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So ließ das FBI die FIFA-Korruption auffliegen

Ein 180 Kilo schwerer Spitzel und Meetings mit Putin. So flog die FIFA-Korruption auf:

So ließ das FBI die FIFA-Korruption auffliegen

Das ESPN Magazine lässt mit neuen Enthüllungen zu den FBI-Ermittlungen gegen den Welt-Fußballverband FIFA aufhorchen.

Das US-Medium rekonstruiert, wie der korrupte Funktionär Chuck Blazer erst innerhalb der FIFA aufstieg und nach dem Bruch mit seinem einstigen Komplizen Jack Warner zum wichtigsten FBI-Informaten und Kronzeugen gegen die FIFA wurde.

Demnach verkabelte das FBI den US-Amerikaner und hörte so Verdächtige ab. Nun leidet Blazer an Krebs und kann nicht mehr eigenständig sprechen.

Der ESPN-Bericht liest sich wie eine Mischung aus Detektivgeschichte, Kabarett und Drama. Nicht alles ist neu - manche alte Fakten sind aber zum Verständnis des großen Ganzen nötig. LAOLA1 hat die wichtigsten Erkenntnisse der Aufdecker herausgefiltert:

Wie kommt ESPN zu seiner Information?

Laut dem US-Medium flossen interne FBI-Emails, vertraulichen Dokumente des US-Justizministeriums und zahlreiche Quellen aus FIFA und internationaler Justiz in die Recherche ein. Manches davon ist sogar öffentlich verfügbar, wie etwa die Protokolle der Gespräche zwischen FBI und Blazer.

Wer ist Chuck Blazer eigentlich?

Der zwischenzeitlich rund 180 Kilo schwere Blazer diente sich erst im US-Verband hoch, wurde dort Ende der 80er Jahre aber wegen seiner ruppigen Art gefeuert. Nach Intermezzos in anderen Organisationen legte er seinen Fokus 1990 auf den Nord- und Mittelamerikanischen Verband CONCACAF. Blazer fand in Jack Warner einen Verbündeten und unterstützte den früheren Lehrer aus Trinidad und Tobago auf dessen Weg zum CONCACAF-Präsidenten. Als Dank installierte Warner seinen US-amerikanischen Intimus als Generalsekretär. Das blieb Blazer bis 2011, von 1996 bis 2013 war er zudem Teil des FIFA-Exekutivkomitees.

Wie kam Blazer zu seinem Reichtum?

Zusammen mit Warner zweigte der studierte Buchhalter über Briefkastenfirmen, Ticketverkäufe und andere schmierige Aktionen CONCACAF-Einnahmen ab und nahm bei WM-Vergaben Schmiergelder. Blazer stellte seinen fragwürdigen Reichtum ungeniert zur Schau, mietete neben seinem 18.000-Dollar-Apartment im Trump Tower (New York) angeblich sogar eine eigene Wohnung für seine Katzen. Auf seinem im Stil der späten 90er gehaltenen Blog "Travels with Chuck Blazer and his Friends" ist er mit Nelson Mandela, Wladimir Putin und einer Miss Universe zu sehen.

Was brachte ihn zu Fall?

2011 dann der Bruch: Warner organisierte im Alleingang ein Event in Trinidad, wo der FIFA-Präsidentschaftskandidat Mohammed bin Hamam den wahlberechtigten Funktionären der Karibik-Staaten Umschläge mit je 40.000 Dollar übergab. Blazer war diese Form der Korruption zu offensichtlich. Er bezeichnete Warner in einem nächtlichen Anruf bei FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke als "arrogant und dumm" und aktivierte den CONCACAF-Anwalt John Collins. Dessen Ermittlungen sowie ein verhängnisvolles Beweisvideo führte zum Ende von bin Hammams Präsidentschafts-Ambitionen und sorgte auch für den Sturz des damaligen FIFA-Vizepräsidenten Warner. Dieser packte wutentbrannt aus und beschuldigte Blazer der Verbrechen, die bei dem Duo jahrelang Routine waren. Daraufhin kam die CONCACAF Blazers Finanzen auf die Spur und entließ den einstigen "Santa Claus des Fußballs".

Wie wurde er zum FBI-Informanten?

Das FBI war schon längst auf Blazer aufmerksam geworden. Der Steuerfahnder Steve Berryman hatte dubiose Geldflüsse zwischen Blazers Bankkonten protokolliert, Blazer seit 2005 keine Steuererklärung abgegeben. Er hatte gemeinsam mit den FBI-Ermittlern Michael Gaeta und Jared Randall die Beweise: Blazer hatte CONCACAF-Gelder veruntreut und Steuern hinterzogen. Für die US-Sicherheitsbehörde war Blazer hochinteressant, saß er doch weiter im FIFA-Exekutivkomitee, das unter anderem die Weltmeisterschaften vergibt. Die Ermittler konfrontierten den damals 66-Jährigen mit den Vorwürfen - er erklärte sich bereit, zu kooperieren.

Was tat Blazer als Kronzeuge?

"ESPN" rekonstruiert ein kurioses Bild: Der 180-Kilo-Koloss steht nur mit einer Erwachsenenwindel bekleidet in seinem Luxusapartment, die FBI-Agenten verkabeln ihn. Blazers Auftrag war, verdächtige Funktionäre zum Gespräch zu bitten, das FBI hörte mit. Bei den Olympischen Spielen 2012 fungierte ein Schlüsselanhänger als Abhörgerät - Szenen wie aus einem Low-Budget-Agentenfilm. Die Spitzel-Tätigkeit ging Blazer nahe. Sein alter Freund und Exekutivkomitee-Kollege Manilal Fernando berichtet von einem Treffen bei den Spielen: "Er klang fast geschlagen. Ich habe ihn noch nie so am Boden erlebt."

Was war das Ende?

Blazer war bis 2013 Informant, ein Insider bezeichnete ihn gegenüber ESPN als "Fülle an Informationen". Am 25. November 2013 formulierte Bezirksrichter Raymond J. Dearie schließlich die Anklage gegen Blazer. Dieser bekannte sich zu allen zehn Anklagepunkten von organisierter Kriminalität bis Geldwäsche schuldig, in einem umfassenden Geständnis protokollierte er die Schmiergeld-Annahme bei den WM-Vergaben 1998 und 2010. Für 10 Millionen Dollar durfte Blazer freigehen. Zu diesem Zeitpunkt war der US-Amerikaner bereits an Krebs erkrankt und hatte 20 Wochen Chemotherapie hinter sich. Laut einer der Familie nahestehenden ESPN-Quelle liegt der 70-Jährige derzeit in einem Spital in New Jersey. Er könne nicht mehr sprechen und würde via Tastatur kommunizieren. Das Urteil des Gerichts lässt noch auf sich warten.

Was hat all das dem FBI gebracht?

Blazers Informationen führte die Ermittler zu zahlreichen Verdächtigen und war maßgeblich für die aufsehenerregende Razzia im FIFA-Hauptquartier im vergangenen Mai verantwortlich.

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