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So verändert sich die FIFA-Weltrangliste

Die FIFA krempelt ihre Weltrangliste komplett um.

So verändert sich die FIFA-Weltrangliste Foto: © getty

Jeden Monat kommt sie und klärt Millionen Fußball-Begeisterte über die Stärke von Nationalmannschaften auf - die FIFA-Weltrangliste.

Darüber hinaus entscheidet sie zum Beispiel bei Weltmeisterschaften über Setzungen. Das Leistungsbarometer wurde dafür kritisiert, dass es die Machtverhältnisse im Weltfußball nicht realitätsnah abbildet.

Daher hat die FIFA der Weltrangliste einen neuen Anstrich verpasst und auf einen neuen Berechnungsmodus, der in ähnlicher Form schon bei den Damen eingesetzt wird, umgestellt.

Fußball wird wie Schach

In einem Satz zusammengefasst: Die FIFA hat ihre alte Formel auf den Müllhaufen der Fußball-Geschichte geworfen und stattdessen eine Elo-ähnliche Berechnung geschaffen.

Der Physiker Arpad Elo gilt als Erfinder des nach ihm benannten Berechnungs-Systems. Dieses wird in verschiedenen Sportarten als Maßstab für die Berechnung von Ranglisten verwendet, vorrangig im Schach.

Extrem vereinfacht formuliert: Für Siege erhält man Punkte, bei Niederlagen werden sie abgezogen. Wie gut der Gegner ist, entscheidet darüber, in welchem Ausmaß dies geschieht. Die FIFA übernimmt das System aber nur in abgewandelter Form.

Es geht um das erwartete Resultat

Die alte Formel der FIFA-Weltrangliste war relativ einfach. Für jedes Länderspiel, das die FIFA anerkennt, gibt es eine gewisse Anzahl an Punkten. Um diese zu berechnen, wurden das Resultat, die Wichtigkeit des Spiels, die Stärke des Gegners und die Stärke der Konföderation des Gegners miteinander multipliziert.

Die Gesamtpunktezahl ergibt sich aus dem Durchschnitt der letzten 12 Monate plus dem Durchschnitt der restlichen Punkte, die in den letzten vier Jahren erzielt wurden.

Weltranglistenpunkte werden nach dem Update mit folgender Methode berechnet: Punkte vor dem Spiel plus Wichtigkeits-Faktor multipliziert mit Resultat minus erwartetem Resultat.

Doch wie wird ein erwartetes Resultat berechnet? Die FIFA hat sich dafür die eingängige Formel We= 1/10*(-dr/600)+1 überlegt. dr steht in diesem Fall für die Punktedifferenz zweier Mannschaften vor dem Spiel.

Vereinfacht erklärt: Siege gegen höher positionierte Mannschaften wirken sich intensiver auf das Ranking aus als Siege gegen gleichwertige oder schlechtere Teams. Umgekehrt sieht es mit Niederlagen aus. Verlorene Spiele gegen Top-Mannschaften ziehen einen geringeren Schaden nach sich, als Niederlagen gegen Mannschaften der Kragenweite von Anguilla.

Andere Faktoren wie der Rahmen, in dem ein Spiel stattfindet, werden zwar weiterhin berücksichtigt, sie kommen aber durch eine niedrige Gewichtung weniger zur Geltung.

Änderungen gegen Manipulation

Einer der Gründe, warum die FIFA sich zur Ranglisten-Revolution entschlossen hat, ist die mögliche Manipulation der Weltrangliste.

Da die Weltranglistenpunkte durch einen Durchschnittswert bestimmt waren, wirkten sich Freundschaftsspiele negativ auf den Schnitt aus, weil diese weniger Punkte bringen als Bewerbsspiele. Vor allem verlorene Testspiele waren Gift für die Weltranglistenposition.

Polen bestritt von November 2016 bis November 2017 kein einziges Testspiel. Der Letzte der WM-Gruppe H war durch diesen Kniff beim Turnier in Russland gesetzt. Just nach dem Erscheinen der Rangliste von Oktober 2017, die für die Setzliste der WM herangezogen wurde, gab es wieder Testspiele.

Turniere werden unterschiedlich gewertet

Die neue Version der FIFA-Weltrangliste wird dieses Problem aber nicht gänzlich beseitigen. Zwar müssen Nationen nicht mehr zu solch drastischen Maßnahmen wie Polen greifen, da Testspiele nicht mehr einen solch negativen Einfluss auf den Punkteschnitt haben, aber es gibt keine Strafen für Mannschaften die dies trotzdem tun.

