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Wie die Klubs den Wahnsinn aufhalten könnten

Wie die Klubs den Wahnsinn dieses Sommers aufhalten könnten:

Wie die Klubs den Wahnsinn aufhalten könnten Foto: © getty

Der Transfer-Sommer 2017 geht unweigerlich in die Fußball-Geschichte ein.

Mit den 222 Millionen Euro, die Paris Saint Germain für Neymar an den FC Barcelona überwiesen hat, wurde der Rekord für eine Ablöse-Summe torpediert.

Barca zog mit 105 Millionen Euro (eigentlich 147) für Ousmane Dembele nach.

Marko Arnautovic avancierte mit 27,9 Millionen Euro zum teuersten Österreicher aller Zeiten, Kevin Wimmer ist mit 19,4 Millionen Euro nun der erste Verfolger.

In Österreich wurde Christoph Monschein und sein Wechsel von der Admira zur Austria zur regelrechten Causa. Klauseln hier, Klauseln da. Gibt es das Financial Fair Play eigentlich noch?

Die Mehrheit ist sich einig: So kann es nicht weitergehen. Die LAOLA1-Redaktion hat sich ihre Gedanken zu diesem Thema gemacht, wie die Klubs diesem Wahnsinn begegnen könnten.

FIFA und UEFA müssen sich einschalten

In erster Linie können der Weltverband und die UEFA diese Transferzeit nicht einfach so stehen lassen. Auch wenn keiner weiß, was das Verfahren bringen wird, war es wichtig, dass die UEFA eines gegen Paris Saint Germain eingeleitet hat. Ein deutliches Zeichen auch dahingehend, dass das Financial Fairplay doch noch eine Wertigkeit hat. Schließlich haben die Franzosen in diesem Sommer den Vogel abgeschossen. Mit 222 Millionen Euro haben sie Barcas Ausstiegsklausel für Neymar bezahlt und sich auch die Dienste von Kylian Mbappe gesichert. Der Franzose wurde von Monaco für diese Saison ausgeliehen, danach besteht eine Kaufoption, die die Pariser für 180 Millionen Euro ziehen können. Somit würde PSG binnen eines Jahres alleine für zwei Spieler 400 Millionen Euro ausgegeben haben. Auf der Habenseite, die für das Financial Fair Play nicht unwesentlich ist, wurden in diesem Sommer lediglich 65 Millionen eingenommen. Aktuell hat der französische Tabellenführer also ein sattes Transfer-Minus von 173 Millionen Euro stehen - da ist Mbappe noch gar nicht eingerechnet. PSG zeigt sich vom UEFA-Verfahren überrascht, doch es kann nur der Beginn sein. Viele Funktionäre haben sich in den vergangenen Tagen kritisch zu den Ausmaßen geäußert. Wie der FC Barcelona wissen ließ, forderte Liverpool am Ende 200 Millionen Euro für Philippe Coutinho. Das wollten die Katalanen dann doch nicht zahlen. "Wir machen da nicht mit", sagte Sportchef Albert Soler.

Dann muss nun aber an einer Lösung gebastelt werden. Dieses Thema muss aktiv und gemeinsam angegangen werden. Ausgehend von der FIFA und der UEFA sowie von den Klubs. Schließlich betrifft es am Ende alle, auch in Österreich, wo plötzlich 7,5 Millionen Euro für einen 19-jährigen Bundesliga-Verteidiger mit 16 Einsätzen (Anm.: Maximilian Wöber wechselte von Rapid zu Ajax Amsterdam) bezahlt werden.

