nicht unbedingt die deeskalierendste aller möglichen Aussagen. Alles zusammen erzeugt das eine explosive Mischung. Fanproteste und sinkende Zuschauerzahlen sowie damit verbundene budgetäre Probleme, die kompensiert werden müssen, sind schon offensichtlich. Der Vorstand sieht sich zunehmend einer immer stärker und offensichtlicher werdenden Achse zwischen sportlicher Leitung des SK Sturm und den lokalen Medien gegenüber, was die Funktionäre natürlich zunehmend unrunder und misstrauischer werden lässt. Und nicht zuletzt haben solche Dynamiken noch selten eine positive Auswirkung auf die sportliche Performance einer Mannschaft gehabt.

Christian Jauk wird die unschönen Ereignisse rund um die letzte Foda-Entlassung und die Trennung von Peter Hyballa noch während der laufenden Saison zu gut in Erinnerung haben, um eine Beurlaubung des Trainers vor dem Sommer zu betreiben. Was allerdings danach passieren wird, lässt sich erstmals seit der Rückkehr des Mainzers zum SK Sturm nicht mehr hundertprozentig vorhersagen. Die Konstellation eines langsam aber sicher nervös werdenden Präsidenten und dem gegenüber der machiavellistische Foda, der, unterstützt von Gerhard Goldbrich, seine machttaktischen Fäden zieht, ist in Graz nur allzu bekannt. Die Aura, die das zur Rückkehr führende Männergespräch zwischen Jauk und Foda erzeugt hat, wird alte Ressentiments und Abneigungen nicht ewig kaschieren können.

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Nun beschäftigt er sich als Betreiber der Podcast-Plattform "blackfm.at" mit den Geschehnissen bei den Schwarz-Weißen. Bei LAOLA1 verfasst er in regelmäßigen Abständen Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick.



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