Verbände könnten also aus Angst vor Niederlagen weiterhin auf Freundschaftsspiele verzichten, um das Ranking zu schützen.

Das neue System schafft nun auch eine Unterscheidung zwischen Turnierspielen. So gibt es für Spiele ab dem Viertelfinale einen höheren Faktor als bei sonstigen Spielen in globalen oder kontinentalen Bewerben.

Gruppenspiele in der Nations League werden geringer gewertet als Qualifikationsspiele für kontinentale Bewerbe oder die WM. Play-Off-Spiele in der Nations-League werden den Qualifikationsspielen aber gleichgestellt.

Der Confederations Cup wird auf einer Stufe mit K.o.-Duellen in kontinentalen Bewerben stehen. Vor dem Update gab es lediglich eine Unterscheidung zwischen Freundschafts-, Bewerbs- und Qualifikationsspielen.

Turnier-Gastgeber nicht mehr so stark benachteiligt

Gastgeber von großen Turnieren werden weiterhin benachteiligt, wenn auch nicht im Ausmaß der Vergangenheit. Freundschaftsspielen wird weiterhin ein niedrigerer Faktor zuteil, durch die neue Gewichtung, fällt dieser Effekt aber weniger drastisch aus.

Die Zeiten, in denen Gastgeber vor Bewerben auf Weltranglisten-Platz 92 liegen, wie Österreich vor der EURO 2008, sind vorbei. Brasilien lag vor der Heim-WM 2014 auf Platz 24.

Auch Mannschaften außerhalb Südamerikas und Europas dürfen aufatmen. Diese Verbände wurden durch den Konföderations-Faktor benachteiligt, da der Weltranglisten-Modus einen geringeren Faktor für Spiele gegen Mannschaften aus AFC, CAF, CONCACAF und OFC vergeben hat. Dieser fällt in der neuen Weltrangliste ersatzlos weg.

Die neue Formel verzichtet also auf Diskriminierung gegen die Teams aus schwächeren Kontinentalverbänden und blickt lediglich auf die tatsächliche Stärke der Mannschaften. Dass es einen radikalen Klassen-Unterschied zwischen Mexiko und San Marino gibt, ist evident. Die alte Weltrangliste hat diesen zwar abgebildet, durch den Konföderations-Faktor aber verfälscht.

Einer großen Umstellung auf den neuen Modus bedarf es nicht. Alle Teams nehmen ihre aktuellen Weltranglisten-Punkte mit in den neuen Modus. Komplizierte Umrechnungen sind daher nicht notwendig.

Kurios: Fußball-Großmacht Norwegen

Vom demnächst in Pension geschickten Weltranglisten-Modus bleiben einige Kuriositäten in Erinnerung. Dass das ÖFB-Team 2008 nicht in der besten Verfassung war, ist nichts Neues.

Den historischen Tiefwert von Rang 105 im Juli des Heim-EURO-Jahres hat sich das Team um den damaligen Kapitän Andreas Ivanschitz allerdings nicht verdient. Österreich lag vor genau zehn Jahren hinter Titanen wir Suriname, Kenia oder Nordkorea. Letztere konnten sich immerhin für die zwei Jahre später stattfindende WM qualifizieren.

Von Oktober 1993 bis August 1995 war die Blütezeit des norwegischen Fußballs, das behauptet die FIFA-Weltrangliste. Für diesen Zeitraum spuckt der Gradmesser des Weltverbandes die Skandinavier auf Position zwei aus. Jan Åge Fjørtoft und Co. in Ehren, aber eine Mannschaft die bei der WM 1994 eine Gruppe mit Mexiko, Irland und Italien als Letzter beendete, kann nicht die zweitbeste Mannschaft des Planeten sein.

Die Weltrangliste hatte auch skurrile Auswirkungen auf die WM-Quali für das Turnier in Russland. Rumänien war einer der Gruppenköpfe, da man im Jahr vor der Quali-Auslosung nur ein Freundschaftsspiel bestritten hat. Genützt hat es nichts, als Vierter verpasste das Team von Christoph Daum die WM klar.

Solche Absurditäten wird die neue FIFA Weltrangliste nicht mehr hervorbringen. Ob sie allerdings die Fußball-Welt besser abbilden wird als das alte Modell, bleibt abzuwarten. Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Ranglisten-Revolution aber allemal.

Eine detaillierte Übersicht über die Formeln und andere Faktoren gibt es hier >>>


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