Financial Fairplay: Schlupflöcher schließen

Wenn wir schon beim Financial Fair Play (FFP) sind, bleiben wir auch gleich bei diesem Punkt. Die Schlupflöcher gehören hier dringend gestopft. Dass Paris SG erst in einem Jahr die Mbappe-Millionen zahlt, hat natürlich mit dem FFP zu tun. Zur Erinnerung: Was ist das überhaupt? Das FFP gibt es seit 2011 und besagt, dass die Klubs in den vergangenen drei Jahren nicht mehr ausgegeben haben dürfen, als sie eingenommen haben. Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen, kann die Differenz nur bis zu 30 Millionen Euro durch Investoren ausgeglichen werden. Deswegen hat die UEFA ein Verfahren gegen Paris SG eingeleitet. Es gab auch schon Strafen, Paris erwischte es 2014 schon einmal und die Franzosen mussten eine hohe Geldstrafe zahlen (60 Millionen Euro teilbedingt). Doch ist das auch wirklich effektiv, wenn Geld offenbar keine Rolle spielt? Zudem wurde der CL-Kader auf 21 Spieler (statt 25) beschränkt. Da kommen wir der Sache schon näher.

Die Strafen müssen abschreckend sein und vor allem müssen die Schlupflöcher gestopft werden. Leihen mit Kaufoption oder gar Kaufverpflichtung sind zu hinterfragen. Auch hier gilt es, die Diskussion zu führen und Überlegungen anzustellen.


Salary Cap bzw. Beschränkung von Transfersummen

Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge nimmt den Begriff "Salary Cap" inzwischen in aller Regelmäßigkeit in den Mund, und sogar UEFA-Präsident Aleksander Ceferin will diese Möglichkeit prüfen und bei der EU-Kommission vorstellig werden. "Wir machen bald einen erneuten Vorstoß. Es geht nicht nur um Gehaltsobergrenzen, sondern auch um Maßnahmen wie die Begrenzung von Kadern oder ein Verbot beziehungsweise Einschränkung von Leihen", meint der Slowene im "Kicker".

Keine Frage: "Salary Cap" hat sich zu einem Modewort entwickelt - quasi zu einem Reflex, wenn es darum geht, dem aktuellen Wahnsinn Einhalt zu gebieten. Aber so einfach ist das nicht. Was man vermutlich sofort außer Streit stellen kann: Jeglicher Eingriff in den freien Wettbewerb - sei es eine Begrenzung der Gehälter oder eine Deckelung der Ablösen - dürfte EU-kartellrechtlich schwierig umzusetzen sein. Aber stellen wir uns einmal vor, dies wäre kein Problem. An dieser Stelle gilt es die Begrifflichkeit zu klären. Der "Salary Cap" beschränkt, wie es der Name schon sagt, die Gehälter und ist ein aus diversen US-Ligen bekannter Mechanismus, um besagtes freies Spiel der (Geld-)Kräfte außer Kraft zu setzen.

Was meinen ranghohe Fußball-Funktionäre also, wenn sie den "Salary Cap" fordern? Geht es ihnen alleine um die Beschränkung der Spielergehälter? Oder ist es eine Art Übergriff zur Deckelung sämtlicher explodierender Ausgaben, speziell jener der Ablösesummen? Nur die Spielergehälter zu meinen, wäre reichlich witzlos. Das Salär der Profis zu beschränken und das gesparte Geld in noch höhere Ablösesummen investieren, oder wie? Dies könnte vielleicht das Motiv so manchen Vereins sein, aber: Illusorisch! Wenn, und Ceferin deutet dies durchaus an, bedarf es eines "Gesamtpakets", das diverse Komponenten reglementiert, vor allem Ablösen. Oder um es anders zu formulieren: Selbst auferlegte Spielregeln, die vor allem exekutierbar sein müssen - genau daran scheitert derzeit das Financial Fairplay. In diese Richtung zu überlegen, muss erlaubt sein.

Legen es die Verantwortlichen geschickt an, könnten sie nämlich einen Nebeneffekt erzielen, der in den USA das Hauptmotiv für den "Salary Cap" darstellt. Dort ist er eine Komponente, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Dass diese im europäischen Fußball derzeit eine geringere Rolle denn je spielt, ist allgemein bekannt.

Früheres Transferende

Wie unterbindet man etliche Wochen der Ungewissheit und Machtlosigkeit im Transferfenster? In dem man die Transferzeit verkürzt. Außerdem sollte sich die Überschneidung zwischen Transferzeit und bereits angebrochener neuer Spielzeit in Grenzen halten. Nicht umsonst treten immer mehr Verbände, Verantwortliche und Klubs für eine Änderung des etablierten Transfer-Wahnsinns ein. Vorreiter ist die englische Premier League, die am 7. September über eine Änderung abstimmen wird. Der Wunsch ist es, die Transferzeit zu verkürzen und im besten Fall mit dem Saisonstart in England enden zu lassen.

Damit soll unterbunden werden, dass Manager ihre Spieler nach ein, zwei oder mehreren Runden anbieten, um noch das nötige Kleingeld rauszuholen. Der Großteil dürfte dafür sein, allerdings wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt, um diesen Plan in England durchzusetzen. Doch nicht nur im Mutterland des Fußballs gibt es solche Überlegungen. Auch Gladbach-Manager Max Eberl ließ aufhorchen. "Wenn Meisterschaften begonnen haben, darf ein Transfer nicht mehr stattfinden", forderte Eberl beim Fußball-Gipfel der "Rheinischen Post". "Es ist Betrug am Fan, wenn er Dauerkarten kauft und plötzlich sind die besten Spieler weg." Er tritt auch für eine kürzere Transferzeit, die sich auf Winter- und Sommerpause beschränkt, ein. Auch Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke stellte klar: "Das muss die UEFA zusammen mit der ECA (Europäische Fußball-Union und Europäische Klub-Vereinigung, Anm. d. Red.) beschließen. Am 1.8., spätestens am 8.8, muss Schluss sein mit dem Theater", sagte Watzke bei "Sky". Befürworter gibt es mittlerweile genügend, wenn wohl auch nicht unter den Spielerberatern.

Deshalb legen wir uns fest: Eine Festlegung der Transferzeit vom Saisonende bis Anfang August sollte kommen. Je nach Ligen-Start-Verschiebung durch eine WM oder EM sollte dieser Spielraum flexibel angepasst werden. Zumindest vor dem Start der großen Ligen in England, Deutschland, Spanien oder Italien sollte das Transferfenster schließen. Dass auf Österreich nicht Rücksicht genommen werden kann, ist klar. Da bei uns der Saisonstart jedes Jahr verhältnismäßig früh beginnt, wird sich die Transferzeit noch in die Saison hineinziehen, jedoch bei weitem nicht mit so einem Ausmaß und Einfluss wie bisher.

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Abschaffung von Ausstiegsklauseln

Ausstiegsklauseln sind Gift – gehören abgeschafft. Denn sobald eine solche Klausel im Vertrag verankert ist, sind die Klub-Verantwortlichen machtlos. Wird die vorgeschriebene Summe auf den Tisch gelegt, ist der Spieler weg.

Bedauerlicherweise nimmt der Trend zu solchen Optionen immer mehr zu – in La Liga ist es sogar vorgeschrieben, denn rechtlich gesehen ist eine Ausstiegsmöglichkeit für Arbeitnehmer in Spanien verpflichtend. In anderen Ländern dient die Ausstiegsklausel aber oftmals nur als Hintertür. Denn für etliche Spieler ist neben der sportlichen Perspektive auch die sogenannte "Exit-Strategie" ein wesentlicher Mitgrund für oder gegen die Entscheidung, sich einem bestimmten Klub anzuschließen. Erst zu bestimmten Konditionen erfolgt eine Unterschrift. Damit MUSS Schluss sein. Füher wurden Transfers auch schon ohne großen Zusatz abgewickelt. Ein Klausel-Verbot in Zukunft wäre daher wünschenswert und würde zumindest irrwitzige Transfersummen wie jene 222 Millionen Euro für Neymar vermeiden.

In Österreich entstand auf diese Weise ein Transfer-Theater um Romano Schmid. Im Jänner 2016 erhielt das mittlerweile 17-jährige Talent einen Profi-Vertrag bei Sturm - da sich der Kontrakt jedoch als ungültig herausstellte (Laufzeit, nur ein Erziehungsberechtigter unterzeichnete), musste Günter Kreissl nachverhandeln, Schmids Management ließ im neuen Arbeitspapier eine Ausstiegsklausel einbauen. Wäre dies nicht geschehen, hätte er nicht unterschrieben. RB Salzburg nützte das aus und zahlte vor ein paar Wochen die verankerte Summe von kolportierten 600.000 Euro und sicherte sich recht günstig - wenn man bedenkt, dass Max Wöber für 7,5 Millionenen Euro von Rapid zu Ajax wechselte - die Dienste eines der größten Talente Österreichs.

Kaderbeschränkungen

Wieviele Spieler hat Atalanta Bergamo in diesem Sommer geholt? Richtig, 62! Gut, 48 kamen einfach nach Leihen zurück, aber auch hier muss angesetzt werden. Offiziell hat der Kader der Kampfmannschaft 27 Spieler, aber vertraglich gebunden sind viel mehr Spieler.

In diesem Sommer gab es auch ein ähnliches Beispiel mit österreichischem Bezug. Manchester City sicherte sich die Dienste von Larry Kayode, dem österreichischen Torschützenkönig der Wiener Austria, und verlieh ihn gleich weiter zu Girona, wo Pep Guardiolas Bruder am Werk ist. Nicht weniger als fünf Spieler sind von den Citizens an den Aufsteiger in die Primera Division verliehen worden. Das ist natürlich kein Zufall und sollte beleuchtet werden, handelt es sich doch um einen klaren Wettbewerbsvorteil. Den hat Red Bull auf juristisch einwandfreie, moralisch aber fragwürdige Weise mit dem FC Liefering geschaffen. Mal spielt ein Spieler bei Liefering, dann in Salzburg, dann in Liefering und dann für die U19 bei Salzburg in der Youth League. Klar: Die Talenteschmiede hat nicht zuletzt mit dem Gewinn des Bewerbs gezeigt, wie erfolgreich man arbeitet und davon profitieren auch andere Bundesliga-Teams. Aber keiner darf einen klar ersichtlichen Vorteil haben und Spieler mal hier und mal dort spielen lassen. Zumindest sind hierzulande ab der kommenden Saison wieder offiziell Amateur-Teams in der neuen zweiten Liga erlaubt. Dennoch sollte der Welt- bzw. Kontinentalverband prüfen, eine strengere Kaderbeschränkung vorzunehmen. Gleiches Recht für alle.

Mehr Transparenz

Und last but not least wünschen sich die Fans einfach mehr Transparenz. Die Wiener Austria ist just in diesem Jahr von diesem Weg abgekommen und kommunizierte bei Verpflichtungen oder Vertragsverlängerungen nicht einmal mehr die Laufzeit der Kontrakte. Nicht nur LAOLA1-User stoßen sich daran, die heimischen Fußball-Fans wollen wissen, woran sie sind. Es mag sein, dass die Austria sich dadurch einen Vorteil verspricht, weil andere Klubs und Berater nicht wissen, wie es bei einem Spieler vertraglich aussieht, aber Transparenz fördert das Vertrauen. Und hier könnte sich der Weltfußball einen Schub durchaus leisten.

In den US-Sportarten ist es Gang und Gäbe alle Zahlen zu wissen und es schadet dem Sport ganz und gar nicht. Das Diskussionspotenzial ist dadurch sogar noch erhöht. Und worum geht es im Fußball? Auch darum, darüber zu sprechen. Ablöse-Zahlen und Vertrags-Modalitäten sollten künftig kommuniziert werden. Im Sinne des Sports.


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